Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
Stimmung.
Ihre Soiree nahm einen denkbar günstigen Verlauf. Sie hatte Gäste aus den höchsten Kreisen rings um ihren Tisch versammelt,
und alle plauderten angeregt. Es gab Krabben und geröstete Feigen und spanischen Wein. Ihr frisch geangelter Ehemann war noch nicht betrunken. Alle anwesenden Damen warfen ihr neidische Blicke zu, und einige der edelsten Edelmänner buhlten um ihre Aufmerksamkeit. Und was am prächtigsten war: Sie trug die Monfield-Edelsteine.
Derer war sich Letitia in vollem Maße bewusst: des Diadems, der Halskette, des Armreifs und der langen, schweren Ohrringe, die sie sich allesamt durch die Hochzeit mit dem Herzog erst in jüngster Zeit gesichert hatte. Voller angespannter Vorfreude auf diesen Abend, ihren ersten Ausflug in die Gesellschaft als Gastgeberin, hatte sie mit ihnen ganz allein in ihrem Schlafgemach posiert und sie dort zur Schau getragen. Ihre Perücke mit den aufgedrehten Locken war extra für das Diadem hergerichtet worden, damit das blaue und weiße Funkeln über ihrer glatten Stirn besonders gut zur Geltung kam, ebenso wie die Flut von Diamanten und Saphiren, die, das wusste sie, im Schein der Kerzen wie Regentropfen in der Sonne glitzerten.
Die Saphire passten gut zu ihren Augen, wie sie fand, und sie konnte kaum ihr Entzücken verbergen, als der Comte du Lalonde seine Lippen ihrem Ohr näherte, um ihr ebendies zu bestätigen.
»Je suis aveugle«, hauchte er, und sein Akzent kratzte wie wunderbare, rohe Seide über ihre Haut. »Ihre Anmut wird von den Sternen und der Nacht gekrönt und überstrahlt doch alles. Allein Ihr Blick beschämt sie zutiefst, möchte ich beschwören.«
Letty hob ihr Kinn und lächelte. Sie hatte ihren Favoriten für diese Soiree mit Bedacht ausgewählt, und noch hatte er sie nicht enttäuscht. Trotz seiner Jugend und der Umgangsformen des Kontinents war der Comte der attraktivste Bursche
hier und weitaus anziehender als ihr eigener fader, fetter Ambrose. Das Aussehen des Jungen - seine dunklen Augen mit diesen unglaublich schwarzen Wimpern, der süße, eigenwillige Mund - war eine vollkommene Ergänzung zu ihren eigenen zarten Zügen.
Gemeinsam saßen sie auf der Chaiselongue am Erkerfenster, ihre silberfarbene Robe à la française war zwar etwas heller, passte aber hervorragend zu seiner grauen Weste aus Satin und seinen Kniebundhosen: ein wunderbares Paar, dachte sie glücklich, festgehalten in einem wunderbaren Augenblick.
Die Herzogin machte viel Aufhebens darum, ihrem Verehrer mit ihrem Fächer auf die Schulter zu klopfen. »Mein lieber Comte, sehen Sie sich vor. Sie werden noch für Klatsch sorgen.«
Er lehnte sich zurück und senkte seine langen Wimpern. Ja, er war wirklich ausgesprochen schön, mit seinen roten Wangen, der Spitze und den strahlenden, lachenden Augen. Sie war im gleichen Augenblick verzaubert gewesen, als sie einander vorgestellt worden waren. Konnte das tatsächlich erst vor zwei Wochen gewesen sein? Wie erstaunlich … Es schien ihr eine Ewigkeit her. Vielleicht lag es daran, dass sie ihn seitdem so häufig gesehen hatte: Whist bei Sophie, in den Gärten von Vauxhall letzten Dienstag, dieses amüsante kurze Wochenende bei Therese in Suffolk …
Vielleicht, vielleicht, wenn Ambrose heute Abend weiterhin so viel trank …
»Um nichts in der Welt möchte ich den guten Ruf Euer Hoheit aufs Spiel setzen. Er ist mir so wertvoll wie mein eigener.«
»Sie maßen sich einiges an, Sir.«
»Nur ein Wort von Ihnen, Madame, und ich werde mich zurückziehen.«
Wieder blickte der Comte zu ihr empor und zog einen seiner Mundwinkel kaum merklich in die Höhe. Letty führte ihren Fächer an die Lippen. Es wäre nicht klug, dem Jungen zu viel Anlass für Selbstvertrauen zu geben. Gut, er war ein Comte, aber sie war immerhin eine Herzogin.
»Selbstverständlich werden Sie hierbleiben. Ich bin es, die gehen wird.«
Und damit erhob sie sich unter einem beeindruckenden Wogen ihrer Reifen und Röcke, und die Lakaien verbeugten sich vor ihr. Als sie dem Comte einen letzten, gezierten Blick über die Schulter zuwarf, lächelte der noch immer.
»Ein Prachtexemplar.«
Der Comte wandte dem Verehrer einen Blick zu, der beiläufig neben ihn getreten war, Lorgnon in der einen, ein Glas Wein in der anderen Hand.
Er stand auf und richtete seine Halskrause. »Wenn Sie es sagen.«
»Ich?«, fragte der Verehrer gedehnt und führte sein Lorgnon vor die Augen, um den Comte zu betrachten. »Nun, mein lieber Mann, Sie müssen nur Ihre Augen
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