Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
Vom Netzwerk:
Freundinnen?«
    »Kolleginnen.«
    »Ich komme von nirgendwoher, Mim. Du hattest vollkommen recht.«
    »Kanaille.«
    Rue wandte den Blick ab und schaute schweigend an der Krempe ihres Hutes vorbei zu den dahineilenden Wolken empor.
    »Also gut«, entgegnete Mim verstimmt und raschelte mit ihrer Zeitung. Und dann fuhr sie mürrisch fort: »Du tust es schon wieder. Ich frage mich immer, wonach du dort oben suchst.«
    »Nach Drachen«, antwortete Rue sofort, und die andere Frau brach in Gelächter aus.
    »Nun … die Wolke da erinnert irgendwie an einen … einen Hasen, finde ich. Und dort drüben, über den Bäumen, haben wir eine Teekanne. Vielleicht auch eine Kanne heißer Schokolade. Mehr kann ich nicht sehen.«
    »Stimmt. Mehr kann ich auch nicht sehen. Wollen wir gehen? Ich würde mir gerne ein wenig die Beine vertreten.«
    Sie standen auf, sammelten die Zeitung, Sonnenschirme und Fächer zusammen, und der feine Kies auf dem Weg knirschte unter ihren Füßen. Einige Zeit liefen sie schweigend nebeneinander her und passierten ein verliebtes Paar, dem eine kleine Magd gequält hinterherlief, dann einige lüsterne Dandys, die lächelten und sich ziemlich tief verbeugten.
    Rue, so bemerkte Mim, verhielt sich genauso, wie es sich
einer Edeldame geziemte: Sie schenkte ihnen keinerlei Beachtung.
    »Übrigens, Mistress Rue aus Nirgendwo, Damen erwähnen auch ihre Beine nicht.«
    » Damen klingt entsetzlich langweilig in meinen Ohren.«
    »In der Tat. Das sagen auch all die Männer zu mir.«
    »Dann bin ich ja froh«, antwortete Rue, »dass ich keine bin.«
    Der Weg machte eine Biegung und führte sie zu einem Knäuel von Kinderfrauen mit ihren hüpfenden Schützlingen. Ihre Schatten glitten ihnen voran, die Umrisse in dunklem Lila, zwei Frauen in weiten Röcken, Arm in Arm.
    Mim fragte: »Und wie prächtig genau ist dieses Armband überhaupt?«
    »Zwölf Karat an Diamanten, neunzehn an Saphiren. Erstklassig.«
    »Ich schätze, ich wäre in der Lage, einen neuen Platz für sie zu finden.«
    »Ich denke, das könntest du.«
    »Aber man wird das Set aufteilen müssen. Besonders die größeren Steine.«
    »Ich weiß.«
    Die Sonne war nun gänzlich verschwunden, und der Himmel war weich und schüttete strahlendes Gold über die Ränder der königsblauen Wolken.
    »Arme Herzogin«, seufzte Mim. »Aber ich nehme an, sie hat noch mehr.«
    »Hat sie. Und außerdem«, fuhr Rue fort und beobachtete die Wolken, »wer trägt schon ein Diadem zu einer Soiree?«
     
    Nummer 17 in der Jassamine Lane in Bloomsbury war keineswegs das vornehmste, aber auch nicht das bescheidenste
in der Reihe der Giebelhäuser aus rotem Backstein, sondern ein ebenso behagliches Mittelklassegebäude wie all die anderen auch. Es hatte grüne Fensterläden und die gleichen vier schmalen Fenster in Straßenhöhe wie praktisch jedes Wohnhaus der Gegend. Der vielleicht einzige bemerkenswerte Unterschied war die Tür, die nicht aus Holz, sondern aus mit Farbe versehenem Stahl gefertigt worden und so gearbeitet war, dass sie nahtlos in den Rahmen passte, ohne an den Rändern auch nur die geringsten Lücken zu lassen.
    Es stimmte, die Fenster wurden selten geöffnet, und fast immer blieben die Vorhänge geschlossen, doch dies wäre leicht mit der rußigen Londoner Luft zu entschuldigen gewesen, die alles verschmutzte, was mit ihr in Berührung kam.
    Und es stimmte auch, dass sich die Herrin des Hauses kaum sehen ließ, doch gab es Gerüchte, sie sei schon älter, gebrechlich oder vielleicht auch ein bisschen verwirrt. In Bloomsbury, einem berüchtigten Rückzugsort für die Künstler und Schauspieler der Stadt, war ein solch exzentrisches Verhalten kaum der Rede wert.
    Ebenjene rätselhafte Dame näherte sich gerade der Treppe von Nummer 17, als die letzte Kerze der Laterne am Ende der Straße entzündet wurde, und antwortete mit einem Nicken auf das fröhliche »Gut’n Abend, Miss« eines Kohlenhändlers.
    Die Stahltür glitt sanft hinter ihr ins Schloss.
    Ihr Heiligtum, ihr Himmelreich. Rue hatte es sechs Jahre zuvor gekauft und seitdem viel Mühe und Geld aufgewendet, um dafür zu sorgen, dass es gut geschützt war. Jede Öffnung war doppelt gesichert, von den Fenstern über die Schlüssellöcher bis zum Kamin. Sie hatte den Geruch eines jeden Raumes in sich aufgesogen und kannte die vertrauten Risse in den Wänden, Stufen und Fußböden. Sie hatte diesen Ort zu ihrem
eigenen, zu ihrem ureigenen gemacht und war ein Teil jeder Ecke, jedes Nagelloches und jeder

Weitere Kostenlose Bücher