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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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schlanker Rumpf, abgebundene Brüste und eine Haut wie Elfenbein: Der Comte war eine Frau!
    Ein donnerndes Schnarchen erschütterte die Luft. Die Frau, die eben ihre Kniebundhosen zusammenfaltete, hielt erschrocken inne, doch nach einem Augenblick verfiel der Herzog wieder in sein gewohntes, gleichmäßig schnalzendes Atmen.
    Mit größter Sorgfalt legte sie ihren Kleiderstapel neben die Tür. Dann trat sie erneut ans Schlüsselloch und holte tief Luft.
     
    Letty schlief sehr gut. Sie hatte nur einen einzigen Traum, und der handelte von Rauch und Nebel und wie kühl diese sich auf ihrem Gesicht anfühlten. Zunächst befürchtete sie, sie habe sich verirrt, doch es war nicht diese Art von Nebel. Er war sanft und friedlich. Ruhig bewegte sie sich durch ihn hindurch, und als sie ihn durchquert hatte, schmolz er zur Gestalt einer Frau zusammen. Einer wunderschönen Frau, die ihr vertraut vorkam und die sie anlächelte.
    »Schlaf«, sagte die Frau, und Letty schlief.

    Die Sonne sank auf einen wolkenverhangenen Horizont hinab und schickte warme, träge Strahlen, die die Bäume und die zierlichen Wege vergoldeten, welche die südliche Begrenzung der Vauxhall-Gärten bildeten. Kutschen mit dampfenden Pferden und sich festklammernden Lakaien rollten vorüber, Blumenmädchen trugen ihre Körbe über einem Arm und sangen von Jungfrauen und kleinen Sträußen. In einer Ecke der Grünanlage spielte eine Gruppe von Kaminkehrern ein ruppiges Schlagballspiel, das mit mehr als einer blutigen Nase endete, und irgendjemand in der Nähe buk Schweinefleischpasteten.
    »Schockierend«, sagte eine der beiden modisch gekleideten jungen Damen, die auf einer Bank saßen. Sie hob die Zeitung näher an ihre Nase und überflog im schwindenden Licht den Artikel.
    Das spektakuläre Verschwinden der Monfield-Juwelen war der Aufmacher in allen fünf Abendausgaben der Londoner Zeitungen.
    »In der Tat«, stimmte die andere zu und glättete die Falten ihres Reifrocks. »Sie haben das Armband nicht einmal erwähnt. Dabei ist das besonders schön.«
    Die erste Frau ließ die Zeitung sinken. »Du weißt, dass ich das nicht gemeint habe, Rue.«
    »Nicht? Oh, dann hast du auf das mitternächtliche Duell angespielt, in dem der heldenhafte Herzog den Dieb in Schach gehalten hat, bis er durch einen Tritt des Burschen in die unteren Partien außer Gefecht gesetzt wurde. Das ist tatsächlich schockierend, das gebe ich zu. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie irgendjemand an diesem königlichen Bauch vorbeikam, um einen guten Tritt anzubringen.«
    »Rue«, tadelte die andere Frau, doch ihre grauen Augen hatten sich belustigt zu Schlitzen verengt.

    »Dazu kommt, dass es weit nach Mitternacht war. Meine Beine hatten bereits begonnen, sich in dieser winzigen Wäschekammer zu verkrampfen.«
    »Rue.«
    »Ja?«
    »Eine Dame ist nicht schadenfroh.«
    Rue öffnete ihren Fächer auf ihrem Schoß: spinnennetzartige Spitze, die genau im Farbton von sommerreifen Aprikosen gefärbt worden war. Ihre Stimme wurde leiser.
    »Das bin ich nicht, Mim, wie du weißt.«
    »Doch, das bist du. In deinem Herzen schon. Ich kenne viele, die das tun, was du tust, und Blut vergießen, um es zu tun. Du nicht. Und das würdest du auch nicht tun.«
    Rue schloss den Fächer wieder und lächelte. »Was für eine Romantikerin du doch bist. Die Wahrheit ist, dass du weitaus mehr eine Dame bist als ich.«
    »Ich?« Mim blickte sich um und senkte die Stimme. »Oh, bin nur’n einfaches Mädel aus’m East End. Nenn mich nich’ ’ne Dame.«
    »Charmant. Mim aus dem East End. Sehr klangvoll.«
    Mim richtete sich auf. »Und Rue aus … dem Nirgendwo, wie es scheint.«
    Rue begegnete ihrem Blick, und ihre tiefbraunen Augen hielten ihm stand, ihre behandschuhten Hände lagen nun reglos in ihrem Schoß. Mim war nicht zum ersten Mal beeindruckt von der klaren und makellosen Schönheit ihrer Begleiterin, ein Trugbild von porzellanheller Haut, schwarzen Augenbrauen und Wimpern, die wie Satin schimmerten, und Lippen, die stets die Farbe von Rosen hatten. Sie trug Puder und Schminke, doch Mim hatte noch nie jemanden gesehen, der es weniger nötig gehabt hätte. Alles an dieser Frau, die sie nur als Rue kannte, strahlte zarte Eleganz und exotische Weiblichkeit aus.

    Sie hätte eine atemberaubende Kurtisane abgegeben. Aber vielleicht war das der Grund, warum sie bei ihrer Tätigkeit so erfolgreich war.
    »Sind wir inzwischen nicht lange genug befreundet?«, fragte Mim.
    »Sind wir

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