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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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geschmeidigen Drehung ihres Handgelenks schob sich die Frau die Kapuze aus dem Gesicht. Rote Haare, graue Augen. Jede einzelne ihrer Bewegungen ließ den frischen Geruch der Nacht herüberwehen.
    Lia spürte, wie ein tiefes Schamgefühl in ihrer Kehle aufstieg.
    »Wer ist denn das?«, fragte die Frau, und sie klang belustigt.
    »Niemand. Eher so eine Art verlorenes Schäfchen.«
    »Ein Lamm«, sagte die Frau, noch immer lächelnd, und trat ins Wohnzimmer. Ohne sich ihrer Handschuhe zu entledigen, berührte sie Lias Kinn mit einem Finger und hob
ihr Gesicht. »Mit diesen Augen? Ich denke nicht. Da scheint sich eher ein Sturmwind zusammenzubrauen.«
    Amalia wich zurück. Sie sah zu Zane auf - wolfsäugig und mit versteinertem Gesicht, trotz seines gleichgültigen Tonfalls -, dann griff sie nach seiner Hand und presste sie.
    »Ich will, dass du Folgendes weißt«, sagte sie beherrscht, »ich werde alles tun, um meine Familie zu schützen. Jetzt ebenso wie in der Zukunft. Ja, ich werde alles tun. Erinnere dich daran, dass ich dich gewarnt habe.«
    Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Wie bezaubernd. Vielleicht solltest du dir auch die Mühe machen, deinen Vater darüber zu informieren.« Er löste seine Hände aus ihrem Griff. »Ich schätze, er ist dort draußen am Fenster.«
    Und die verschlossenen Läden, die die lose Scheibe verdeckten, begannen zu klappern und zu rütteln.

2
    September 1773
Fünf Jahre später
     
    Vor seinem elften Lebensjahr auf diesem elendigen Planeten hätte der Straßenbengel, der nur als Zane bekannt war, mit einem verächtlichen Schulterzucken auf alles reagiert, was auch nur den Anschein erweckte, übernatürlicher Natur zu sein. Er war ein Wesen aus Fleisch und Blut, ebenso wie alle anderen. Und diese Tatsache war es auch, die ihn und alle anderen so verwundbar machte. Dieser Umstand war es, der ihn ausgestreckt auf dem Kopfsteinpflaster hatte liegen lassen,
in einer sich ausbreitenden Lache seines eigenen Blutes, damals, an einem kalten Winterabend. Ein Messerstich, der bis zwischen die Rippen gedrungen war, und die Welt war nur noch ein pulsierendes Blau und Grau gewesen; um ihn herum war alles voll Schnee, sein Rücken war warm und sein Gesicht taub gewesen.
    Eigentlich sollte er jetzt tot sein. Er hatte genug gekannt, die an weniger gestorben waren und bei denen man froh war, sie los zu sein.
    Doch dann, in dieser Nacht, hatte Rue ihn gefunden. Und der Rumtreiber hatte überlebt.
    Er konnte sich nicht daran erinnern, dass er je eine Familie gehabt hätte. Einige kostbare Jahre lang hatte er nur sie gehabt.
     
    Jetzt saß sie gemütlich auf dem Sofa. Das Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster hinter ihr hereinschien, ließ das Silber in ihren kastanienfarbenen Haaren leuchten. Ihre Hände waren schlank und zitterten nicht, als sie den Tee in die papierdünnen Porzellantassen einschenkte, die sie aus irgendeinem Grund hier, mitten auf dem Land, benutzte. Sie sah entspannt aus und schien sich in der prachtvollen Umgebung des Raumes, zwischen den ausgesuchten Möbeln, den Samtteppichen und den Kristalllüstern, die direkt über ihren Köpfen gleichmäßig funkelten, heimisch zu fühlen. Er wusste, was sie war, doch sie sah nicht im Entferntesten danach aus.
    »Setz dich«, sagte die Marquise, ohne auch nur den Blick von ihrer Beschäftigung mit dem Tee abzuwenden. »Du machst mich unruhig, wenn du wie ein Kater herumtigerst.«

    »Als ob du wüsstest, wie das aussieht.«
    » Touché . Setz dich.«
    Aber er gehorchte nicht. Stattdessen ging er zum Fenster hinüber und sah hinaus auf die herbstlichen Wälder und Hügel, die sich, so weit das Auge blicken konnte, vor ihm erstreckten. Unbelebte Wälder. Unbelebte Hügel.
    In Darkfrith gab es keine Wildtiere. Vielleicht war es das, was ihm an dieser saftigen, nebelverhangenen Grafschaft am meisten zu schaffen machte. Es gab keine verborgenen Höhlen in den Wäldern, keine kleinen Lebewesen, die ums Überleben kämpften und die freudig die Abenddämmerung oder den Morgen begrüßten, indem sie sich paarten oder miteinander kämpften. Es gab nur Insekten und vereinzelte Vögel. Einmal hatte er eine einsame graue Maus entdeckt, die verschreckt an der Wand des Stalles entlanghuschte. Doch in all den Jahren, in denen er die Marquise von Langford und ihren Mann besucht hatte, hatte Zane niemals mehr als diese wenigen, bedauernswerten Kreaturen zu Gesicht bekommen.
    Das war kaum verwunderlich: Selbst die kleinsten Lebewesen spürten mit

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