Der Traum & Das Spiel der MacKenzies (German Edition)
Warum antwortete er nicht? Mit jedem Ruf wurde sie ärgerlicher. In dieser Stille musste sie doch meilenweit zu hören sein.
Plötzlich legte sich ein Arm hart um ihre Taille, und ebenso fest wurde Sunny an einen Körper gezogen. Ihr erschreckter Aufschrei wurde von Lippen erstickt, die sich auf ihren Mund pressten. Ihr Kopf fiel unter dem Druck in den Nacken, und sie griff nach Chances Schultern, um sich festzuhalten. Er küsste sie, bis ihre Anspannung schwand und sie sich an ihn schmiegte.
Sein Atem ging schwer, als er endlich den Kopf hob, und Sunny fühlte sich verpflichtet, sich wenigstens ein bisschen über die Behandlung zu beschweren.
„Du hast mich erschreckt.“ Ihre Stimme klang jedoch eher verführerisch als anklagend.
„Du hast nur bekommen, was du verdienst. Ich sagte doch, du sollst sitzen bleiben.“ Er küsste sie erneut, so als könne er nicht anders.
„Ist das deine Art von Bestrafung?“, murmelte sie, als er Atem schöpfen musste.
„So ungefähr.“ Er lachte leise an ihrer Schläfe.
„Dann habe ich eine viel größere Strafe verdient.“ Eigentlich dürfte sie nach den Erlebnissen des Tages überhaupt kein Verlangen fühlen, zumal ihr im Grunde alles wehtat, und doch war es da. Sie wollte die Kraft seines makellosen Körpers spüren, ihn in sich aufnehmen, ihn halten und von ihm gehalten werden, bis sie beide von der Lust übermannt wurden.
Er war es schließlich, der sich von ihr losmachte, aber sie hörte sein Herz rasend pochen. „Gnade“, murmelte er. „Ich werde nicht vor Hunger sterben, sondern an Überanstrengung.“
Hunger. Das erinnerte Sunny an die Fallen. „Hast du einKaninchen gefangen?“, fragte sie hoffnungsvoll.
„Nein, nur einen bedauernswert mageren Vogel.“ Er hielt den gerupften Vogel hoch, der sehr viel kleiner als ein Hühnchen war.
„Das ist aber nicht der Roadrunner, oder?“
„Was ist das eigentlich mit dir und diesen Märchentieren? Weißt du, du könntest wirklich etwas mehr Begeisterung zeigen.“
„Was für ein Vogel ist es dann?“
„Vogel eben“, antwortete er ausweichend. „Und wenn ich ihn eine Weile an einem Spieß über dem Feuer röste, ist es gegrillter Vogel.“
Ihr Magen meldete sich lautstark. „Na schön. Solange es nicht der Roadrunner ist. Der ist nämlich meine liebste Cartoon-Figur. Gleich nach Donald Duck.“
Chance lachte auf. „Wo siehst du denn noch diese alten Cartoons? Ich dachte, die sind längst abgesetzt.“
„Gibt’s auf DVD. Ab und zu leihe ich welche im Video-Shop an der Ecke aus.“
Chance nahm ihren Arm, und gemeinsam gingen sie zum Camp zurück, lachend und über ihre Lieblingscartoons plaudernd. Mit der Taschenlampe leuchtete Sunny den Weg.
„Warum hast du eigentlich nach mir gerufen?“, fragte Chance mit einem Mal.
„Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte – es ist stockdunkel. Und du hattest die Taschenlampe nicht dabei.“
Er gab einen erstaunten Laut von sich. „Du bist zu meiner Rettung gekommen?“
Jetzt war sie verlegen. Natürlich, ein ehemaliger Ranger würde auch im Dunkeln den Weg zurückfinden. „Ich habe nicht nachgedacht“, gestand sie kleinlaut.
„Nein, du denkst zu viel“, stellte er richtig und zog sie fest an seine Seite.
Das Feuer flackerte ihnen lustig entgegen, als sie beim Camp ankamen. Schnell hatte Chance einen Drehspieß für den Vogel gefertigt, legte noch ein paar Zweige auf das Feuer, und schon bald schwebte der wunderbare Duft von geröstetem Geflügel in der Luft, bei dem Sunny das Wasser im Mund zusammenlief.
Sie schob einen Stein näher an das Feuer heran und sah Chance zu, wie er den Vogel über den Flammen drehte. Die Wärme des Feuers war angenehm auf den Armen. Sunny konnte kaum glauben, dass die Temperaturen nach der Hitze des Tages so schnell sanken. Ein einziges Mal war Sunny campen gegangen, aber unter völlig anderen Umständen. Und damals war sie allein gewesen.
Der flackernde Schein des Feuers warf Schatten auf Chances markante Züge. Sunny fiel auf, dass er die Zeit am Wasserloch genutzt und sich gewaschen hatte, sein Haar war noch leicht feucht. Und er ist sogar rasiert, stellte sie still vor sich hin lächelnd fest.
Als Chance aufsah, ertappte er sie dabei, wie sie ihn anschaute. Sofort sprangen zwischen ihnen die Funken der sinnlichen Vertrautheit über. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte er leise.
„Mir geht’s gut.“ Sie ahnte nicht, wie anmutig ihr Gesicht strahlte. Sie hatte die Arme um die angezogenen Knie
Weitere Kostenlose Bücher