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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Burg, während ich zur Furt reite?«, fragte Dietrich, griff nach seinem Schwert und gürtete es.
    »Wenn Ihr erlaubt, Graf, würde ich lieber an Eurer Seite kämpfen – wie in alten Zeiten.«
    »Nein! Wenn Euch jemand erkennt, werdet weder Ihr noch Eure Frau jemals einen ruhigen Moment haben. Mein Bruder soll weiterhin glauben, dass ihr beide tot seid.«
    Lukas missfiel diese Entscheidung sehr, auch wenn sie vernünftig war. »Mir steht nicht der Sinn nach ruhigen Momenten«, sagte er ungebührlich harsch.
    Er hatte Albrecht keine seiner Missetaten vergessen, weder Christians Ermordung noch das Kopfgeld auf Thomas, Reinhards Hinrichtung, die Nacht, in der er auf Albrechts Befehl gefoltert worden war – und ganz besonders nicht dessen Order, dass die Wachen Marthe wie eine Vogelfreie behandeln sollten. Wäre es nach Albrecht gegangen, hätte die gesamte Meißner Burgbesatzung sie schänden dürfen.
    Er konnte es kaum erwarten, ihm im Gefecht gegenüberzustehen. Sein Platz war an der Furt!
    Außerdem durfte Dietrich nichts geschehen. Dietrich war die Hoffnung für die Mark.
    Doch der Sohn von Markgraf Otto war schon auf dem Weg zur Treppe. Nun hielt er noch einmal inne und drehte sich zu Lukas um.
    »Ich brauche Euch hier!«, beschwor er ihn. »Ich selbst reite zur Furt, mein Hauptmann muss die Wege und unseren Rückzug sichern, wenn wir uns gegen die Übermacht nicht halten können. Verteidigt die Burg und beruhigt die Menschen hier! Marthe, Eure Tochter hat einen Raum eingerichtet, um Verwundete zu behandeln. Geht zu ihr und helft ihr!«
    Sie hatten inzwischen den Burghof erreicht, auf dem sich nun noch mehr Menschen drängten als vorhin: Flüchtlinge aus den benachbarten Ortschaften und Kämpfer, die auf ihre Befehle warteten. Immer mehr Alte, Frauen und Kinder strömten durch das Burgtor. Wehklagend und verängstigt starrten sie auf die Rauchsäulen, die über den Burgzinnen aufstiegen. In die Angstschreie der Menschen mischte sich das Wiehern der bereits gesattelten Pferde und das entfernte Brüllen mehrerer Ochsen, die nicht damit einverstanden waren, in solcher Eile den Berg hinaufgetrieben zu werden.
    Dietrich befahl einem der verbliebenen Männer der Burgbesatzung, das Eisen zu schlagen. Diejenigen, die ihn sehen konnten, verstummten bereits und richteten ihre Blicke auf ihn.
    »Wir werden angegriffen«, rief er in die Menge mit weit tragender Stimme. »Der Markgraf von Meißen glaubt, dieses Land an sich reißen zu können. Doch lasst euch keine Furcht einjagen! Auf der Burg seid ihr geschützt. Wir haben ausreichend Wasser und Vorräte. Mit meinen Kämpfern werde ich alles tun, um die Angreifer bereits am Fluss aufzuhalten. Bewahrt Ruhe und folgt den Befehlen Lukas’ von Freiberg! Er ist einer der tapfersten Männer, die ich kenne. Gott schütze euch!«
    »Und Euch, Herr!«
    Mehrere Frauen gleichzeitig antworteten mit diesem Wunsch, alte wie junge, die ihre Kinder an sich gepresst hielten. Eine ärmlich gekleidete Frau mit einem Säugling im Arm kniete vor ihm nieder und griff nach dem Saum seines Bliauts, um ihn zu küssen, während ihr Tränen über die Wangen rannen.
    Dietrich nahm die Segenswünsche entgegen und entdeckte im nächsten Augenblick endlich den alten Priester von Sankt Nikolai, nach dem er schon Ausschau gehalten hatte. Mit einer Geste rief er ihn zu sich. »Nehmt Euch dieser verängstigten Seelen an, spendet ihnen Trost und Zuversicht«, bat er den Geistlichen, den er schon seit vielen Jahren kannte.
    »Gott lässt die Bedrängten nicht im Stich«, versicherte Pater Ansbert ruhig.
    Dietrich verständigte sich wortlos mit Lukas, dann arbeitete er sich durch die Menschen, die vor ihm Platz machten und zu seinen Seiten niederknieten. Sein Pferd war bereits gesattelt, die Männer, die ihn zur Furt begleiten würden, standen gerüstet und gewappnet bereit. Er saß auf und bedauerte einmal mehr, kein so gutes und schlachterfahrenes Reittier zu haben wie gewohnt. Seinen besten Hengst hatte er im Heiligen Land eingebüßt, und ihm blieb nicht genug Zeit, sich mit einem der Pferde für einen Kampf vertraut zu machen, die in den Stallungen auf ihn warteten. Also musste er mit dem Braunen vorliebnehmen, den er auf dem Heimweg von Outremer gekauft hatte. Doch in den italienischen Hafenstädten war angesichts der vielen Ritter, die ein Pferd brauchten, die Auswahl knapp gewesen.
    Er klopfte dem Hengst auf den Hals, sandte ein stummes Gebet zum Himmel, das Tier möge ihn nicht im Stich lassen, und

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