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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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gerade ein paar Burschen an, dem Alter und der Kleidung nach Knappen.
    Vorsichtig lenkten Lukas und seine Begleiter ihre Pferde durch die Furt, immer wieder nach links und rechts ausweichend, um die Hindernisse zu umgehen.
    Er hielt auf Norbert von Weißenfels zu, der den Aufbau der Verteidigung leitete, und begrüßte ihn.
    »Ein guter Plan!«, meinte Lukas anerkennend. »Wenn Albrecht glaubt, hier ungehindert durch die Furt galoppieren zu können, wird er eine herbe Enttäuschung erleben.«
    Der Weißenfelser dankte mit einem knappen Lächeln für das Lob und fragte erstaunt: »Wie konntet Ihr so schnell davon erfahren? Unser Bote dürfte jetzt noch nicht einmal in Eisenach eingetroffen sein.«
    Lukas verzog grinsend einen Mundwinkel. »Ich habe meine Quellen … Landgraf Hermann gestattete mir, zu euch zu reiten, und gab mir ein halbes Dutzend Männer mit, thüringische Ritter.«
    »Gesegnet sei er, und Ihr auch für Eure Voraussicht!«, sagte der Anführer der Weißenfelser Wachmannschaft erleichtert, während er den Thüringern zunickte. »Wir brauchen hier jeden, der im Kampf erprobt ist.«
    »Könnt Ihr dennoch für einen Moment meinen Stiefsohn entbehren? Seine Mutter wird es kaum erwarten, ihn in die Arme zu schließen.«
    Norbert von Weißenfels winkte einen seiner Leute herbei. »Der junge Christiansdorfer soll die Gäste zu Graf Dietrich geleiten!«, wies er an.
    Der Mann lief sofort los, während Lukas absaß und Marthe aus dem Sattel half.
    Keinen Moment zu früh; zwei Augenblicke später war Thomas bei ihnen. Er schaffte es nicht einmal, seinen Stiefvater zu begrüßen, denn schon war ihm Marthe um den Hals gefallen, auch wenn sie sich dafür auf die Zehenspitzen stellen musste.
    Wortlos presste sie sich an ihn, während er einen hilflosen Blick auf Lukas warf, der zufrieden in sich hineinschmunzelte.
    Sie ist noch schmaler und zerbrechlicher, als ich sie in Erinnerung habe, dachte Thomas, während er seine Mutter sanft an sich drückte. Was muss sie durchlitten haben in all der Zeit? Sofort beschloss er, ihr nichts von dem Grauen zu erzählen, das er auf dem Kreuzzug erlebt hatte und das ihn immer noch ausfüllte. Auch wenn er es wohl nicht lange vor ihr verbergen konnte. Stärker noch als Clara hatte seine Mutter die Gabe, anderen bis ins tiefste Innere ihres Herzens zu schauen.
    Vorsichtig löste er sich und strich ihr über die Wange. »Geht es dir gut? Und meinen Brüdern?«
    »Ja«, antwortete sie strahlend. »Sie sind wohlauf und wachsen, dass man dabei beinahe zuschauen kann. Aber …« Das Leuchten in ihren Augen erlosch. »Was ist mit Roland?«
    Sie weiß es, dachte Thomas beklommen.
    »Ich hole mein Pferd, dann reiten wir zur Burg«, sagte er und wandte sich rasch ab, um zur Koppel zu laufen. So konnte er sein Gesicht vor Lukas und Marthe verbergen. Sonst würde er bei der Erinnerung daran, wie elendig und sinnlos der Freund gestorben war, womöglich losheulen. Und noch weniger als vor seinem mit allen Wassern gewaschenen Stiefvater wollte er hier vor seiner Mutter Tränen zeigen. Dann würde sie sofort wissen, wie es tatsächlich um ihn bestellt war.
     
    Mit den wichtigsten Neuigkeiten schon auf dem kurzen Weg zur Burg versorgt, ließen sich Lukas und Marthe bei Graf Dietrich melden. Thomas ritt zurück zur Furt. Sie rechneten spätestens morgen mit dem Angriff, vielleicht sogar heute, und es gab noch viel zu tun.
    Die Burg war voll von Menschen, die hier Zuflucht suchten: Bauern aus den umliegenden Dörfern, die ihr bisschen Habe mitgebracht hatten, eine Ziege oder einen Scheffel Korn, Handwerker mit ihrem Werkzeug. Misstrauisch beäugten sie die bewaffneten Fremden.
    Dietrich war bereits in voller Rüstung, nur die Kettenhaube hatte er zurückgestreift, und besprach auf dem Hof etwas mit einigen Rittern, die ebenfalls zum Aufbruch bereit wirkten.
    »Gott sei es gedankt, Ihr seid gesund zurück!«, brachte Lukas hervor, als er und Marthe vor dem Grafen auf ein Knie sanken.
    »Bitte, erhebt Euch!«, sagte Dietrich rasch und ging auf beide zu. Er half Marthe auf, dann packte er Lukas bei den Armen. »Ich stehe tief in Eurer Schuld. Ihr habt mir Euern Sohn geschickt, damit der Kaiser von der Gefangennahme meines Vaters erfuhr. Und ich weiß, was Ihr erleiden musstet …«
    Nun richtete er seinen prüfenden Blick auf die sechs Thüringer, die Lukas und Marthe begleiteten und ebenfalls vor ihm niedergekniet waren. Jemand in seiner Position war darauf angewiesen, Gesichter wiederzuerkennen,

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