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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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war eine Legende. Er und sein inzwischen verstorbener älterer Bruder Balduin, beide Barone von großem Einfluss, hatten einst zu den erbittertsten Gegnern König Guidos gehört. Hätte dieser seinen Rat angenommen und das Heer nicht durch wasserloses Gebiet geführt, wäre der Christenheit die vernichtende Niederlage von Hattin mit all ihren schlimmen Folgen erspart geblieben.
    Die Unterhaltung wurde auf Französisch geführt, so dass Thomas nur einen Teil des Gespräches anhand einiger bekannter Formulierungen und der Mimik der Beteiligten mitbekam.
    Offenbar lobte der König den Einsatz Dietrichs bei der Einnahme Akkons vor Jahren, wo nach dem Tod des Herzogs von Schwaben unter seinem Kommando deutsche Ritter in der Streitmacht des Königs von Frankreich gekämpft hatten. Das erklärte, weshalb Dietrich eingeladen war.
    Der König fand sogar lobende Worte für den jungen Ritter in Dietrichs Begleitung, der auch damals schon dabei gewesen war. Er sprach anerkennend von Ludwig von Thüringen, seinem Vorgänger als Anführer des fränkischen Heeres, was der Schwarzburger mit steinerner Miene aufnahm.
    Doch dann rief Heinrich von Champagne einen Übersetzer herbei, der bereits an der Seite wartete. Was jetzt kam, war ihm offenbar so wichtig, dass kein Wort verlorengehen durfte.
    »Wir haben den Kaiser nicht gebeten, uns Truppen zu schicken«, sagte der Herrscher Akkons mit strenger Miene. »Wir danken Gott dafür, dass wir die Waffenruhe verlängern konnten. Es ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt, jetzt Jerusalem angreifen zu wollen. Wir können kaum den Küstenstreifen halten, und die Küsten selbst sind unsicher durch Piraterie von Beirut aus.«
    Das saß wie ein Hieb in den Nacken. Keiner der Gäste sprach ein Wort oder verriet auch nur durch eine Regung seines Gesichtes, was er dachte.
    Es war in der Tat außergewöhnlich, dass nicht der Papst, sondern der Kaiser zum Kreuzzug aufrief. Aber Coelestin hatte diese deutsche Unternehmung unterstützt, sogar versucht, auch die Engländer zur Teilnahme zu bewegen, wenngleich ohne Erfolg.
    Dass sie hier bei den Christen unerwünscht waren, hatte allerdings niemand vermutet. Jedenfalls nicht in dieser Schärfe.
    »Wie viele Männer wird der Kaiser noch schicken?«, erkundigte sich Hugo von Tiberias sachlich.
    Konrad von Mainz übernahm es zu antworten; als Erzkanzler war er der Ranghöchste der Gäste.
    »Der Kaiser selbst schickt sechstausend Mann auf eigene Kosten: Ritter, Sergenten, Knappen. Außerdem haben viele angesehene Fürsten aus allen Teilen des Reiches ihre Teilnahme erklärt und sind mit ihren Kontingenten unterwegs nach Messina oder schon hierher. Wir sind nur die Vorhut. Das Gros der kaiserlichen Streitmacht wird in den nächsten Wochen eintreffen. Sie steht unter dem Kommando des Marschalls Heinrich von Kalden. Im September erwarten wir noch einmal Verstärkung durch eine Flotte, die von der Nordsee her segelt, mit Heinrich von Braunschweig und dem Herzog von Brabant.«
    »Heinrich von Kalden ist ein entschlossener Kämpfer«, meinte der König nachdenklich. Der kaltblütige Marschall war schon unter Friedrich von Staufen ins Heilige Land gezogen und hatte dort Männer in die Schlacht geführt. »Doch ich glaube kaum, dass sich die Fürsten – noch dazu in so großer Zahl – unter das Kommando eines Ministerialen stellen werden.«
    Das sah Thomas auch so, aber diese Frage würde sich wahrscheinlich sehr schnell klären.
    Heinrich von Champange lächelte knapp. »In diese Angelegenheit werde ich mich nicht einmischen. Doch worin ich unbedingten Gehorsam fordere: Die Waffenruhe darf nicht verletzt werden! Jedenfalls nicht, bevor euer Heer vollständig hier beisammen ist und wir auch Aussicht auf Erfolg bei einem Angriff haben.«
    Diese Worte sprach er hart und unnachgiebig aus.
    Thomas dachte an die langen und lauten Prahlereien der Männer auf See, die es gar nicht abwarten konnten, Heiden zu töten und Beute zu machen, und fragte sich, ob nicht ein paar von ihnen inzwischen schon gegen diesen Befehl des Königs verstoßen hatten. Sie sollten wohl eiligst ins Lager zurückkehren, um das zu verhindern. Ein Seitenblick auf Dietrich sagte ihm, dass der das Gleiche dachte.
    »Übereifrige Neuankömmlinge aus Franken, die nichts von dem Leben hier und unseren Abkommen mit den Sarazenen wissen, haben in all den Jahren viel zu viel Schaden angerichtet«, erklärte Tiberias streng. »Wir erwarten, dass Ihr Eure Männer zu unbedingter Disziplin zwingt und die

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