Der Traummann meiner Schwester
Der Tradition entsprechend übernahm eigentlich die Familie der Braut die Kosten, was für die Kincaids auch kein Problem gewesen wäre. Doch angesichts des Dilemmas, in dem die Familie derzeit steckte, hatte Eli die Kincaids beruhigt, sich darüber keine Gedanken zu machen. Kara hatte er zu verstehen gegeben, dass alle Rechnungen an ihn geschickt werden sollten.
Diese Reaktion hatte Kara nicht überrascht. Eli war schon immer ein sehr großzügiger und verständnisvoller Mensch gewesen. Im Kinderheim groß geworden, wusste er, wie es sich anfühlte, nichts zu haben. Und nun, da er es zu Reichtum gebracht hatte, drehte er nicht jeden Penny zweimal um oder hockte wie ein Geizhals auf seinem Vermögen.
Kara hoffte nur, dass er sein Wohlwollen auch behalten würde, nachdem er einen Blick auf die Rechnungen geworfen hatte. Allmählich bewegte sich die Summe im sechsstelligen Bereich.
Während die Sekunden verstrichen und die antike Uhr an der gegenüberliegenden Wand des geräumigen Büros laut tickte, überlegte Kara, worüber sie mit Eli sprechen konnte. Sie könnte sich noch einmal dem Katalog mit den Menüvorschlägen widmen und ins Detail gehen. Allerdings würde er genau wissen, worum es sich dabei handelte – um eine Verzögerungstaktik.
Doch die Frage erledigte sich von selbst, als plötzlich die Bürotür aufgestoßen wurde und Laurel hereinkam. Sie war der Inbegriff der eleganten Businessfrau und trug ein Kostüm, das die gleiche graugrüne Farbe wie ihre Augen hatte, mit einer weißen Bluse unter der maßgeschneiderten Jacke. Ihre Füße steckten in ebenso eleganten wie bequemen Pumps, und ihr gewelltes dunkelbraunes Haar fiel ihr locker über die Schultern.
Laurel war eine absolute Schönheit, genau wie ihre Mutter. Mit nur einem Augenaufschlag konnte sie den gesamten Verkehr lahmlegen, und schon immer hatte sie ein Faible für schöne und sympathische Männer gehabt. Eli war allerdings der erste, bei dem sie geblieben war.
„Entschuldigt bitte, ich bin etwas spät dran“, sagte sie und vermied jeden Augenkontakt mit Kara oder ihrem Verlobten, als sie ihre riesige Sonnenbrille in der Designerhandtasche verstaute.
Eli, der bei ihrem Erscheinen sofort aufgesprungen war, trat auf sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Keine Sorge, deine Schwester hat dafür gesorgt, dass ich mich nicht langweile. Offenbar können wir aus mehr als dreihundert Vorspeisen auswählen, die Kara mir begeistert und im Detail beschrieben hat.“
Lächelnd wandte er sich Kara zu. „Und die sie für dich ganz bestimmt noch mal wiederholen wird.“
Die Aussicht darauf, sich alles noch einmal anhören zu müssen, schien ihn nicht im Geringsten zu stören. Kara erwiderte sein Lächeln.
Laurel lächelte ebenfalls, doch das Lächeln erreichte nicht ihre Augen, und ihr ganzer Gesichtsausdruck wirkte irgendwie angespannt. Ihre Handtasche hielt sie so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
„Können wir einen Moment miteinander reden?“, fragte sie Eli leise. Dann wandte sie sich an Kara: „Es tut mir sehr leid, aber können wir dieses Treffen hier verschieben? Ich muss dringend mit Eli sprechen.“
„Na klar“, erwiderte Kara, die sofort aufsprang und die Unterlagen zusammensuchte.
Die Mappen und Kataloge unter den Arm geklemmt, blieb sie auf dem Weg zur Tür vor dem Paar stehen. Eli sah immer noch absolut entspannt aus, während Laurel nervös und fahrig wirkte. Wortlos und sozusagen von Schwester zu Schwester drückte Kara ihre Anteilnahme aus und gab ihr mit einem Blick zu verstehen, dass sie sich fragte, ob alles in Ordnung sei.
„Ruft mich einfach an, wenn ihr wisst, wann wir das Treffen wiederholen sollen“, sagte sie, nickte Eli kurz zu und fuhr ihrer Schwester ermutigend mit der Hand über den Arm, bevor sie das Büro verließ.
Nachdem sie leise die Tür geschlossen hatte, hoffte sie inständig, dass es keine Probleme gab. Natürlich würde sie später ihre Schwester anrufen, um herauszufinden, worum es ging.
Laurels Gesichtsausdruck und die Art, wie sie ihre Schwester vertröstet hatte, sagten Eli, dass etwas nicht stimmte. Er hoffte, dass es nichts Schlimmes war. Laurel und der Rest der Kincaid-Familie waren ein Jahr lang durch die Hölle gegangen. Und er bezweifelte stark, dass sie – oder ihre Familie – noch mehr ertragen konnten.
Hätte es sich allerdings um eine Angelegenheit, die mit dem Mord ihres Vaters und der Inhaftierung ihrer Mutter zu tun hatte, gehandelt, dann hätte Laurel
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