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Der Trick der alten Tante

Der Trick der alten Tante

Titel: Der Trick der alten Tante Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Ihnen gefällt, Herr Pfiff!“ sagte sie zufrieden.
    Und ich: „Sie sind eine Dame von außergewöhnlichem Geschmack, liebe Frau Stengel. Man spürt die Einrichtungsliebe aus jeder Ritze dieses Zimmers.“
    „Oh, Sie sind ein Schmeichler“, winkte sie ab.
    „Nein, was wahr ist, muß wahr bleiben. Ach, ich liebe Leute mit Geschmack!“ juchzte ich und sah sie verliebt an. „Darf ich noch heute einziehen?“
    „Aber natürlich.“ Sie überschlug sich förmlich bei ihrer Zusage. „Kommen Sie, wir machen den Mietvertrag. Sie trinken doch ein Schnäpschen mit mir?“
    „Wo denken Sie hin“, ich streckte die Finger aus, als hätte sie mir angeboten, in essigsaurer Tonerde zu baden. „Ich trinke überhaupt keinen Alkohol... höchstens mal zwei Eßlöffel Bier.“
    „Dann werd’ ich uns einen Kaffee kochen.“
    „Buttermilch haben Sie nicht zufällig im Haus?“
    „Buttermilch???“
    Ich nickte und lächelte ein Lächeln, das Säuglinge manchmal lächeln. Trotz einer gewissen Skepsis überwog in ihrem Gesicht der Ausdruck des Triumphes. Im Geist hatte sie mich schon abgeschossen.
    „Also, Buttermilch habe ich leider nicht, aber einen Kaffee könnte ich für uns kochen. Was sind Sie denn von Beruf?“ Sie hielt mich sicher für einen Bügler von Ärmelschonern.
    Ich senkte den Kopf und versuchte, verlegen auszusehen: „Ich schreibe Gedichte.“
    „Gedichte???“ Heiliges Kanonenröhrchen, ihr fielen vor Schreck fast die Augen aus dem Gesicht. Und voller Mißtrauen erkundigte sie sich: „Und vom Gedichteschreiben können Sie vierhundert Miete zahlen?“
    Ich warf ihr eine Hand entgegen. So auf die lässige Art. „Leicht!“ Leicht erschien mir ein bißchen zu wenig, ich verbesserte: „Sehr leicht! Ich hab’ von Onkel Ferdinand ein bißchen Geld geerbt. Ein nettes rundes Sümmchen. Wenn ich gut und sparsam lebe, komme ich einige Jährchen hin. Es reicht schließlich, wenn man nur jeden zweiten Tag Kaviar ißt, was? Hehehe…“
    Sie kicherte auch, jedoch äußerst maßvoll. Allerdings hatte das „runde Sümmchen“ kolossalen Eindruck gemacht.

    9 Uhr 25.
    Sie stellte mir den Kaffee neben den Mietvertrag, den ich inzwischen durchgelesen hatte. Bis auf den hinterhältigen Passus mit dem „kein Geld zurück bei vorzeitigem Auszug auf eigenen Wunsch“ und die noch gerissenere Formulierung in bezug auf die „verfallene Miete der nicht verwohnten Tage“ enthielt das Vertragswerk keine erwähnenswerten Besonderheiten.
    „Ist in Ordnung. Ein schöner Mietvertrag!“ Sie bedachte mich mit einem argwöhnischen Seitenblick, doch ich packte alle meine Harmlosigkeit auf die prallen Wangen. Und schüchtern erkundigte ich mich: „Möchten Sie mal eines meiner Werke hören?“
    „Ja, gern!“ nickte sie. Ich schloß die Augen, drehte meinen Kopf Richtung Lampe, breitete die Arme aus und deklamierte das Trauerpoem:

    „Du dort, der Mond,
    du dort, die Venus,
    du dort, die Milchstraße,
    du dort, der Mars,
    du dort, der Saturn,
    du, und ihr, und all euch Sterne,
    euch sieht man, wenn man unten ist,
    nur aus der Ferne...“

    Ich kehrte mit verklärtem Blick in die Gegenwart zurück. Doch statt Beifall erwartete mich ein Lächeln, das verflixt nach Ironie aussah. Alwine schien nichts von meiner Dichtkunst zu halten. Also ging ich zu handfesteren Dingen über: Ich griff in die Tasche und legte vier Hunderter auf den Tisch. Sie waren so schnell verschwunden, daß ich mich, ei der Daus, nicht mal von ihnen verabschieden konnte. Mit diesem Geschwindigkeitstrick hätte Alwine Stengel in jedem Variete auftreten können.
    Ich lobte den Geschmack ihres Kaffees, ihre Frisur, den Teppich, die Übergardine und das Geschirr.
    Kurz nach 10 Uhr brach ich auf, um mein Gepäck zu holen. Als ich gegen 16 Uhr wieder eintraf, überraschte ich sie mit einem Kasten Konfekt und einem Riesenstrauß bunter Frühlingsblumen. Sie schmolz dahin wie Eis am Stiel...

    5. Mai, 8 Uhr 30.
    Das Spiel konnte beginnen — und es begann.
    In meinen rotgeblümten Bademantel gehüllt, machte ich mich, laut pfeifend, auf den Weg ins Badezimmer. Auf halbem Weg tauchte Alwine auf und stand plötzlich in der Küchentür. Ich stoppte ab und machte eine Verbeugung wie weiland die Kammerfrau vor ihrer Königin.
    „Guten Morgen, Teuerste, ich habe prächtig geschlafen. Ihnen sei es gestanden!“ rief ich ihr zu und klatschte dazu unternehmungslustig in die Hände. Sicher hatte ich sie mit dieser Attacke ein wenig aus dem Konzept gebracht. Doch sie erholte

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