Der überflüssige Mensch: Unruhe bewahren (German Edition)
Einkaufsassistenten (MEA) kann der Kunde die Produkte auf seinem digitalen Einkaufszettel mühelos in den weiträumigen Hallen finden und gleich einscannen, sodass er an der Kasse nur noch sein Smartphone vor ein entsprechendes Lesegerät halten muss, um den automatischen Zahlungsverkehr einzuleiten. Alternativ kann der Kunde seinen Einkauf per Fingerabdruck begleichen, wenn er sich für diesen Service eingetragen hat. Er legt Zeigefinger auf einen Scanner, der neben der Fingerstruktur auch Temperatur und Oberflächenspannung registriert.
Als eine Bekannte neulich in einem Supermarkt der Kette Zielpunkt ein Päckchen abholte (die nahe gelegene Post war vor Kurzem geschlossen worden), musste sie den Geldschein, mit dem sie die Gebühr bezahlen wollte, in einen Automaten schieben, der ihr daraufhin das Wechselgeld klirrend herausgab. Die Maschine ist, wie dieses Beispiel zeigt, nicht nur effizienter, sondern auch vertrauenswürdiger. Und wenn Ihnen dieses Beispiel nebensächlich erscheint, weil es nur die paar Angestellten an den Kassen des Supermarkts bei Ihnen um die Ecke betrifft, werden Sie erstaunt sein zu hören, dass allein in den USA 3,5 Millionen Menschen als Cashiers ihr Brot verdienen. Ganz zu schweigen von den 4 Millionen Verkäufern und den 2,3 Millionen Lagerarbeitern im Einzel- und Großhandel, deren Tätigkeit größtenteils bald auch automatisiert werden wird.
Es ist einem Computer schon vor Jahren gelungen, den weltbesten Schachspieler zu schlagen – wie wahrscheinlich mag es wohl sein, dass eine entsprechend entwickelte und programmierte Maschine bald Ihre Tätigkeit übernehmen kann? Gewiss, manche Formen der Kreativität und sprachlicher Kompetenz werden auf absehbare Zeit Alleinstellungsmerkmale des Homo sapiens bleiben (allerdings werden in unserem Bildungssystem just diese Qualitäten wenig entwickelt); das idiosynkratische Denken eines nicht gleichgeschalteten Individuums wird voraussichtlich noch lange die Fähigkeiten der Künstlichen Intelligenz übersteigen (die euphorischen Vorhersagen jener Wissenschaftler, die der Künstlichen Intelligenz huldigen, sollte man nicht für bare Münze nehmen). Doch die meisten Jobs bestehen aus Routine, und in der Wiederholung des ewig Gleichen ist die Maschine dem Menschen weit überlegen. Selbst die komplexesten Abläufe können programmiert werden, auch wenn es gegenwärtig zu aufwendig oder kostspielig sein mag. Noch erweist es sich in manchen Branchen als billiger, das Lohnniveau der Arbeiter niedrig zu halten bzw. noch weiter nach unten zu drücken, statt in automatisierte Fertigung zu investieren, aber es handelt sich hierbei um einen vorübergehenden Aufschub des Unvermeidlichen (fragen Sie die englischen Pferde).
Drei bislang unwiderlegte Gesetze sprechen in diesem Zusammenhang Zukunftsbände: Unter Informatikern gilt das Moore’sche Gesetz weiterhin ohne Einschränkung, die Maxime, dass die Rechenkapazitäten eines Computers sich alle 18 Monate verdoppeln, so benannt nach einer Feststellung von Gordon Moore, Mitbegründer von Intel, aus dem Jahre 1965. Das exponentielle Tempo des technologischen Fortschritts ist in den knapp fünfzig Jahren seitdem bemerkenswert konstant geblieben, sodass es nur noch eine Frage der Zeit ist – und seien es auch einige Jahrzehnte, die Fehlermarge ist bei Prognosen stets beachtlich –, bis selbst qualifizierte Arbeitskräfte ersetzt und in den Produktionsstätten höchstens noch einige hochspezialisierte Maschinenparkaufseher beschäftigt sein werden. Das zweite Gesetz – Norbert Wieners berühmtes Kybernetisches Gesetz – geht sogar davon aus, dass es weder theoretische noch praktische Einwände gebe, in allen Bereichen der Produktion geschlossene Automationskreisläufe einzurichten, also die Herstellung der Maschinen wiederum Maschinen zu überlassen. Doch nicht nur die Warenproduktion ist betroffen. Das dritte Gesetz, Moravec’s Paradox, beschreibt die bisherige Erfahrung aus der Laborarbeit, nämlich dass es schwieriger ist, Maschinen mit sensorisch-motorischen Fähigkeiten auszustatten als mit hoch entwickelter Intelligenz. Was dem Menschen leichtfällt, kaum dass er gehen und greifen gelernt hat, ist für Roboter bislang eine enorme Herausforderung. Hochgezüchtete Intelligenz ist hingegen ein Kinderspiel. Maschinen können etwa medizinische Untersuchungen und Analysen besser bewältigen als Gartenarbeit. Rod Brooks vom Massachusetts Institute of Technology sieht voraus, dass die Ärzte zukünftig
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