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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Hypothese tauchte auf, in der Atmosphäre der Regis sei ein riesiger Eisen-Nickel-Meteor explodiert und habe sich mit Feuerkatarakten in das uralte Gestein eingeschmolzen –, die einer allmählichen Oxydation unterlegen, chemische Verbindungen eingegangen waren und sich schließlich in die schwarzbraunen, stellenweise purpurroten Ablagerungen verwandelt hatten.
    Diese Schürfarbeiten waren bisher lediglich in einen Teil der Gesteinsschichten vorgedrungen, deren komplizierte geologische Struktur sogar einen erfahrenen Planetologenverwirren konnte. Als man Schächte bis hinunter auf den mehr als eine Milliarde Jahre alten Basaltgrund getrieben hatte, stellte sich heraus, daß das darüberliegende Gestein trotz der weit fortgeschrittenen Rekristallisation Kohle organischen Ursprungs enthielt. Anfangs glaubten die Wissenschaftler, das sei einstmals der Meeresboden gewesen. Doch dann entdeckten sie in den echten Steinkohleschichten Abdrücke zahlreicher Pflanzenarten, die nur auf dem Festland existiert haben konnten. Allmählich gewannen sie einen genaueren Überblick über die damals lebenden Kontinentalformen des Planeten. Nun war bekannt, daß dreihundert Millionen Jahre zuvor primitive Reptilien seine Urwälder bewohnt hatten. Triumphierend brachten sie die Reste der Wirbelsäule und der Hornkiefer eines solchen Tieres mit. Die Besatzung war weniger begeistert. Die Evolution an Land hatte sich, wie es schien, zweimal vollzogen. Der erste Untergang der lebenden Welt fiel in eine ungefähr hundert Millionen Jahre zurückliegende Epoche. Damals war es zu einem Massensterben von Pflanzen und Tieren gekommen, dessen Ursache wahrscheinlich eine nahe Nova-Explosion gewesen war. Das Leben war nach diesem Niedergang jedoch wiedererstanden und in neuen Formen erblüht. Allerdings ließen weder Anzahl noch Zustand der geborgenen Überreste eine genauere Klassifizierung zu. Der Planet hatte niemals säugetierähnliche Formen hervorgebracht. Nach weiteren neunzig Millionen Jahren hatte abermals, doch diesmal weit von ihm entfernt, eine Sterneruption stattgefunden. Ihre Spuren waren in Gestalt von Isotopen festzustellen. Den berechneten Näherungswerten nach war die Intensität der harten Strahlung an der Oberfläche nicht stark genug gewesen, so gewaltige Verluste hervorzurufen. Um so weniger war zu begreifen, daß von da an Pflanzen- und Tierreste in den jüngeren Gesteinsschichten immer seltener wurden. Dafür fanden sie jenen gepreßten »Ton«,Antimonsulfide, Molybdän- und Eisenoxyde, Nickel-, Kobalt- und Titansalze in immer größeren Mengen.
    Die sechs bis acht Millionen Jahre alten und verhältnismäßig flach liegenden, metallhaltigen Schichten hatten stellenweise starke Zentren, aber diese Radioaktivität war, an dem Bestehen des Planeten gemessen, recht kurzlebig. Irgend etwas schien in jener Zeit eine Reihe heftiger, aber nur örtlicher Kernreaktionen ausgelöst zu haben, deren Produkte sich in den »metallhaltigen Tonschichten« abgelagert hatten. Neben der Hypothese vom »radioaktiven Eisenmeteor« wurden andere, höchst phantastische Vermutungen geäußert, die die seltsamen Zentren »radioaktiver Hitze« mit dem Untergang des Planetensystems der Leier und der Vernichtung seiner Zivilisation in Verbindung brachten.
    Man nahm daher an, daß während der Besiedlungsversuche der Regis iii atomare Auseinandersetzungen zwischen den aus dem bedrohten System entsandten Raumschiffen stattgefunden hatten. Aber das erklärte wieder nicht die Ausmaße der merkwürdigen, metallhaltigen Schichten, die man bei Probebohrungen auch in anderen, weiter entfernten Gebieten entdeckt hatte. Immerhin drängte sich mit aller Macht ein ebenso rätselhaftes wie einleuchtendes Bild auf: Das Leben auf dem Festland des Planeten war in demselben Jahrmillionen umfassenden Zeitraum ausgestorben, in dem die metallhaltigen Ablagerungen entstanden waren. Die Radioaktivität konnte nicht die Ursache für die Vernichtung der lebenden Formen gewesen sein: Man hatte die allgemeine Strahlungsmenge in Kernexplosionsäquivalente umgerechnet. Sie betrug zwanzig bis dreißig Megatonnen; auf Hunderte von Jahrtausenden verteilt, vermochten solche Explosionen – wenn es überhaupt Atomexplosionen und nicht andere Kernreaktionen waren – die Evolution biologischer Formen natürlich nicht ernstlich zu gefährden.
    Da die Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischenjenen Ablagerungen und den Ruinen der »Stadt« vermuteten, bestanden sie darauf, die

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