Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Rauchschwaden sahen sie nur die pulsierende, hellblaue Feuerblase, die langsam, Schritt für Schritt, dem Ausgang der Schlucht zukroch, so daß die Stelle, an der die Wolke erstmals angegriffen hatte, bereits drei Kilometer weiter nördlich auftauchte und die gräßliche, verbrannte, schlacke- und lavabedeckte Bodenkruste zu erkennen war. Von geborstenen Felsen hingen Überreste des zu Asche gewordenen Gestrüpps herab, in denen Metallklümpchen klebten: von der Kernexplosion getroffene, geschmolzene Kristalle.
    Horpach befahl, die Lautsprecher auszuschalten, die in der Steuerzentrale ohrenbetäubenden Lärm verursachten, und fragte Jazon, was geschehen würde, wenn die Temperatur im Innern des Zyklopen die Hitzebeständigkeit des Elektronengehirns überstiege.
    Der Wissenschaftler antwortete, ohne zu zögern: »Der Werfer schaltet sich aus.«
    »Und das Kraftfeld?«
    »Das nicht.«
    Das Kampfgebiet hatte sich mittlerweile in die Ebene vor den Ausgang der Schlucht verlagert. Das tintenfarbeneFlammenmeer kochte, blähte sich, strudelte und stürzte mit höllischen Sprüngen in den feurigen Schlund.
    »Aber das wird wohl gleich geschehen«, sagte Kronotos in die Stille hinein, die von dem nun stummen, sich wild aufbäumenden Bild ausging. Wieder verstrich eine Minute. Plötzlich wurde der Lichtschein des feurigen Trichters merklich schwächer. Die Wolke hatte ihn verdeckt.
    »Sechzig Kilometer von uns entfernt«, antwortete der Nachrichtentechniker auf Horpachs Frage.
    Der Astrogator gab Alarm. Die Besatzung ging an die Plätze. Der »Unbesiegbare« zog die Rampe und den Personenlift ein und schloß die Luken. Auf dem Bildschirm war von neuem ein Flackern zu sehen. Wieder war der Feuertrichter da. Diesmal griff die Wolke nicht an. Nur ein paar Fetzen von ihr leuchteten, vom Feuer erfaßt, hell auf, ihr ganzer übriger Teil wich in Richtung der Schluchten zurück, drang in das Labyrinth ein, über dem dichte Schatten lagen, und vor den Augen der Männer tauchte der Zyklop auf, anscheinend unversehrt. Noch immer schob er sich sehr langsam rückwärts und vernichtete mit Dauerbeschuß seine ganze Umgebung – Felsen, Sand und Dünen.
    »Warum schaltet er den Werfer nicht aus?« rief einer.
    Als hätte die Maschine die Worte gehört, stellte sie das Feuer ein, wendete und rollte mit wachsender Geschwindigkeit der Wüste zu. Hoch über ihr folgte die Flugsonde. Mit einemmal sahen die Männer etwas wie einen dünnen Feuerfaden unglaublich schnell auf sie zurasen. Ehe sie begriffen, daß der Werfer des Zyklopen auf die Sonde geschossen hatte und das, was sie sahen, ein Streifen annihilierter Luftteilchen auf der Schußbahn war, schraken sie unwillkürlich zurück, als fürchteten sie, daß die Entladung aus dem Leuchtschirm sprang und in der Steuerzentrale explodierte. Gleich darauf verschwand das Bild, und nur der leere, weiße Schirm starrte sie an.
    »Er hat die Sonde zertrümmert, Astrogator!« schrie der Techniker am Steuerpult. Horpach befahl, eine zweite Sonde zu starten. Der Zyklop hatte sich inzwischen dem »Unbesiegbaren« so sehr genähert, daß sie ihn gleich erblickten, als die Sonde Höhe gewonnen hatte. Eine neue, fadendünne Leuchtspur – und die zweite Sonde war zerstört. Bevor das Bild verschwand, konnten sie noch das eigene Raumschiff erkennen. Der Zyklop war nicht weiter als zehn Kilometer entfernt.
    »Der ist wohl verrückt geworden«, sagte der zweite Techniker an der Apparatur, und seine Stimme zitterte vor Erregung. Bei diesen Worten fiel es Rohan wie Schuppen von den Augen. Er blickte den Kommandanten an und begriff, daß dieser das gleiche dachte wie er. Ihm war, als senkte sich ihm ein sinnloser, bleierner Schlaf in die Glieder, den Kopf, den ganzen Körper. Aber die Befehle waren gegeben: Der Kommandant hatte angeordnet, eine vierte und eine fünfte Sonde abzuschießen. Der Zyklop vernichtete sie alle. Wie ein Meisterschütze, der sich mit Zielschießen vergnügt, holte er sie herunter.
    »Ich brauche volle Kraft«, sagte Horpach, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen.
    Wie ein Pianist griff der Chefingenieur mit beiden Händen in die Tasten des Verteilerpults.
    »Volle Startkraft in sechs Minuten«, antwortete er.
    »Ich brauche volle Kraft«, wiederholte Horpach in gleichem Ton, und in der Steuerzentrale wurde es so still, daß man das Summen der Relais hinter den Emaillewänden hören konnte. Es klang, als wäre dort ein Bienenschwarm erwacht.
    »Das Reaktorgehäuse ist zu kalt«, wollte

Weitere Kostenlose Bücher