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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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kuschelte er sich unter seiner Decke zusammen und preßte das Gesicht ins Kissen. Er versuchte, das Gesicht mit den Händen zuzudecken, aber immer heftigere Kälte umfing ihn. Er wußte, daß er zu sich kommen mußte, aber er zögerte den Augenblick hinaus, ohne zu wissen warum. Mit einemmal richtete er sich im Dunkeln in seiner Koje auf. Ein eisiger Lufthauch traf ihn mitten ins Gesicht. Er sprang aus der Koje und tastete sich leise fluchend zur Klimaanlage. Als er sich hingelegt hatte, war ihm so heiß gewesen, daß er den Knopf auf kalt gedreht hatte.
    Allmählich erwärmte sich die Luft in der kleinen Kajüte, trotzdem konnte er, unter der Decke zusammengekauert, nicht wieder einschlafen. Er blickte auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr – drei Uhr Bordzeit. Wieder nur drei Stunden Schlaf, dachte er wütend. Er fror noch immer. Die Beratung hatte lange gedauert, erst um Mitternacht waren sie auseinandergegangen. Soviel Gerede um nichts und wieder nichts, dachte er. Jetzt, in dieser Dunkelheit, hätte er wer weiß was darum gegeben, in der Raumstation zu sein. Nichts mehr hören und sehen von der verfluchten Regis iii , von ihrem toten und wie der Tod erfinderischen Alptraum! Die meisten Strategen hatten geraten, auf Umlaufbahn zu gehen, nur der Chefingenieur und der Chefphysiker hatten von Anfang an Horpachs Meinung vertreten: bleiben, solange wie möglich. Die Chance, die vier Vermißten aus Regnars Gruppe zu finden, stand vielleicht eins zu hunderttausend, oder nicht einmal soviel. Wenn sie nicht schon vorher umgekommen waren, dann konnte nur große Entfernung vom Kampfplatz sie vor der Atomhölle gerettet haben. Rohan hätte sehr gern erfahren, ob derAstrogator nur wegen der vier Leute nicht gestartet war oder ob dabei andere Überlegungen eine Rolle gespielt hatten. Wie sich die Sache hier ansah, das war eine Seite; ganz anders würde sie in den dürren Worten eines Berichts und im ruhigen Licht der Raumstation wirken. Dort würde man sagen, daß sie die Hälfte der Geländefahrzeuge und die Hauptwaffe, den Zyklopen mit dem Antimateriewerfer, eingebüßt hatten, der künftig eine zusätzliche Gefahr für jedes Raumschiff darstellen würde, das auf dem Planeten landete, daß sie sechs Menschenleben zu beklagen hatten und daß darüber hinaus die halbe Besatzung krankenhausreif und für Jahre, vielleicht für immer, fluguntauglich war. Und wegen dieser Verluste an Menschen, Maschinen und der besten Geräte waren sie vor mikroskopisch winzigen Kristallen, den Geschöpfen eines kleinen Wüstenplaneten, dem toten Überbleibsel der auf der Erde längst überholten Leierzivilisation, davongelaufen – denn was wäre jetzt eine Umkehr anderes als eine ganz gewöhnliche Flucht. Aber war Horpach ein Mensch, der solche Beweggründe berücksichtigte? Vielleicht wußte er selbst nicht genau, warum er nicht startete? Vielleicht wartete er auf irgend etwas? Aber auf was? Freilich, die Biologen hatten von der Möglichkeit gesprochen, jene toten Insekten mit ihrer eigenen Waffe zu schlagen. Wenn diese Art eine Evolution durchgemacht hatte, schlußfolgerten sie, so könnte man ihre weitere Entwicklung steuern. Zunächst müsse man bei einer erheblichen Menge eingefangener Exemplare Mutationen, bestimmte Erbveränderungen, hervorrufen, die im Laufe der Vermehrung bei den nachfolgenden Generationen wieder auftreten und die ganze kristalline Rasse unschädlich machen würden. Es müsse eine sehr spezifische Veränderung sein, eine Veränderung, die sofort einen Nutzeffekt verspreche und zugleich bewirke, daß der neue Typ eine Achillesferse, einen wunden Punkt aufweise, den man angreifen könne. Aberdas war eben das übliche, spekulative Geschwätz von Theoretikern: Sie hatten keine Ahnung, was für eine Mutation, was für eine Veränderung das sein sollte, wie sie zu erreichen war, wie viele dieser verfluchten Kristalle zu fangen waren, ohne abermals einen Kampf wagen zu müssen, in dem eine Niederlage noch größer sein könnte als am Tage zuvor. Selbst wenn alles gut ginge, wie lange müßte man auf die Ergebnisse dieser neuen Evolution warten? Doch nicht nur Tage und Wochen. Sollten sie etwa um die Regis kreisen wie auf einem Karussell, ein Jahr, zwei oder gar zehn Jahre? All das hatte keinen Sinn.
    Rohan merkte, daß er die Klimaanlage zu weit aufgedreht hatte: Wieder war es zu heiß geworden. Er schleuderte die Decke weg, stand auf, wusch sich, kleidete sich rasch an und verließ die Kabine.
    Der Fahrstuhl war nicht

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