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Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
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hatte er das unheilvolle Gefühl, dass sie kurz davor waren, von einem Tornado erfasst zu werden.
    Kynder war auf der anderen Seite des Schlangenkopfes. Der Wind riss ihm regelrecht die Kleider vom Leib. Er schrie nach Artie und Kay.
    »Dad, hier drüben!«, brüllten Artie und Kay.
    Er sah sie und machte sich auf den Weg zu ihnen.
    »Bleiben Sie dort, wir kommen«, rief Lance eindringlich und hielt seine Hand hoch.
    Kynder hielt sich an einem Baum fest. Er sah plötzlich eher verwirrt als verängstigt aus.
    Denn während er sich zu halten versuchte, bot sich ihm ein Anblick, den er nicht einordnen konnte. Da kamen seine im Gänsemarsch gegen den Sturm ankämpfenden Kinder zusammen mit einem lächerlich gekleideten jungen Mann, der einen Bogen in der Hand hielt und sie vor dem Sturm zu beschützen versuchte. Was ziemlich nett von ihm war. Artie und Kay sahen eigentlich ganz normal aus, bis auf die Tatsache, dass sie – waren das Schwerter , die die beiden in den Händen hielten?
    Ja, sie hatten jeder ein Schwert.
    Und Artie schien außerdem ein Kaninchen zu tragen.
    Glücklicherweise sah Kynder Däumling nicht. Sonst wäre er auf der Stelle in Ohnmacht gefallen.
    Artie und Kay lächelten Kynder trotz des heulenden Windes an und Kay hob Cleomedes zum Gruß. Als sie ihn erreichten, umarmte Kay ihren Vater kurz, aber fest.
    Dann veränderte sich etwas in der Luft. Ein Grollen wie das eines Güterzugs, der von rechts auf sie zuraste.
    Sie schauten in die Richtung, aus der der Lärm kam und sahen, dass ein Trichter auf dem Feld hinter dem kleinen Fluss den Boden erreicht hatte.
    »Wir müssen sofort weg hier!«, schrie Lance.
    Sie liefen so schnell es eben ging zum Parkplatz und dachten, dass sie gleich wie Dorothy und Toto im Zauberer von Oz durch die Luft gewirbelt werden würden.
    Während sie rannten, brüllte Kynder: »Wer ist der Kerl da? Und warum habt ihr beiden Schwerter?«
    »Nicht jetzt, Kynder!«, riefen Artie und Kay einstimmig.
    Der Krach schwoll an, wurde von einem Grollen zu einem lauten Dröhnen. Sie hörten eine Reihe krachender Donnerschläge. Artie warf einen kurzen Blick zurück auf den Trichter, der wie eine grauenvolle schwarze Narbe zwischen Himmel und Erde klaffte und ganze Bäume aus der Erde riss und verschlang.
    Es gelang ihnen, den Parkplatz unbeschadet zu erreichen. Dort stand Lance’ Taxi und daneben Kynders Auto – zufällig das perfekte Fahrzeug, um vor einem Tornado zu flüchten: ein Land Rover Defender Turbodiesel, Baujahr 2007.
    Sie rissen die Türen auf. Artie und Kay schleuderten ihre Sachen auf die Ladefläche und sprangen mit Vorpal und Däumling in den Wagen. Als Kynder zur Fahrerseite durchrutschte, schrie Lance: »Lassen Sie mich fahren!«
    »Was? Ich kenne Sie noch nicht mal!«
    »Victor X. Lance mein Name. Es ist nicht persönlich gemeint, Sir, aber ich bin im Irak Militärgeländewagen gefahren und garantiere Ihnen, dass Ihnen und Ihren Kindern nichts passieren wird, wenn sie mich fahren lassen!«
    Kynder glaubte ihm. Er gab Lance den Autoschlüssel im Austausch gegen Bogen und Pfeile und kletterte auf den Beifahrersitz. Während Lance um das Auto herumlief, um hinters Steuer zu springen, reichte Kynder Lance’ Waffen den Kindern nach hinten.
    Im Auto war es kaum leiser als draußen, aber wenigstens mussten sie nun nicht mehr aus vollem Hals schreien. Lance sagte: »Schnallt euch an, Muchachos, wir machen ’ne kleine Spazierfahrt!«
    Er ließ den Wagen an, legte den Rückwärtsgang ein und fuhr los. Sie schossen zur Ausfahrt und, kurz bevor sie das Tor erreichten, stieg Lance in die Eisen, riss das Steuer herum und driftete in eine perfekte Drehung. Alle kreischten und brüllten. Lance lachte aus vollem Herzen und bretterte die Straße hinunter.
    Einen Moment lang lag der Sturm hinter ihnen und sein entsetzliches Heulen wurde leiser. Doch dann, wie ein Riese der blindlings mit seinen großen Füßen durch die Landschaft stapft, kam etwa achthundert Meter vor ihnen eine Windhose runter.
    Lance trat auf die Bremse und alle wurden nach vorne katapultiert.
    Däumling, der auf Arties Schulter geklettert war, schrie auf: »Ach du lieber Himmel! Das ist nicht gut, Bursche.«
    Kynder wirbelte herum. »Wer hat das gesagt?« Das war jetzt doch zu viel für ihn. Als Kynder Däumling endlich sah, fiel er in Ohnmacht.
    Kay packte ihn bei den Schultern und versuchte, ihn wachzurütteln. Lance, der eine Hand an Kynders Hals gelegt hatte, sagte: »Er wird es überstehen, Kay. Sein Puls

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