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Der Untergang des Abendlandes

Der Untergang des Abendlandes

Titel: Der Untergang des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Spengler
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Hallenhof spricht nicht nur die besondere Entwicklung des basilikalen Typus in der ostsyrischen Steppe, vor allem im Hauran, sondern auch die Anordnung in Vorhalle, Schiff und Altarraum, wobei zu diesem als dem eigentlichen Tempel Stufen hinaufführen und die Seitenschiffe als ursprüngliche Hallen eines Hofes blind endigen, so daß die Apsis
allein dem Mittelschiff
entspricht. In S. Paolo zu Rom ist dieser Ursinn der Anlage sehr deutlich; aber trotzdem hat die Pseudomorphose – die
Umkehrung
des antiken Tempels – die Ausdrucksmittel bestimmt: Säule und Architrav. Wie ein Symbol wirkt der christliche Umbau des Tempels von Aphrodisias in Karien, bei welchem innerhalb der Säulenstellung die Cella beseitigt und dafür außerhalb eine neue Wand errichtet wurde. [Wulff, Altchristl. und byz. Kunst, S. 227.]
    Jenseits des Bereichs der Pseudomorphose aber konnte das Höhlengefühl seine Formensprache frei entfalten, und hier wurde deshalb
der Deckenabschluß betont
, während man dort aus Protest gegen das antike Fühlen das bloße »Innen« hervorhob. Wann und wo die verschiedenen Möglichkeiten der Wölbung, Kuppel, Gurttonnen, Kreuzgewölbe,
technisch
entstanden sind, ist, wie schon gesagt wurde, ohne Bedeutung. Entscheidend bleibt, daß um Christi Geburt mit dem Aufschwung des neuen Weltgefühls die neue Raumsymbolik begonnen haben muß, sich dieser Formen zu bedienen und sie
auf den Ausdruck
hin weiter zu entwickeln. Es läßt sich vielleicht noch nachweisen, daß die Feuertempel und Synagogen Mesopotamiens Kuppelbauten gewesen sind, vielleicht auch die Tempel des Attar in Südarabien. [Auf dessen Reichtum an Tempeln Plinius hinweist. Von einem südarabischen Tempeltypus stammt wahrscheinlich auch die Basilika als Querhaus – mit dem Eingang an der Langseite –, wie sie im Hauran vorkommt und im quergeteilten Altarraum von S. Paolo in Rom deutlich ausgeprägt ist.] Sicher war es der heidnische Marniontempel in Gaza; und lange bevor unter Konstantin das Christentum paulinischer Richtung sich dieser Formen bemächtigte, sind sie von Baumeistern morgenländischer Herkunft in alle Teile des Imperiums getragen worden, wo sie für den weltstädtischen Geschmack einen ungewohnten Reiz bedeuteten. Unter Trajan hat sie Apollodor aus Damaskus für die Wölbung des Venus- und Romatempels verwendet. Die Kuppelräume der Caracallathermen und die unter Gallienus entstandene Minerva medica sind von Syrern gebaut. Das Meisterwerk aber,
die früheste aller Moscheen
, ist der Neubau des Pantheon durch Hadrian, der hier sicherlich, wie es seinem Geschmack entsprach, Kultbauten nachahmen wollte, die er im Orient gesehen hatte. [Mit den etruskischen Rundbauten (Altmann, Die ital. Rundbauten, 1906) hat dieses Stück reiner Innenarchitektur weder technisch noch dem Raumgefühl nach irgend etwas zu tun. Dagegen entspricht es den Kuppeln in Hadrians tiburtinischer Villa.]
    Der Zentralkuppelbau, in welchem das magische Weltgefühl am reinsten zum Ausdruck gelangt, hat sich jenseits der römischen Grenze entwickelt. Für die Nestorianer wurde er die einzige Form, die sie von Armenien bis nach China hin verbreitet haben, in Gemeinschaft mit Manichäern und Mazdaisten. Aber mit dem Verfall der Pseudomorphose und dem Verschwinden der letzten synkretistischen Kulte dringt sie siegreich auch auf die Basilika des Westens ein. In Südfrankreich, wo es noch zur Zeit der Kreuzzüge manichäische Sekten gab, wurde die Form des Ostens heimisch. Unter Justinian vollzog sich in Byzanz und Ravenna die Durchdringung beider zur Kuppelbasilika. Die reine Basilika wurde in das germanische Abendland verdrängt, wo sie später durch die Energie des faustischen Tiefendranges zum Dom umgestaltet worden ist; die Kuppelbasilika breitete sich von Byzanz und Armenien nach Rußland aus, wo sie langsam wieder als Außenbau empfunden wurde, dessen Dachgestaltung der Schwerpunkt des Symbolischen ist. In der arabischen Welt aber führte der Islam als Erbe des monophysitischen und nestorianischen Christentums und der Juden wie der Perser die Entwicklung zu Ende. Als er die Hagia Sophia in eine Moschee verwandelte, nahm er ein altes Eigentum wieder in Besitz. Der islamische Kuppelbau ist dem mazdaischen und nestorianischen auf den gleichen Bahnen nach Schantung und Indien gefolgt; im fernen Westen entstanden Moscheen in Spanien und Sizilien [Vielleicht sind Synagogen als Kuppelbauten lange vor dem Islam dorthin und nach Marokko gelangt, und zwar durch das Mission

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