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Der Untergang des Abendlandes

Der Untergang des Abendlandes

Titel: Der Untergang des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Spengler
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Beziehungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos schöpferisch eingreift. [Vgl. Bd. II, S. 561.] Ganz tierhaft ist noch die Frauenlist dem Manne gegenüber und jene Bauernschlauheit im Erobern kleiner Vorteile, die sich beide von der Schlauheit des Fuchses in nichts unterscheiden und mit
einem
verstehenden Blick das ganze Geheimnis ihres Opfers durchdringen; aber darüber erhebt sich nun das Wirtschafts
denken
, das den Acker bestellt, das Vieh zähmt, die Dinge verwandelt, veredelt, tauscht und tausend Mittel und Methoden erfindet, um die Lebenshaltung zu erhöhen und die Abhängigkeit von der Umwelt in eine Herrschaft über sie zu verwandeln. Dies ist die Unterlage aller Kulturen. Die Rasse bedient sich eines Wirtschaftsdenkens, das so mächtig werden kann, daß es sich von seinen Zwecken löst, abstrakte Theorien aufbaut und sich in utopische Weiten verliert.
    Alles höhere Wirtschaftsleben entwickelt sich an und über einem Bauerntum. Nur das Bauerntum selbst setzt nichts andres voraus. [Es ist mit den Wanderscharen von Jägern und Viehzüchtern ganz ebenso, aber die wirtschaftliche Grundlage der hohen Kulturen bildet immer eine Menschenart, die fest am Boden haftet und die höheren Wirtschaftsformen ernährt und trägt.] Es ist gewissermaßen die Rasse an sich, pflanzenhaft und geschichtslos, [Vgl. Bd. II, S. 966.] ganz für sich erzeugend und verbrauchend, mit einem Blick auf die Welt, vor dem sich alles andre Wirtschaftswesen beiläufig und verächtlich ausnimmt. Dieser
erzeugenden
tritt nun eine erobernde Art von Wirtschaft entgegen, die sich der ersten als eines Objekts bedient, sich von ihr nähren läßt, sie tributpflichtig macht oder beraubt. Politik und Handel sind in den Anfängen durchaus untrennbar, beide herrenmäßig, persönlich, kriegerisch, mit einem Hunger nach Macht und Beute, der einen ganz andern Blick auf die Welt mit sich führt – nicht aus einem Winkel auf sie hinaus sondern auf ihr Gewimmel herab –, wie er sich in der Wahl des Löwen, Bären, Geiers, Falken zu Wappentieren deutlich genug ausspricht. Der Urkrieg ist immer auch Raubkrieg, der Urhandel mit Plünderung und Piraterie aufs engste verwandt. Die isländischen Sagas erzählen, wie die Wikinger oft mit der Bevölkerung einen Marktfrieden von zwei Wochen verabreden, um Handel zu treiben, worauf man zu den Waffen greift und das Beutemachen beginnt.
    Politik und Handel in entwickelter Form – die Kunst, durch geistige Überlegenheit Sacherfolge über den Gegner zu erzielen – sind beide ein Ersatz des Krieges durch andere Mittel. Jede Art Diplomatie ist geschäftlicher, jedes Geschäft diplomatischer Natur, und beide beruhen auf eindringender Menschenkenntnis und physiognomischem Takt. Der Unternehmungsgeist großer Seefahrer, wie wir sie unter den Phönikern, Etruskern, Normannen, Venezianern, Hanseaten finden, kluger Bankherren wie die Fugger und Medici, mächtiger Geldleute wie Crassus und die Minen- und Trustmagnaten unserer Tage erfordert die strategische Begabung von
Feldherrn,
wenn die Operationen glücken sollen. Der Stolz auf das Stammhaus, das väterliche Erbe, die Familientradition bilden sich hier wie dort in gleicher Weise heraus; die »großen Vermögen« sind wie Königreiche und haben ihre Geschichte; [Undershaft in Shaws »Major Barbara« ist eine echte Herrschergestalt in diesem Reiche.] und Polykrates, Solon, Lorenzo de'Medici, Jürgen Wullenweber sind durchaus nicht die einzigen Beispiele von politischem Ehrgeiz, der sich aus kaufmännischem entwickelt hat.
    Aber der echte Fürst und Staatsmann will herrschen, der echte Geschäftsmann will nur reich sein; hier trennt sich die erobernde Wirtschaft als Mittel und als Zweck. [Bd. II, S. 985. Als Mittel von Regierungen heißt sie
Finanzwirtschaft
. Die ganze Nation ist hier Objekt einer Tributerhebung in Gestalt von Steuern und Zöllen, deren Verwendung nicht etwa ihre Lebenshaltung bequemer gestalten, sondern ihre geschichtliche Lage sichern und ihre Macht erhöhen soll.] Man kann die Beute um der Macht und die Macht um der Beute willen suchen. Auch der große Herrscher wie Hoang-ti, Tiberius oder Friedrich II. will »reich an Land und Leuten« sein, aber mit dem Bewußtsein einer vornehmen Verpflichtung. Man nimmt mit gutem Gewissen und als etwas Selbstverständliches die Schätze der ganzen Welt in Anspruch und kann ein Leben in strahlendem Glanz und selbst in Verschwendung führen, wenn man sich zugleich als Träger einer Sendung fühlt wie Napoleon, Cecil

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