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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Geistliche. »Wenn das der Fall ist,
dann sagt ihn mir.«
Andrej starrte ihn nur an. Er wollte es nicht, aber er sah an der Reaktion auf dem Gesicht des Inquisitors,
dass sein Blick hasserfüllt sein musste. Schließlich nickte der Kirchenmann und deutete dann auf Elena.
»Dann erklärt mir wenigstens, was das zu bedeuten hat. Wer in Gottes Namen waren diese Leute, und
warum wollten sie meinen Tod?«
Andrej ergriff die Zügel des Hengstes und deutete zur Ruine der Mühle hinauf. »Dort oben sind zwei, die
Euch alles erklären werden«, sagte er. »Außerdem benötigen sie Eure Hilfe. Und nun lasst mich ziehen,
Pfaffe. Ich muss einen Freund beerdigen.«

ZWÖLFTES KAPITEL
    Mit dem neuen Tag waren Regenwolken von Westen her aufgezogen, und zum ersten Mal seit Wochen
linderte ein kühler Wind die grausame Hitze, mit der der Sommer das Land bisher bestraft hatte.
Trotzdem war es hier, im Schutze des kleinen Waldstreifens, der das Zigeunerlager nach Norden hin
begrenzte, so warm und stickig wie die Male zuvor, als sie hier gewesen waren. Die Schatten waren so
düster wie eh und je, und obwohl der Fluch gebrochen und zumindest dieser Teil der Welt die unheimliche
Präsenz des Bösen vielleicht nie wieder spüren sollte, war das Leben noch nicht wirklich zurückgekehrt.
Vielleicht würde es lange dauern, bevor irgend etwas atmendes wieder wagte, seinen Fuß auf diesen
Boden zu setzen, der von etwas berührt worden war, das nicht in diese Welt gehörte.
Andrej hatte sein eigenes und Abu Duns Pferd weit genug ins Unterholz hinein geführt, dass sie von außen
nicht mehr zu sehen waren. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Tiere anzubinden, aber das war
auch nicht nötig. Die beiden Hengste warteten treu genau dort, wo er sie zurückgelassen hatte, als er nach
fast einer Stunde aus dem Lager zurückkam. Er fühlte sich noch immer leer und erschöpft, aber die
Müdigkeit, die ihn nun plagte, war von einer völlig anderen, natürlichen Art, die verschwinden würde,
wenn nur genügend Zeit verstrichen war und er wieder neue Kräfte gesammelt hatte. Die Leere, die nun
ein Teil von ihm war, war es nicht. Als er Elena getötet hatte, da war auch ein Teil von ihm gestorben, und
es spielte keine Rolle, wie oft und intensiv er auch versuchte, sich selbst klarzumachen, dass das, was er
für Liebe gehalten hatte, nur böser Zauber gewesen war, und dass Elena und ihre Familie vielleicht nicht
einmal Menschen gewesen waren, sondern Kreaturen, die böser und fremdartiger waren als alles, wozu er
jemals würde werden können. Es war egal, ob das Messer in gesundes Fleisch schnitt, oder einen
Krankheitsherd entfernte, der den ganzen Körper zu vergiften drohte. Der Schmerz blieb derselbe.
Abu Dun hockte auf einem Felsen und hatte das Gesicht in den Händen vergraben, als Andrej
zurückkehrte. Er war ein wenig überrascht, den Nubier bereits wieder wach vorzufinden. Er hatte ihm
eine tödliche Verwundung beigebracht, und er hatte fest damit gerechnet, dass er viel länger brauchen
würde, um sich davon zu erholen. Als er das erste Mal getötet worden war, hatte es Tage gedauert, bis er
wieder zu sich gekommen war.
Abu Dun nahm die Hände herunter, als er die Schritte hörte.
Seine Rechte senkte sich automatisch auf den Griff des Krummsäbels, den er wieder im Gürtel trug, und
hielt inne, als er Andrej erkannte.
»Du bist schon wach«, stellte Andrej überrascht fest. »Du erstaunst mich immer wieder, Sklavenhändler.«
Abu Dun zog eine Grimasse und begann mit der linken Hand die Stelle zu massieren, an der Andrejs
Schwert seine Brust durchbohrt hatte. »Du hast mir nie gesagt, dass es so weh tut.«
»Es wird von Mal zu Mal besser«, antwortete Andrej. »Du wirst dich daran gewöhnen.«
»Werde ich das?«, fragte Abu Dun. Sein Blick verdüsterte sich, und Andrej begriff, dass er nicht den
körperlichen Schmerz gemeint hatte.
»Das wirst du wohl müssen«, sagte er kühl. »Man bekommt im Leben nichts geschenkt, weißt du? Nicht
einmal die Unsterblichkeit.«
»Aber vielleicht ist der Preis zu hoch«, murmelte Abu Dun.
»Bei Allah, was habe ich nur getan?«
»Es war nicht deine Schuld«, sagte Andrej. »Du hättest dich nicht wehren können. Nicht einmal ich
konnte es.«
Er hatte geglaubt, mit teilnahmsloser Stimme zu sprechen, aber das konnte nicht stimmen, denn Abu Dun
musterte ihn nun mit alarmiertem Blick. »Aber du hast doch -« Er sog scharf die Luft ein. Seine Augen
weiteten sich, als er die blutige Schwertklinge in Andrejs Hand

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