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Der Untertan

Der Untertan

Titel: Der Untertan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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und sympathisch, daß in dieser Schöpfung der schönere und geliebtere Teil der Mann war. »Ich fühl das Herze mir vergehn, schau ich den wonniglichen Mann«, sangen auch die Männer samt dem König. So war denn die Musik an ihrem Teil der männlichen Wonne voll, war heldisch, wenn sie üppig war, und kaisertreu noch in der Brunst. Wer widerstand da? Tausend Aufführungen einer solchen Oper, und es gab niemand mehr, der nicht national war! Diederich sprach es aus: »Das Theater ist auch eine meiner Waffen.« Kaum ein Majestätsbeleidigungsprozeß konnte die Bürger so gründlich aus dem Schlummer rütteln. »Ich habe den Lauer in die Vogtei gebracht, aber wer den ›Lohengrin‹ geschrieben hat, vor dem nehm ich den Hut ab.« Er schlug ein Zustimmungstelegramm an Wagner vor. Guste mußte ihn aufklären, es sei nicht mehr zu machen. Einmal auf so hohem Gedankenflug begriffen, äußerte sich Diederich über die Kunst im allgemeinen. Unter den Künsten gab es eine Rangordnung. »Die höchste ist die Musik, daher ist es die deutsche Kunst. Dann kommt das Drama.«
    »Warum?« fragte Guste.
    »Weil man es manchmal in Musik setzen kann und weil man es nicht zu lesen braucht, und überhaupt.«
    »Und was kommt dann?«
    »Die Porträtmalerei natürlich, wegen der Kaiserbilder. Das übrige ist nicht so wichtig.«
    »Und der Roman?«
    »Der ist keine Kunst. Wenigstens Gott sei Dank keine deutsche: das sagt schon der Name.«
    Und dann war der Hochzeitstag da. Denn beide hatten Eile: Guste wegen der Leute, Diederich aus Gründen der Politik. Um mehr Eindruck zu machen, hatte man beschlossen, daß Magda und Kienast am gleichen Tage heiraten sollten. Kienast war eingetroffen, und Diederich betrachtete ihn manchmal mit Unruhe, weil Kienast sich den Bart hatte abnehmen lassen, den Schnurrbart an den Augenwinkeln trug und auch schon blitzte. In den Verhandlungen über Magdas Gewinnanteil zeigte er einen schreckenerregenden Geschäftsgeist. Diederich, nicht ohne Besorgnis wegen des Ausgangs der Sache, wenn auch entschlossen, seine Pflicht gegen sich selbst restlos zu erfüllen, vertiefte sich jetzt öfter in seine Geschäftsbücher... Sogar am Morgen vor seiner Trauung, und schon im Frack, saß er im Kontor; da ward eine Karte gebracht: »Karnauke, Premierleutnant a. D.« — »Was kann der wollen, Sötbier?« Der alte Buchhalter wußte es auch nicht. »Na egal. Einen Offizier kann ich nicht abweisen.« Und Diederich ging selbst zur Tür.
    In der Tür aber erschien ein ungewöhnlich strammer Herr in einem grünlichen Sommermantel, der troff und den er am Halse fest geschlossen trug. Unter seinen spitzen Lackschuhen entstand sofort eine Lache, von seinem grünen Agrarierhütchen, das er merkwürdigerweise aufbehielt, regnete es. »Zunächst wollen wir uns mal trockenlegen«, versetzte der Herr und begab sich, bevor Diederich zustimmte, zum Ofen. Hier sagte er schnarrend: »Verkaufen, was? Klemme, was?« Diederich begriff nicht sogleich; dann warf er einen unruhigen Blick auf Sötbier, Der Alte hatte sich wieder an seinen Brief gemacht. »Herr Premierleutnant haben sich gewiß in der Hausnummer geirrt«, bemerkte Diederich schonend; aber es half nichts. »Quatsch. Weiß Bescheid. Nur keine Fisimatenten. Höherer Befehl. Schnauze halten und verkaufen, sonst gnade Gott.«
    Diese Sprache war zu auffallend; Diederich konnte nicht länger übersehen, daß trotz der militärischen Vergangenheit des Herrn seine ungeheure Strammheit nicht echt war und daß seine Augen verglast waren. In dem Augenblick, als Diederich dies feststellte, nahm der Herr sein grünes Agrarierhütchen vom Kopf und entleerte es seines Wassers auf Diederichs Frackhemd. Dies veranlaßte Diederich zu einem Protest, aber der Herr nahm ihn sehr übel. »Ich stehe Ihnen zur Verfügung«, schnarrte er. »Die Herren von Quitzin und von Wulckow werden in meinem Auftrag mit Ihnen reden.« Dabei zwinkerte er angestrengt — und Diederich, dem ein schrecklicher Verdacht kam, vergaß seinen Zorn, er war einzig bedacht, den Premierleutnant aus der Tür zu drängen. »Wir sprechen draußen«, raunte er ihm zu, und nach der anderen Seite, für Sötbier: »Der Herr ist sinnlos betrunken, ich muß sehen, wie ich ihn loswerde.« Aber Sötbier hatte die Lippen zusammengepreßt, die Stirn gefaltet und kehrte diesmal nicht zu seinem Brief zurück.
    Der Herr ging geradewegs in den Regen hinaus, Diederich folgte ihm. »Deswegen keine Feindschaft, reden kann man doch.« Erst nachdem auch er

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