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Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats

Titel: Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Engels
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mehrere, die nun jede als besondre Gens erscheinen, während die ursprüngliche Gens, die alle Tochtergentes umfaßt, fortlebt als Phratrie. Bei den Senekas und den meisten andern Indianern find die Gentes der einen Phratrie Brudergentes, während die der andern ihre Vettergentes sind – Bezeichnungen, die im amerikanischen Verwandtschaftssystem, wie wir sahn, einen sehr reellen und ausdrucksvollen Sinn haben. Ursprünglich durfte auch kein Seneka innerhalb seiner Phratrie heirathen, doch ist dies längst außer Gebrauch gekommen und auf die Gens beschränkt. Tradition der Senekas war, daß Bär und Hirsch die beiden ursprünglichen Gentes seien, von denen die andern abgezweigt. Nachdem diese neue Einrichtung einmal eingewurzelt, wurde sie nach dem Bedürfniß modifizirt; starben Gentes einer Phratrie aus, so wurden zuweilen zur Ausgleichung ganze Gentes aus andern Phratrien in jene versetzt. Daher finden wir bei verschiednen Stämmen die gleichnamigen Gentes verschieden gruppirt in den Phratrien.
    Die Funktionen der Phratrie bei den Irokesen sind theils gesellschaftliche, theils religiöse. 1. Das Ballspiel spielen die Phratrien gegen einander; jede schickt ihre besten Spieler vor, die Uebrigen sehen zu, jede Phratrie besonders aufgestellt, und wetten gegen einander auf das Gewinnen der Ihrigen. – 2. Im Stammesrath sitzen die Sachems und Kriegführer jeder Phratrie zusammen, die beiden Gruppen einander gegenüber, jeder Redner spricht zu den Repräsentanten jeder Phratrie als zu einer besonderen Körperschaft. – 3. War ein Todtschlag im Stamm vorgekommen, wo Tödter und Getödtete nicht zu derselben Phratrie gehörten, so appellirte die verletzte Gens oft an ihre Brudergentes; diese hielten einen Phratrienrath und wandten sich an die andre Phratrie als Gesammtheit, damit diese ebenfalls einen Rath versammle zur Beilegung der Sache. Hier tritt also die Phratrie wieder als ursprüngliche Gens auf, und mit größerer Aussicht auf Erfolg als die schwächere einzelne Gens, ihre Tochter» – 4. Bei Todesfällen hervorragender Leute übernahm die entgegengesetzte Phratrie die Besorgung der Bestattung und der Begräbnißfeierlichkeiten, während die Phratrie des Verstorbenen als leidtragend mitging. Starb ein Sachem, so meldete die entgegengesetzte Phratrie die Erledigung des Amts dem Bundesrats der Irokesen an. – 5. Bei der Wahl eines Sachems kam ebenfalls der Phratrienrath in's Spiel. Bestätigung durch die Brudergentes wurde als ziemlich selbstverständlich angesehn, aber die Gentes der andern Phratrie mochten opponiren. In solchem Fall kam der Rath dieser Phratrie zusammen; hielt er die Opposition aufrecht, so war die Wahl wirkungslos. – 6. Früher hatten die Irokesen besondre religiöse Mysterien, von den Weißen medecine-lodges genannt. Diese wurden bei den Senekas gefeiert durch zwei religiöse Genossenschaften, mit regelrechter Einweihung. für neue Mitglieder; auf jede der beiden Phratrien entfiel eine dieser Genossenschaften. – 7. Wenn, wie fast sicher, die vier linages (Geschlechter), die die vier Viertel von Tlascalá zur Zeit der Eroberung bewohnten, vier Phratrien waren, so ist damit bewiesen, daß die Phratrien wie bei den Griechen und ähnliche Geschlechtsverbande bei den Deutschen, auch als militärische Einheiten galten; diese vier linages zogen in den Kampf, jede einzelne als besondre Schaar, mit eigner Uniform und Fahne und unter eignem Führer.
    Wie mehrere Gentes eine Phratrie, so bilden, in der klassischen Form, mehrere Phratrien einen Stamm; in manchen Fällen fehlt bei stark geschwächten Stämmen das Mittelglied, die Phratrie. Was bezeichnet nun einen Indianerstamm in Amerika?
    1. Ein eignes Gebiet und ein eigner Name. Jeder Stamm besaß außer dem Ort seiner wirklichen Niederlassung noch ein beträchtliches Gebiet zu Jagd und Fischfang. Darüber hinaus lag ein weiter, neutraler Landstrich, der bis an's Gebiet des nächsten Stammes reichte, bei sprachverwandten Stämmen geringer, bei nicht sprachverwandten größer war. Es ist dies der Grenzwald der Deutschen, die Wüste, die Cäsars Sueven um ihr Gebiet schaffen, das îsarnholt (dänisch jarnved, limes Danicus zwischen Dänen und Deutschen, der Sachsenwald und der branibor (slavisch = Schutzwald), von dem Brandenburg seinen Namen trägt, zwischen Deutschen und Slawen. Das solchergestalt durch unsichre Grenzen ausgeschiedne Gebiet war das Gemeinland des Stamms, von Nachbarstämmen als solches anerkannt, von ihm selbst gegen Uebergriffe

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