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Der Utofant

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Titel: Der Utofant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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kommen lassen, daß sie als wirkliche erkannt werden. Befreit von körperlicher Last, gewinnt man doch ganz andere Räume, ganz andere Möglichkeiten. Man braucht keine Maschinen mehr zu bauen, sie nicht zu konstruieren und zu materialisieren, man braucht sie nur zu denken und dadurch sie als solche anerkennen. Das führte im Lauf der jahrmillionenlangen Entwicklung zum Ausschalten aller überflüssigen körperlichen Teile, so daß bei den Logirrlogs nur noch das Geistige übrigblieb. Mehr noch, das Geistige wurde ein Reinvergnügen. Abstrakt gesehen, bauen die Logirrlogs die ungeheuerlichsten Maschinen und Anlagen, die jemals Lebewesen zustande brachten. Im Reich der Logirrlogs herrscht ständiger Wettbewerb ums Höchste, Beste. Ums beste Abstraktum, wenn Sie mir folgen können. Da kommen wir nicht mit. Logirrlogs haben Brücken gebaut, die reichen von einem Gestirn zum anderen. R: Ich muß naiv fragen. Wo sind die Brücken? L: Rein geistige natürlich.
    R: Das kann ich auch, indem ich mir eine Brücke zum Beispiel von der Erde bis zum Mars vorstelle.
    L: Damit ist das noch lange keine Brücke. Denn solche Brücken wirklich zu bauen,
sie so zu bauen, daß sie notfalls materialisierbar wären, das heißt die Formel für
eine solche Brücke aufzustellen.
R: Und diese Formel lautet?
    L: Ich habe sie mir aufgeschrieben. Ich kann sie aber nicht zitieren. Sie füllt dreihundertsiebenundsechzig Seiten.
    R: Könnten wir diese Formel nehmen und danach eine Brücke von der Erde zum Mars errichten?
    L: Sie kommen und kommen nun einmal nicht aus Ihrem materiellen Denkschema. Solche Brücken sind nur abstrakt baubar. Man kann nur geistig darüberschreiten. Denn dieser geistige Brückenbau erfolgt ja unter Ausschaltung jeglicher Materialisierungselemente wie Beton, Eisen und was es sonst noch an banalem Zeug gibt. Und ich verrate Ihnen, es gibt unendliche Konstruktionsvariationen, die dafür interessierten Logirrlogs entwerfen immer neue, und eine eleganter als die andere. R: Was haben sie davon?
    L: Nun, das Abstraktvergnügen. Nirgendwo geht es heiterer zu als bei den Logirr
logs. Logirrlogs existieren im geistigen Sinne endlos, unbeschränkt, und ihre Zahl
ist endlos, sie zeugen endlos.
R: Und bauen Brücken, endlos, ich verstehe.
L: Der Brückenbau fängt an, bei ihnen zu veralten. Brücke ist ihnen als Begriff
heute schon zu konkret, er wird ersetzt durch Kommunikationsvariante, sie spre
chen gar nicht mehr von Brücken, ich habe Brücke hier nur gesagt, um mich ver
ständlich auszudrücken.
R: Erlauben Sie die simple Frage, wovon leben Logirrlogs?
L: Ich würde sagen, von der Abstraktion der Abstraktion.
    R: Sie müßten doch was haben, was diese Abstraktionen bei ihnen in Bewegung setzt. Wenn sie konkrete Nahrung, als da sind Ionen, Naturgase, Spurenelemente, verschmähen, so brauchen doch die komplizierten Denkprozesse etwas, was sie in Gang setzt. Kein Motor läuft ganz ohne Treibstoff.
    L: Die Abstraktion der Abstraktion setzt sie in Bewegung. Wie soll ich es erklären.
Abstraktionen erzeugen Abstraktionen.
R: Und davon kann man leben?
    L: Leben im Sinne des Begriffes Abstraktion. Abstrakt leben. Im Sinne von Abstraktionen hervorbringen.
    R: Sie existieren also nicht im irdischen Sinne. Halten Sie, Herr Professor, das für nachahmenswert?
    L: Es ist nach meiner Ansicht der einzige Weg, den wir als Menschheit noch beschreiten können. Wie ich vorhin schon angedeutet habe: Alle Materialisierungsprobleme – Ernährung der Bevölkerung, Geburtenregelung, Beschaffung von Rohstoffen, Energiefragen, Rüstungsneurosen – ließen sich im Handumdrehen bewältigen, ja lösen, wenn wir das törichte Verlangen nach Materialisierung aufgeben würden. Wenn wir Probleme schon als gelöst betrachten würden, sobald sie geistig gelöst worden sind.
    R: Der Mensch ist leider noch so strukturiert, daß er bestimmte materielle Dinge für seine Erhaltung braucht.
    L: Natürlich läßt sich die Entwicklung nicht von heute auf morgen durchsetzen. Ich würde eine Nacheinanderschritt-Therapie empfehlen, die, zielbewußt angewandt, und dabei kämen uns die Erfahrungen der Logirrlogs zugute, schneller zum Ziele führen würde als bei den Logirrlogs, so daß wir in einigen tausend Jahren, vielleicht schon einigen hundert, den Stand der Logirrlogs erreichen könnten. Zunächst einmal muß das Bewußtsein geweckt werden, der Wunsch, die Vorstellung, es den Logirrlogs gleichzutun. Ein Logirrlogziel muß aufgestellt und popularisiert werden. Dann

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