Der Utofant
ihm klarzumachen, was ich mit dieser Fühligkeit, mit diesem Sympathiebestreben, mit dieser gewissen Atmosphäre, diesem bestimmten Etwas, meinte. Es kam eben zu immer ekelhafteren Beschimpfungen. Er nannte mich Fühlziege, Sinnlichkeitstier. Ich nannte ihn Abstraktscheusal, wandelnde Trockensubstanz. Darauf behauptete er, die Logirrlogs hätten das bei mir bewirkt, damit sie uns entzweien, es sei nur eine Folge des Krieges zwischen uns und den Logirrlogs. Die taten uns doch gar nichts! Wir könnten noch dort sein, wenn uns die Lebensmittel nicht ausgegangen wären. Es war doch bloß ein Spiel.
R: Ist das Logirrlog-System auf uns irdische Wesen übertragbar? Was meinen Sie? C: Überhaupt nicht, wir leben ja unter ganz anderen Bedingungen. Eins könnte man aber von ihnen lernen, nicht mehr so grob zu reagieren.
L: Womit nun, wie wäre es auch anders bei irdischen, körperlichen Wesen zu erwarten, wieder einmal eine handfeste, aber nichtsdestoweniger simplifizierte Schlußfolgerung aus dieser Expedition gezogen wird. Ich konstatiere, der Mensch ist noch nicht reif, sich in die wirklich höheren Regionen, wie sie das LogirrlogSystem bietet, zu begeben. C: Er kann nichts dafür… Es war zu anstrengend für ihn.
Der ungewöhnliche Brief
Die grüne Stadt
Mein lieber alter Freund,
ich nehme an, Sie haben mir geschrieben und vielleicht auch versucht, mich anzurufen. Zu Ihrer Kenntnis: Die Postleitzahl der Stadt steht zwar noch im Verzeichnis, doch zugestellt wird Post nicht mehr, es wird auch keine herbefördert. Die telefonischen Verbindungen sind abgebrochen. Hier hält kein Zug, und Autos machen einen Bogen um die Stadt. Damit Sie nun nicht glauben, ich sei gestorben, habe ich mich heute dazu aufgerappelt, eine alte Schreibmaschine, die hier rumstand, zu ergreifen, um Ihnen dieses Lebenszeichen aus unserer Stadt zu geben, wo wir beide so viele Jahre bei 50 Grad an der Decertationsanlage schwitzten, um Canolith-Exhaustorpumpen mit kosmosfestem Lack zu überziehen.
Manchmal komme ich an dem Schild vorbei, das schon am Stadteingang drauf hinweist, daß hier die Metropole der Canolith-Exhaustorpumpen sei. Es ist verwittert und bemoost. Nur ich, der weiß, wie der Text heißen muß, kann ihn aus seinen Resten noch zusammenstoppeln. Wie haben wir damals die Welt und schließlich auch den Kosmos mit unseren fabelhaften Pumpen überschüttet! Das heißt, es war der Wunsch der Direktion, daß wir sie überschütteten.
Nun weiß kein Mensch mehr, was Canolith-Exhaustorpumpen mit kosmosfestem Lack gewesen sind.
Lieber Freund, wir haben unser Geld gemacht. Dieses Bewußtsein richtet einen moralisch auf, wenn man nun hört, daß bessere Pumpen erfunden worden sind, für die wir das Nohau nicht hatten. Sie haben das schon früher geahnt und sich nach einer anderen Arbeit umgesehen. Wir produzierten noch wie wild, da sagten Sie, hier geht’s zu Ende, hier kommt nichts mehr, hier läuft es rückwärts, wobei Sie auf die brüchigen Fabrikanlagen wiesen, das aufgeworfene, vom vorletzten Winter gesprengte Straßenpflaster, die hohen Gräser auf den Dächern, die Disfunktion des Kanalisationssystems, das Eindringen von Busch- und Baumgewächs und die Vermehrung der Stadtkaninchen, Stadtmaulwürfe und Stadtwaldvögel. Ich fragte, was hat das mit der Canolith-Exhaustorpumpenproduktion zu tun? Sie sagten, ich meine ja nicht nur die Pumpen, hier geht’s zu Ende, meine ich. Dies sind die Zeichen.
Ich sagte, diese Zeichen seien äußerlich. Etwas Natur in unserer Stadt, sei das nicht schön?
Sie sagten, schön oder nicht schön, es ist die höchste Zeit, hier abzubauen. An einem Wochenende fuhren Sie mich mit Ihrem Auto, das Sie mit kosmosfestem Canolith-Exhaustorpumpenlack besprüht hatten, zur Stadt hinaus, bis wir in eine Feldmark kamen, wo zwei, drei alte Eichen um ein paar grüne Buckel standen, die aus der Ebene ragten. Sie sagten, es seien Mauerreste eines Dorfes, die in das Erdreich eingesunken, mit Flugerde und Grünzeug überdeckt und von der Landschaft nach und nach verschlungen worden seien. Sie sagten weiter nichts, ich merkte aber, daß Sie ähnliches für unsere Stadt vorauserblickten.
Ich konnte nicht verstehen, daß Sie Brennessel, Huflattich, Löwenzahn, Schafgarbe auf unseren Gehwegen als Untergangssymptom betrachteten und, wenn die Samen, Pollen, nun diese Fortpflanzungsgebilde unserer Bäume wie Schneetreiben die Luft erfüllten, unruhig wurden und angesichts der Generalversammlung der Krähen, Raben, Dohlen,
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