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Der Väter Fluch

Der Väter Fluch

Titel: Der Väter Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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»Er hatte das Gefühl, dass du in Lebensgefahr schwebst.«
    Sie schloss die Augen. »Gar nicht schlecht für einen Itzig... hätte nicht gedacht, dass so ein Wichser wie du... das tun würde.«
    Jacob antwortete nicht, sondern starrte auf ihr bandagiertes Gesicht. »Ich schätze, Vergewaltigungsphantasien sind besser als eine echte Vergewaltigung.«
    Abrupt öffnete sie die Augen und sah ihn wütend an. »Du Arschloch!«
    Jetzt wurde Jacob laut. »Seitdem bin ich in den Augen meines Vaters der letzte Dreck - und das nur, um dein Leben zu retten! Du hast Nerven, mich einen Itzig und Wichser zu nennen!«
    »Halt die Klappe, okay ?« Ihr Atem ging schwer und stoßweise. Nach einer Weile sagte sie leise: »Es gibt Schlimmeres im Leben, als ein Itzig und ein Wichser zu sein.« Wieder schloss sie die Augen. »Ich wander ins Gefängnis. Nicht wegen der Morde - davon hab ich nichts gewusst -, sondern wegen der Computergeschichte. Das halbe FBI steht vor meiner Tür.« Sie versuchte zu lächeln. »Als ob ich irgendwohin gehen könnte.«
    Jacob reagierte nicht.
    »Ich bin zwar... Ersttäterin und... von meinem Vater missbraucht worden... sodass ich eigentlich Bewährung kriegen müsste. Aber keine Chance. Zu viele Tote. Ich muss meine Zeit absitzen.«
    »Das tut mir Leid«, log Jacob.
    »Nein, tut es nicht.«
    »Ja, du hast Recht.«
    Die aufgequollenen Lippen versuchten, sich zu einem Lächeln zu verziehen. »Ach, Scheiß drauf! Ich werd die Filmrechte für teures Geld verkaufen. Außerdem... sind Lesben gar nicht so schlecht. Ich bevorzuge zwar Jungs, aber... Muschis lecken kann ich besser als jeder Mann.«
    »Schon wieder ganz die Alte, wie?«
    »Du mich auch, Lazarus!«, höhnte Ruby. »Selbstgerechter Wichser. Dein Gott hat vielleicht verhindert, dass du die Uniform angezogen hast... aber Er konnte nicht verhindern, dass du wie ein Kaninchen gerammelt und es auch genossen hast, Mann.« Der Hieb saß. Jacob versuchte, die Erinnerung wie eine tote Haut abzustreifen. »Wenn ich nicht völlig zugedröhnt gewesen wäre...«
    »Ach, wirklich? Ja, ja, versuch dich nur rauszureden! Zuerst warst du zugedröhnt, aber später... war die Wirkung weg. Du hättest die ganze Nacht rumgemacht, Yonkie, wenn ich dich nicht gebremst hätte!«
    Der nächste Volltreffer! Jacob sank in sich zusammen. Er wich ihrem Blick aus. »Also gut, es hat mir gefallen. Na und?«
    »Na und? Du hast mich gehasst... aber mich trotzdem gevögelt. Was sagt dir das wohl über dich selbst?«
    »Das sagt, dass ich ein Idiot bin. Glückwunsch, Ruby. Du hast es mir richtig gezeigt.«
    Es gelang ihr, den Mund zu einem selbstgefälligen Lächeln zu verziehen, das aber nicht lange anhielt, denn einen Moment später traten ihr Tränen in die Augen. »Schreibst du mir, wenn ich im Gefängnis bin?«
    Ihre Stimme klang so traurig, dass er erschrak. Aber sein Hass war stärker als sein Mitgefühl. »Nein, das werde ich nicht tun.«
    »Vielleicht eine kleine Geburtstagskarte? Für dein erstes Mädchen?«
    Er drehte sich zu ihr und sah, wie ihre Tränen auf die Bandage tropften. Sie weinte Blut. Ihre Stimme klang leise und zittrig... flehentlich, wie an jenem besagten Abend. Und plötzlich dämmerte es ihm. Trotz all des coolen Gehabes und der hässlichen Worte, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, mochte sie ihn. Er warf einen Blick auf den Monitor und verfolgte die Herzfrequenzkurven, wie er es im Biologieunterricht gelernt hatte. Ja, sogar Ruby hatte ein Herz. »Wann hast du Geburtstag?«
    »Am fünfundzwanzigsten August.«
    »Okay. Ich schick dir eine Karte.«
    Beide schwiegen.
    Ruby schloss die Augen. »Du warst die Nummer eins unter den Jungs, Lazarus... der feuchte Traum aller Mädels. Und deshalb hab ich dich ja auch gekriegt. Wenn du erst mal raushast... was du tun musst... wirst du bestimmt irgendein hübsches jüdisches Mädchen sehr glücklich machen... da bin ich mir sicher.«
    Jacob fühlte sich fast ein bisschen geschmeichelt. »Das will ich doch hoffen.«
    Da war sein Schlusssatz. Wortlos drehte er sich um und verließ den Raum. Sein Stiefvater stand am Ende des Flurs und unterhielt sich mit jemandem vom FBI, aber als er Jacob sah, unterbrach er das Gespräch.
    »Alles klar?«, fragte Decker.
    Jacob nickte.
    Schweigend gingen sie den langen Flur entlang, vorbei an einem Krankenpfleger, der einen Wagen mit blutgefüllten Phiolen vor sich herschob. Als sie allein und außer Hörweite waren, sagte Decker: »Du bist nicht der letzte Dreck.«
    Jacob errötete.

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