Der Vampyr
konzentrieren, aber dann stand er doch auf und stürmte aus der Kabine. Abu Dun wartete, bis er die Tür hinter sich zugeworfen hatte, dann wandte er sich mit einem fragenden Blick an Andrej.
»Du feilschst mit mir und hast nichts zu bieten, Deläny?« Er schüttelte den Kopf.
»Du enttäuschst mich.«
»Das hast du gewusst, als du mir diesen Vorschlag gemacht hast«, sagte Andrej.
»Vielleicht«, sagte Abu Dun. Seine Augen wurden schmal. Er mus-terte Andrej auf eine Art, die diesem nicht gefiel.
»Also, was willst du?«, fragte Andrej.
»Ich habe nichts.«
»Du hast etwas«, behauptete Abu Dun.
»Dich.«
»Mich?« Andrej blinzelte.
»Du verlangst mich? Als Sklaven?«.
»Das wäre ziemlich töricht«, antwortete Abu Dun. Er klang jetzt ein bisschen unruhig.
»Wer würde schon einen Sklaven halten, der fähig ist, Dinge zu tun, wie du sie tun kannst; und dich zu verkaufen wäre nicht sehr klug.
Tote Kunden sind keine sehr zufriedenen Kunden.«
»Was willst du dann?«, fragte Andrej. Er hatte ein ungutes Gefühl.
»Ich will so werden wie du«, sagte Abu Dun gerade heraus. Es dauerte einen Moment, bevor Andrej antwortete. Er wählte seine Worte sehr sorgfältig.
»Damit ich dich richtig verstehe, Abu Dun«, begann er.
»Du hältst mich für einen Dämonen, aber du willst trotzdem, das …«
»Du bist so wenig ein Dämon wie ich«, unterbrach ihn Abu Dun.
»Ich glaube nicht an all diesen Unfug von Dämonen und Geistern, und ich glaube auch nicht, das ich mein Seelenheil aufs Spiel setze, wenn ich mich mit dir einlasse. Wenn es so etwas wie den Teufel gibt, so gehört ihm meine Seele ohnehin schon. Ich habe also nichts zu verlieren. Aber eine Menge zu gewinnen. Ich will deine Geheimnisse kennen lernen, Deläny.«
»Selbst wenn ich es wollte, könnte ich sie dir nicht verraten«, sagte Andrej.
»Wieso nicht?«, fauchte Abu Dun.
»Weil ich sie nicht kenne«, erwiderte Andrej.
»Ich bin, was ich bin. Aber ich weiß nicht, wer mich dazu gemacht hat. Oder warum. Oder gar wie.«
»Und wenn du es wüsstest, würdest du es mir nicht verraten«, sagte Abu Dun nickend.
»Ich verstehe.« Er schüttelte ein paar Mal den Kopf.
»Ich habe von Männern wie dir gehört, Andrej Deläny. Männer, die sich unsichtbar machen können. Die durchs Feuer schreiten und sich schnell wie der Wind zu bewegen vermögen und die unsterblich und unverwundbar sind. Ich habe gedacht, es wäre nur ein Märchen, aber nun stehe ich einem von ihnen gegenüber.«
»Das meiste von dem, was du gehört hast, ist zweifellos übertrieben«, sagte Andrej vorsichtig.
»Du bist zu bescheiden, Deläny«, sagte Abu Dun.
»Ich weiß, was ich gesehen habe.« Er kam näher, streckte die Hand aus und machte dann eine blitzartige Bewegung, sodass einer der mit schweren Edelsteinen besetzten Ringe an seinen Fingern Andrejs Wange aufriss. Der Kratzer tat nicht besonders weh, aber er blutete. Andrej wollte die Hand an die Wange heben, aber Abu Dun ergriff blitzartig sein Gelenk und zwang den Arm herunter. In seinen Augen war nicht die geringste Regung zu erkennen, als er dabei zusah, wie sich der Schnitt in Andrejs Wange schloss.
»Und ich weiß, was ich sehe.« Andrej riss sich los.
»Du irrst dich, wenn du glaubst, das ich dir dazu verhelfen könnte«, sagte er.
»Ebenso gut könnte ich von dir erwarten, mich so schwarz zu machen, wie du es bist.«
»Das glaube ich dir sogar, Deläny«, sagte Abu Dun.
»Also, hier mein Vorschlag: Ich setzte deine Leute im nächsten Ha-fen ab, von dem aus sie sicher in ihr Heimatdorf zurückkehren können. Sie bleiben unter Deck, und sie bekommen zu essen und zu trinken. Ich lasse ihre Ketten lösen, wenn du es wünschst, aber ich will sie nicht an Deck sehen. Die Reise wird vier oder fünf Tage dauern, allerhöchstens sechs. Sie sind dort unten besser aufgehoben als oben an Deck.«
»Und was verlangst du dafür?«, fragte Andrej misstrauisch.
»Ich hatte erhebliche Unkosten«, sagte Abu Dun.
»Ich habe für deine Leute bezahlt, Deläny. Sie essen und trinken und ich werde nichts für sie bekommen. Meine Mannschaft verlangt den Anteil an einem Gewinn, den ich nicht haben werde, und der Schwarze Engel weiß, was uns auf dem Weg die Donau hinauf erwartet. Du hast es selbst gesagt: Dein Freund Domenicus wird nicht begeistert sein, wenn er erfährt, das ich deine Familie nach Hause gebracht habe, statt sie auf dem Sklavenmarkt zu verkaufen.«
»Anscheinend ist alles wahr, was man sich über arabische
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