Der Vampyr
wurde. Tepesch fiel lautlos nach hinten. Sein Kopf war fast abgetrennt. Frederic ließ das Messer fallen. Seine Zähne gruben sich tief in Tepeschs Hals. Für die Dauer eines Herzschlages schien die Zeit einfach stillzustehen.
Mehrere von Mehmeds Kriegern waren losgerannt, doch selbst diese abgehärteten Männer prallten entsetzt zurück, als sie sahen, was der junge tat. Einzig Andrej und Mehmed bewegten sich auf Frederic und Tepesch zu, so schnell sie konnten. Andrej war ihm deutlich näher, aber Mehmed saß bereits auf seinem Pferd und sprengte rücksichtslos durch die Reihe seiner eigenen Männer hindurch. Er erreichte Frederic und Dracul den Bruchteil eines Augenblicks vor Andrej. Sein Schwert fuhr in einem geraden, ungemein wuchtigen Stich nach unten und durchbohrte Frederic und Tepesch gemeinsam. Frederic hörte auf, sich zu bewegen, und lag plötzlich still. Tepesch bäumte sich noch einmal auf und öffnete den Mund zu einem Schrei, der lautlos verhallte. Im letzten Moment, bevor er starb, sah er Andrej noch einmal an, und in seinen Augen war ein Ausdruck, der Andrej einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ. Dann sank sein Kopf zurück und er war tot. Mehmed sprang mit einem Fluch aus dem Sattel. Andrej ließ sich neben Frederic auf die Knie fallen und wälzte ihn von Tepesch herunter auf den Rücken. Frederics Augen standen weit offen und waren ohne Leben. Die tiefe Wunde in seiner Brust blutete noch, aber Andrej sah, dass das Schwert sein Herz verfehlt hatte.
»Warum hat er das getan?«, brüllte Mehmed. Er war außer sich vor Zorn.
»Hast du es ihm gesagt? War es dein Befehl?« Andrej hob Frederics leblosen Körper auf die Arme und stand auf.
»Tepesch hat ihn gefoltert«, sagte er leise.
»Unten, in seinem Keller. Ich wusste, dass es schlimm war, aber ich wusste nicht, dass … dass er ihn so sehr hasst. Er war noch ein Kind.« Mehmeds Blick tastete über Tepeschs aufgerissene Kehle, dann über Frederics blutverschmierte Lippen und dann wieder hinab zu Tepeschs Gesicht.
»Ein Kind«, murmelte er.
»ja, vielleicht. Aber vielleicht ist es gut, dass aus diesem Kind niemals ein Mann wird.«
»Gewährt Ihr mir noch eine letzte Bitte?«, fragte Andrej. Mehmed sah ihn fragend an.
»Ich möchte ihn begraben«, sagte Andrej.
»Drüben im Wald, nicht auf diesem blutgetränkten Boden. Er hat getötet, aber er war noch ein Kind. Vielleicht hat Gott ein Einsehen mit seiner Seele und lässt Gnade vor Recht ergehen.« Mehmed verzog angewidert die Lippen.
»Tu, was du willst«, sagte er. Er steckte sein Schwert ein, sprang in den Sattel und zwang das Pferd mit einer so brutalen Bewegung heran, dass das Tier ein erschrockenes Wiehern ausstieß und auszubrechen versuchte.
»Wir brechen auf!«, rief er.
»Bringt Tepeschs Kopf mit! Ich will ihn morgen auf meiner Zeltstange haben, wenn wir unser Lager aufschlagen! « Seine Männer schwangen sich rasch in die Sättel. Einer der Krieger trennte mit einem Hieb Tepeschs Kopf ab und stieg dann ebenfalls auf sein Pferd, wobei er Tepeschs abgeschlagenes Haupt wie eine Trophäe an den Haaren schwenkte, zwei andere gossen Öl über Tepeschs kopflosem Leib aus und steckten ihn in Brand. Die Flammen brannten so hoch und heiß, dass Andrej einige Schritte zurückwei-chen musste. Der Gestank von brennendem Fleisch stieg ihm in die Nase und weckte Übelkeit in ihm. Trotzdem blieb er reglos stehen, während sich die Männer vor ihm zu langen Reihen formierten und dann in scharfem Tempo aus dem Tor ritten. Als die letzten Hufschläge verklangen, öffnete Frederic die Augen und sagte:
»Du kannst mich jetzt runterlassen.« Andrej setzte ihn behutsam zu Boden und trat einen Schritt zurück. Er versuchte, in Frederics Augen zu lesen, aber es gelang ihm nicht.
»Du Wahnsinniger!«, keuchte Abu Dun.
»Warum hast du das getan? Du hättest uns alle umbringen können, ist dir das klar?«
»Habe ich aber nicht, oder?«, Frederic drehte sich mit einem Achselzucken um und sah in die Flammen, die Tepeschs Körper ver-zehrten. Rotes Licht spiegelte sich auf seinem Gesicht und verlieh ihm das Aussehen eines Gehäuteten.
»Der Einfall mit dem Begraben war nicht schlecht«, sagte er spöttisch.
»Einen Moment lang hatte ich wirklich Angst, dass sie mich auch verbrennen würden - oder ob er nicht noch Platz für einen zweiten Kopf auf seiner Zeltstange hätte. Aber ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann, Deläny.« Andrej zog sein Schwert. Die Bewegung war sehr
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