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Der Vampyr

Titel: Der Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zahlreiche Dinge ein, die er lieber getan hätte. Trotzdem nickte er.
    »Es ist am besten so. Du wirst sie nach Hause begleiten und ich werde nachkommen. Etwas später.«
    »Nach einem Jahr!«
    »Ein Jahr ist kurz«, sagte Andrej.
    »Es bedeutet nicht viel. Für mich noch weniger als für die meisten anderen.«
    »Du glaubst tatsächlich, das Abu Dun Wort hält«, sagte Frederic.
    »Er wird warten, bis er hat, was er von dir will, und dich dann tö-
    ten.«
    »Es ist nicht so leicht, mich zu töten.«
    »Kann man dich …« Frederic verbesserte sich.
    »Kann man uns überhaupt töten?«
    »Oh ja«, antwortete Andrej. Es war nicht das erste Mal, das Frederic versuchte, das Gespräch auf dieses Thema zu lenken. Bisher hatte Andrej es stets unterbunden. Frederic war viel zu jung. Er konnte einfach nicht mit allem fertig werden, was auf ihn einstürmte. Und da war noch etwas: Manchmal glaubte er, etwas Dunkles an dem Jungen zu spüren, das ihn erschreckte. Aber sie würden nicht mehr lange zusammen sein und es gab ein paar Dinge, die er Frederic sagen mußte.
    »Es gibt viele Methoden, uns zu töten, Frederic. Wenn man dich enthauptet, bist du tot. Wenn man dir das Herz aus dem Leib reißt, bist du tot. Wenn man dich verbrennt, bist du tot … Wir sind nicht unverwundbar, Frederic, und schon gar nicht unsterblich. Unsere Körper sind nur …« Er suchte nach Worten.
    »Erheblich widerstandsfähiger als die der meisten anderen. Unsere Wunden heilen schneller.«
    »Wie bei einem Salamander, dem ein Schwanz oder ein Bein nachwächst, wenn man es ihm abschneidet«, sagte Frederic.

    »Wenn man einem Salamander den Kopf abschneidet, ist er tot«, sagte Andrej ernst. Frederic wollte etwas erwidern, aber Andrej schüttelte den Kopf und fuhr fort:
    »Du darfst deine Unverwundbarkeit niemals als Waffe einsetzen, hörst du? Niemand darf davon erfahren.«
    »Das weiß ich längst«, sagte Frederic.
    »Außerdem wissen schon viele um dieses Geheimnis. Vater Domenicus und … «
    »Er wird es niemandem erzählen«, unterbrach ihn Andrej, »selbst wenn er es tatsächlich überlebt haben sollte, das du ihm einen Dolch durch die Kehle gestoßen hast.«
    »Ich wollte nur, ich wäre sichergegangen, das er wirklich tot ist«, sagte Frederic feindselig.
    »Vielleicht ist er ja auch schon längst tot«, sagte Andrej leise, während ein ganz anderes Bild als das des grausamen Kirchenfürsten vor seinem inneren Auge aufstieg: das von Domenicus’ Schwester Maria, die er in Constäntä unter dubiosen Umständen kennen gelernt hatte. Zu behaupten, Maria hätte ihm den Kopf verdreht, wäre maßlos untertrieben gewesen. Doch Frederic hatte den verhassten Inquisitor Domenicus auf dem Markplatz von Constäntä niederge-stochen: Mit dieser Tat hatte er seine von der Inquisition ermorde-ten oder verschleppten Verwandten rächen wollen, doch zwischen ihm und Maria war es deswegen zum Bruch gekommen. Im Grunde genommen hatten Andrej und die verwöhnte junge Frau von Anfang an zwei feindlichen Lagern angehört. Das allerdings änderte nichts daran, das er noch immer tiefe Gefühle für das schlanke, dunkelhaarige Mädchen hegte. Fast gewaltsam riss er sich von seinen Erinnerungen los.
    »Und Abu Dun und seine Piraten? Du wirst sie töten, sobald wir in Sicherheit sind, habe ich Recht?«
    »Nein, Frederic, das werde ich nicht tun«, sagte Andrej ernst. Da war sie wieder, diese Dunkelheit, die er manchmal in Frederic spür-te und die ihn erschreckte. Der junge sprach in letzter Zeit ein bisschen zu viel vom Töten.
    »Nur weil unsere Leben länger dauern als ihre und wir schwerer zu töten sind, sind wir nicht besser. Wir haben nicht das Recht, nach Belieben Menschen niederzumetzeln.«
    »Piraten«, sagte Frederic verächtlich.
    »Wir sind nicht ihre Richter«, sagte Andrej scharf.
    »Willst du so werden wie die Männer in den goldenen Rüstungen?«
    »Du bist doch auch ein Krieger, oder?«
    »Ich bin ein Schwertkämpfer«, antwortete Andrej.
    »Ich wehre mich, wenn ich angegriffen werde. Ich verteidige mich, wenn es um mein Leben geht. Ich töte, wenn ich es muss. Aber ich ermorde niemanden.«
    »Und du glaubst, das wäre ein Unterschied?« Andrej seufzte.

    »Du musst noch sehr viel lernen, Frederic«, sagte er.
    »Zeit genug dazu habe ich ja«, sagte Frederic düster.
    »Werde ich immer ein Kind bleiben?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Andrej.
    »Ich bin gealtert, seit … es geschah. Wir sind nicht unsterblich. Ich weiß nicht, wie alt wir werden, doch

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