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Der verborgene Charme der Schildkröte

Titel: Der verborgene Charme der Schildkröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stuart
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von ihren unschuldigen weißen Gesichtern und ihren flauschigen schwarzen Ohren, vor dem Käfig der Weißkopf-Büschelaffen stehen. Was er nicht wusste, war, dass die Affenwärterin die Tiere den ganzen Morgen über aus ihrem Käfig zu locken versucht hatte, damit sie für die Reise in den Tower bereit sein würden. Je länger sie ihnen Obststückchen hingehalten hatte, desto stärker hatten sie sich an ihre Stangen geklammert, bis sich die Frau schließlich mit einem Weinkrampf auf die Toilette zurückgezogen hatte. Als nun der Mann vom Palast Balthazar Jones der Presse als den Wärter der Königlichen Menagerie vorstellte und ihn vor dem Affenhaus positionierte, nahmen die Tiere ihre bedrohlichste Verteidigungshaltung ein, und selbst als sogar die verdorbensten Journalisten längst bis unter die Haarwurzeln errötet waren, stellten sie ihre Geschlechtsteile noch aufs Prächtigste zur Schau.
    Den Kameras schließlich entkommen, ging der Beefeater zu den Vogelvolieren, um sicherzustellen, dass die beiden Lovebirds in verschiedenen Wagen untergebracht wurden. Auf dem Weg dorthin bewunderte er die Bartschweine, die in einem Zustand der Verzückung ihr Hinterteil an einem Kratzbaum rieben, und er bedauerte es, dass sie dem Zoo und nicht der Königin gehörten. Als er später die Konsequenzen seines Handelns tragen musste, führte er seine Torheit darauf zurück, dass er von den dicht behaarten Backen, die jene seiner Kollegen weit in den Schatten stellten, verleitet worden war. Zu seiner Verteidigung muss man außerdem anführen, dass das Tier eine erhebliche Mitverantwortung trug, denn als Balthazar Jones mit dem Finger auf die geöffnete Wagentür zeigte, trottete es bereitwillig hinein. Nun brauchte der Beefeater nur noch ein paar Sekunden, um die Tür hinter dem Tier zu schließen, in der irrigen Annahme, niemand würde bemerken, dass ein Bartschwein fehlte.
    Gerade als er sich auf die Suche nach der Etruskerspitzmaus machen wollte, sah er, wie der Komodowaran entwischte. Der Wärter hatte mit seinem Taschentuch gewedelt, um ihn in einen Laster zu treiben, und nun lauerte die Riesenechse neben dem Souvenirshop und züngelte mit ihrer gespaltenen Zunge. Balthazar Jones folgte ihrem Blick und sah, wie Oswin Fielding mit seinem Regenschirm auf eine Kiste Tierfutter klopfte, die wenigen Haare im Wind wie Palmwedel zu Berge stehend. Als das Tier dann in überraschend hohem Tempo auf den Höfling zurannte, fiel dem Beefeater plötzlich wieder ein, dass es ein kleines Reh verschlingen konnte, um dann eine Woche lang in der Sonne zu liegen und den Fang zu verdauen. Das war der Moment, in dem auch Balthazar Jones losrannte.
    In wenigen Sekunden war das hässliche Reptil an dem Höfling vorbei und hatte sein Ziel, einen weggeworfenen Hamburger, erreicht. Balthazar Jones, der nicht mehr so schnell gelaufen war, seit er in den Grünanlagen des Towers einen Taschendieb mit fünf Portemonnaies in der Hose überwältigt hatte, war so in Fahrt, dass er nicht mehr anhalten konnte. Sein Zusammenprall mit dem Höfling war derart heftig, dass beide Männer zu Boden gingen und der prächtige Regenschirm mit dem Silberknauf nicht länger prächtig war. Als beide Männer erklärt hatten, noch bei Bewusstsein zu sein, und wieder auf die Füße gekommen waren, gab der Mann vom Palast sogar zu, dass Balthazar Jones gut daran getan hatte, seine Partisane nicht mitzubringen.
    Der Beefeater untersuchte noch mit Leidensmiene das Loch im Knie seiner Galauniform, als die Wagenkolonne langsam in Richtung Tower aufbrach. Er schaute auf, als der erste Wagen vorbeifuhr, auf dem Beifahrersitz ein einsamer Pinguin, der ihn durchs Fenster hindurch anblickte. Der Gestank des zweiten Wagens, der den Zorilla transportierte, ließ ihn das Gesicht verziehen, aber dann schrie er plötzlich auf, weil der offene Lkw mit den Giraffen auf den Torbogen zufuhr und alle vier Tiere zu köpfen drohte. Sechs Mitarbeiter versammelten sich um den Wagen herum und wedelten mit verführerischen Ästen, damit die Giraffen ihre Köpfe so lange senkten, bis man unter dem schmiedeeisernen Tor hindurch sein würde. Sobald die Gefahr vorüber war, reckten die Tiere wieder die Hälse und schlossen, als der Lkw an Fahrt gewann, die Augen. Balthazar Jones wartete, bis das letzte Fahrzeug fort war, dann nahm er den Käfig mit der Etruskerspitzmaus, ging zu seinem Auto und stellte ihn auf die Rückbank. Die Partisane befestigte er an der Kopfstütze, um eine Katastrophe zu vermeiden,

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