Der verbotene Kuss
an. „Du vergisst, dass die Sache noch nicht vorbei ist. Falls wir aus irgendeinem Grund in der vorgeschriebenen Zeit keinen Sohn bekommen haben sollten, dann verliere ich Chesterley.“
Es ermutigte Felicity, dass ihr Mann „wir“ gesagt hatte. „Als ich dich kennen lernte, hatte ich weniger als nichts. Dann hätte ich nichts, und wie könnte ich mich darüber beschweren?“
Der Hauch eines Lächelns erschien um Ians Lippen. „Du hast eine sehr seltsame Art, die Dinge zu betrachten.“ „Und das ist der Grund, weshalb du mich liebst.“ Kaum hatte Felicity das geäußert, wünschte sie sich, es nicht ausgesprochen zu haben. Schließlich hatte Ian noch nicht gesagt, er liebe sie.
Er hob jedoch den Kopf, und sein Blick war klar und fest. „Du weißt, dass ich dich liebe. Mehr als alles andere in der Welt. Das sollte ich nicht sagen, weil ich dich dadurch noch weiter an mich binde, aber es ist die Wahrheit. Und der Gedanke, dich verlieren zu können, quält mich.“
„Oh, Ian!“ erwiderte Felicity. Sie war überglücklich. „Mich wirst du nie verlieren!“
Er drückte ihre Finger fester. „Hör mir zu, Felicity. Es gibt noch andere Folgen, die aus den Querelen mit meinem Onkel resultieren. Ich werde das Testament anfechten, falls wir die von meinem Vater verfügten Bedingungen nicht er-füllen. Onkel Edgar hat seinen Besitz bereits ausgeblutet. Ich lasse nicht zu, dass er das auch mit Chesterley so macht. Aber das würde bedeuten, dass ich das Testament vor Gericht anfechte, in der Öffentlichkeit, und dann besteht die Möglichkeit, dass die Geschichte von damals bekannt wird. Und sollten wir die Testamentsbedingen erfüllen, kann es sein, dass mein Onkel den letzten Willen meines Vaters anficht. Ich hatte nicht erkannt, wie weit er gehen würde, um mir mein Erbe vorzuenthalten, bis du mir dann erzählt hast, was er zu dir gesagt hat. Wie jeder Schläger ist auch er ein Feigling, und deshalb hat er sich bis jetzt darauf beschränkt, den von mir umworbenen Frauen Lügen zu erzählen. Es ist nicht absehbar, was er sagen wird, wenn er merkt, dass er nichts mehr zu verlieren hat. Vielleicht musst du eines Tages feststellen, dass man dich gesellschaftlich schneidet, deinen Mann verleumdet und deine Kinder und deine Geschwister bemitleidet. Ich liebe dich viel zu sehr, als dass ich möchte, dass so etwas passiert.“
„Und ich liebe dich viel zu sehr, um zuzulassen, dass du diese Sache allein austrägst.“ Fest drückte Felicity ihrem Mann die Hände.
Er schaute ihr lange in die Augen. „Du scheinst entschlossen zu sein, alles auf dich nehmen zu wollen. Also gut! Dann mache ich dir einen Vorschlag. Heute Abend beim Ball wird man darüber Mutmaßungen anstellen, warum wir so schnell geheiratet haben, und manche von ihnen sind gewiss ehrenrührig. Nach unserer Hochzeit werden die alten Gerüchte über mich wieder in Umlauf kommen. Falls du merkst, dass du den bösartigsten Klatsch ertragen kannst, der nur ein Hauch dessen sein wird, was man später über uns reden wird, dann verliere ich kein Wort mehr über die Trennung von dir oder gar eine Scheidung.“
„Ich muss das nicht ausprobieren, um zu wissen, dass ich mit dir verheiratet bleiben will!“
„Sieh das nicht als Probe an.“ Ian lächelte schwach. „Betrachte es als letzte Möglichkeit für dich zur Flucht. Es würde mir zwar das Herz zerreißen, wenn ich dich verlieren sollte, aber deinem Glück zuliebe könnte ich das ertragen.“ Ernst sah er Felicity an. „Solltest du dich nach heute Abend jedoch dazu entscheiden, bei mir zu bleiben, dann gebe ich dich nicht mehr frei. Hast du begriffen? Du wirst bei mir ausharren müssen, ganz gleich, was mein Onkel un-ternehmen sollte. Also denk gut über deine Entscheidung nach.“
„Das werde ich. Und jetzt hör mir zu, Ian. Wenn ich dir nach dem heutigen Abend meine Entscheidung mitgeteilt habe, musst du sie akzeptieren und dich damit abfinden. Ich will nicht mehr hören, dass du sagst: ,Ich weiß, was das Beste für dich ist, oder,Du könntest es bereuen. Wir fangen noch einmal von vorn an, zwei Menschen, die sich lieben und allein aus diesem Grund geheiratet haben.“
Ian schwieg einen Moment und seufzte dann. „Du stellst wie immer harte Forderungen.“
„Bist du einverstanden?“
Er neigte sich zu Felicity und drückte ihr einen festen Kuss auf die Hände. „Ja, mein Liebling. Ich bin einverstanden.“
25. KAPITEL
Zu Silvester, wenn der Blick auf das nächste Jahr die Klatschmäuler
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