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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Treppenaufgangs, in dem Teil des Palasts, der am besten erhalten war. Das hatte Evans noch nicht zufriedengestellt, der die Räume mit original kopierten Fresken und bemalten Säulen hatte ausschmücken lassen, sodass es hier annähernd so aussah, wie es an die dreiunddreißig Jahrhunderte zuvor ausgesehen haben musste. Zu Pembertons Rechter führte eine Treppe hoch in den Innenhof, während eine weitere zu seiner Linken hinab in die tieferen Geschosse verschwand. Wenn es ihm doch bloß glückte, dort unten hinzugelangen …
    Auf den Treppenstufen über ihm waren flinke Schritte zu hören. Ehe Pemberton sich noch vom Fleck rühren konnte, bogen sie um die Ecke und machten auf dem Absatz halt. Ein deutscher Fallschirmjäger starrte zu ihm herab. Er humpelte leicht, womöglich noch von der Landung her, aber die Waffe in seiner Hand war völlig ruhig.
    «Was haben wir denn hier?» Der junge Mann riss vor Verwunderung die Augen auf. Er hatte mit einem weiteren Bauern gerechnet, vielleicht auch mit einem versprengten Soldaten, aber nicht mit diesem zerzausten, schmutzigen, bebrillten englischen Archäologen. «Was bist du denn für einer? Engländer? Soldat?» Er deutete ungeduldig mit der Schmeisser auf Pemberton. «Spion?»
    Pemberton drückte die Tasche an sich und schloss die Augen. Alles war umsonst gewesen, und jetzt würde er hier sterben; ein letztes Skelett im Labyrinth des Minotauros. Mit einem Mal fielen ihm all die Gräber ein, die er im Lauf seines Archäologenlebens geöffnet hatte, und er fragte sich, ob ihre zornigen Bewohner ihn wohl schon im Jenseits erwarteten, um sich an ihm zu rächen. Zumindest würde er vielleicht Grace wiedersehen, immerhin.
    Ein Schuss krachte, hallte laut durch den düsteren Schacht. Zu seiner Verblüffung spürte Pemberton nichts. Vielleicht hatte ihn der Soldat verfehlt – oder vielleicht war er schon tot. Er wartete eine halbe Ewigkeit darauf, dass der Mann die Sache zu Ende brachte. Als nichts geschah, öffnete er die Augen.
    Der deutsche Soldat lag hingestreckt auf dem Absatz, Pemberton konnte die Sohlen seiner nach oben ragenden Stiefel sehen. Blut tropfte von der Stufe. Noch bevor Pemberton diese jähe Wendung ganz begriffen hatte, war eine dunkle Gestalt an ihm vorübergehuscht. Der Unbekannte jagte die Treppe hoch, drei Stufen auf einmal nehmend, prüfte den Puls des Deutschen und wandte sich dann wieder um. Er trug keine Uniform, hielt aber eine Pistole in der Hand, und aus seinem Stiefel stak etwas, das verdächtig nach einem Messer aussah. Der Mann hatte die gebräunte Stirn in Falten gelegt, als beunruhige ihn irgendetwas.
    Er starrte zu Pemberton hinab. «Sind Sie der König von Griechenland?»

    Pemberton musterte verdutzt den Mann, der ihm das Leben gerettet hatte. Sonnenlicht fiel durch den Schacht auf seine untere Gesichtshälfte, der Rest lag im Dunkel. Zu sehen waren ein entschlossener Mund, wettergegerbte Haut und Bartstoppeln, als hätte er am Morgen überstürzt sein Bett verlassen. Dunkle Augen schimmerten im Dämmerlicht.
    Pemberton fiel spontan nur eine Antwort ein: «Sehe ich aus wie ein Grieche?»
    Der Mann zuckte die Achseln. «Man sagte mir, er wäre vielleicht hier.»
    «Er war auch hier.» Pemberton rappelte sich auf, ohne ganz zu begreifen, wie er dazu kam, jetzt ein solches Gespräch zu führen. «Er hatte in meinem Haus Quartier genommen.» Er konnte sich noch lebhaft an den Schock erinnern, als er bei seiner Heimkehr in die Villa den griechischen Monarchen vorfand: Die im Garten patrouillierenden neuseeländischen Leibgardisten, die in ihr Funkgerät brüllenden Verbindungsoffiziere, die sich in seinem Arbeitszimmer eingenistet hatten. Die nichtsnutzigen Höflinge, die den ganzen Tag auf der Terrasse gesessen und kettenrauchend Karten gespielt hatten. «Man hat ihn umquartiert – nach Chania, glaube ich.»
    «Also, da ist er inzwischen nicht mehr.» Der Mann ließ den Verschluss seines Revolvers aufschnappen und schob eine neue Patrone aus dem Beutel an seiner Hüfte hinein. «Er ist heute Morgen entwischt – niemand weiß, wo er hinwollte. Man hat mich beauftragt, hier nach ihm zu suchen.»
    Pemberton blinzelte ihn an. «Wer sind Sie?»
    «Grant.» Er verzichtete darauf, ihm die Hand zu reichen.
    «John Pemberton. Ich bin der Ausgrabungsleiter hier.»
    «Schön für Sie.» Grant schob den Revolver in sein Halfter und kniete sich hin, um die Maschinenpistole aufzuheben. Er durchsuchte die Uniform des toten Deutschen und förderte nicht nur

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