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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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Tennlén Alam, den Alten Weg, der aus den Tiefenlanden hoch auf den Sturz und ins Hüggelland führte, einst kannte, lebte heute längst nicht mehr; und das sei beruhigend und ein weiterer Grund, sich mit wichtigeren Dingen zu beschäftigen. So hatte es ihnen Herr Ludowig versichert.
    Nun, in einem hatten die Cuorderin und Firsterin jedenfalls Recht: Das Hüggelland war ein abgelegener Ort, und es gab tatsächlich nur einen einzigen Weg hinauf, und dies war der Tennlén Alam, und der war vergessen. Selbst die Vahits betraten ihnseit ihrer Ankunft nicht mehr. Der Alte Weg jedoch endete unweit von hier, kaum zehn Steinwürfe entfernt. Er war wenigstens so alt wie der Turm, jedoch längst nicht mehr als die einstmals sorgfältig angelegte Straße zu erkennen, die von den Benutcaerdirin angelegt worden war. Der Alte Weg war heute ein völlig überwucherter Pfad, der an der Nordseite des Wirrelbachtals aus einer Schlucht der Khênaith Eciranth hervortrat. Nur Tiere bedienten sich noch seiner. Er endete zwei Meilen später an der Wirrelbachbrücke, die als kleinere, weiß-steinerne Schwester der Lammspringer Seebrücke das schmale, aber tiefe Flüsschen in zwei kunstvollen Bögen überspannte. Anstelle der Brücke selbst erblickten Finn und Mellow jedoch zunächst die gewaltigen Dämme und mächtigen Wehranlagen, die auf beiden Ufern die Flussquerung in der Form zweier einander zugewandter Halbkreise umgaben. Hohe Tore, inzwischen längst verfallen, hatten einst zwischen trutzenden Tortürmen hindurchgeführt.
    Nie hatten die Vahits erfahren, wo die Menschen die gewaltigen Steine gebrochen hatten, aus denen die Mauern und der Turm bestanden; wenn es überhaupt je einen Steinbruch gegeben hatte, aus dem sie stammten. Sie nannten den gleißend weißen Stoff Caeraban , fließender Stein oder auch Turmstein, aber nur, weil sie keinen besseren Namen dafür fanden. Denn etwas Vergleichbares kannten die Vahits nicht. »Hart wie Turmstein«, lautete denn auch ein geflügeltes Wort im Hüggelland.
    Selbst wenn alles Holz verrottet war und sich in mancher geschützten Ecke Bewuchs angesiedelt hatte   – noch immer wirkte der Turm wehrhaft und stark, als schliefe er nur oder warte auf die Rückkehr seiner einstigen Herren. Und wäre ein Trupp Zimmerleute, Ofensetzer und Schmiede aus einem der heutigen Königreiche heraufgezogen: Sie hätten binnen Jahr und Tag die Dächer erneut errichten und die Treppen und Balustraden wieder instand setzen können, und alles wäre nach kurzer Zeit zu neuerlicher und unbezwingbarer Macht erstrahlt, dessen war sich Finn sicher. Einmal mehr staunte er, als sie sich dem so eigenartigen Ort näherten.Ihm war, als läge so etwas wie angehaltener Atem über den ehrwürdigen Mauern. Vielleicht auch ein bedeutsamer Hauch der Vergangenheit, der ihn seltsam berührte und erschauern ließ.
    Finn lenkte Smod längs des Grabens, und sie erblickten dahinter zu ihrer Linken die lange und hohe Mauer, deren blendende Krone die Insel von allen Seiten umschloss. Der Rauch, den sie entdeckt hatten, stieg von irgendwo aus dem Innern der Wehranlage auf und wirkte angesichts der weißen Wände schmutzig. Die Steinbrücke schwang sich nach links über den Graben, der überraschend tief war.
    »Alles dies gehörte früher einmal zusammen«, sagte Finn und deutete die Straße entlang, ehe er auf die Brücke einbog. »Ich meine, die Menschen des Turms bemannten auch die Wehrdämme dort vorn und bewachten die beiden Tore.«
    Mellow blickte zu dem gewölbten Damm hinauf. Zinne an Zinne waren auf der Mauer, die einst auf dem Damm errichtet worden war, zu erkennen; ein Wehrgang, fast eine Viertelmeile lang, schwang sich in einem gleichmäßigen Bogen vom Ufer des Wirrelbaches in die Flusswiesen hinaus und wieder zum Ufer zurück. Das Bollwerk war ebenfalls aus Turmstein errichtet worden und schien uneinnehmbar für Leitern und unzerstörbar durch Feuer und Flamme zu sein. Geschwungene Rampen führten von dieser Seite hinauf und eine Unzahl steinerner Treppen überzog den Wall, die aus der Ferne wie ein Spinnennetz wirkten.
    »Benutcaer«, murmelte Mellow. »Steinstadt. Was meinst du, Finn? Ob ihre Heimat so war wie dies hier? Und ob ihre Herzen so wurden wie die Bauten, die sie schufen? Hart? Und unnachgiebig jedem gegenüber?«
    »Vielleicht steht darüber mehr in den ganz alten Schriften verzeichnet«, antwortete Finn. »Was Herr Ludowig uns sagte oder selbst wusste, war wenig genug, fürchte ich. Oder er wollte nicht

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