Der verlorene Troll
purzelte aus Xaragittes Griff. Yvon wollte ihn hochnehmen, aber Xaragitte bekam Claye noch rechtzeitig zu fassen und drückte ihn wieder an ihre Brust.
Sie strich ihm über das Haar. »Danke«, sagte sie.
»Ich möchte nicht, dass er sich weh tut.«
»Nichts auf der Welt ist mir so teuer wie dieses Kind.«
Er nickte. »Das verstehe ich. Je früher wir Lady Ambits Burg erreichen, desto eher ist er in Sicherheit.«
Doch je früher sie dort ankamen, desto weniger Gelegenheit blieb ihm, mit ihr zu sprechen, und er hatte ihr noch kein Wort von dem gesagt, was er sich vorgenommen hatte. Dieser Gedanke setzte sich wie eine Klette in seinem Kopf fest, während er sie aus dem Wald herausführte. Unter ihnen verbargen dunkle, wogende Nebelschwaden das Tal entlang des Flussufers.
Ein leises Donnern ließ Yvons Beine erzittern. Er schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu klären, und schaute noch einmal genauer nach unten.
Das war kein Nebel.
Er zeigte darauf und sagte: »Wilde Ochsen. Eine riesige Herde. Als wir damals zum ersten Mal in das Tal kamen, dauerte es einen ganzen Tag, an der Herde vorbeizuziehen. Wir töteten die meisten, wegen des Fleischs und um Raum zu schaffen für Ackerland.« Eine Herde wie diese konnte die Ernte eines ganzen Jahres vernichten. »Ich wusste nicht, dass am südlichen Flussufer noch so viele von ihnen übrig geblieben sind.«
»Was ist das?« Sie deutete auf mehrere zottige Riesen, die sich zwischen den Ochsen bewegten.
Yvon war überrascht, dass es diese Tiere auf dieser Seite des Bealtefot-Flusses überhaupt noch gab, zumindest in der Gegend zwischen dem Flusstal und den Bergen. »Rüsselträger. Mammuts. Habt Ihr schon einmal eins gesehen?«
»Nur das Elfenbein.« Sie hob Claye hoch und drehte ihn mit dem Gesicht zum Tal. »Siehst du sie, mein Schatz? Riesige, alte Krummzähne, mit Nasen wie Schlangen?« Sie begann zu singen und ließ ihn im Takt der Worte auf und ab hüpfen.
»Stieg auf einen Baumstamm rauf
Der Baum wurde zum Fuß
Ein Mammut sagt seinen Gruß!«
Yvon beobachtete sie und grinste, als er das alte Kinderlied hörte. Sie sah ihn an und erwiderte sein Lächeln.
Vielleicht würde am Ende doch noch alles gut werden zwischen ihnen.
»Sind das solche, die von Menschen abgerichtet werden?«
»Nein«, sagte Yvon, immer noch lächelnd, und schaute zu, wie sie Claye die Tiere zeigte. »Das sind Waldmammuts. Ihre Stoßzähne sind deutlich stärker gebogen. Präriemammuts mischen sich gerne unter Wildochsen, aber sie sind einfach zu gefährlich. Man kann sie nicht abrichten.«
»Warum sitzt dann jemand auf dem Rücken von dem dort?«
Yvon schoss herum - da saß tatsächlich ein Mann. Ein anderer kletterte auf den Rücken eines zweiten Mammuts, ein weiterer auf ein drittes. Er bedeutete Xaragitte mit einem Winken, in den Schutz der Bäume zurückzukehren. »Folgt mir! Schnell.«
»Was ist los?«
»Das ist keine wilde Herde. Das sind Kriegsmammuts. Die Ochsen dienen den Männern des Barons als Nahrung. Das ist der Versorgungszug seines Heers.«
»Und was machen wir nun?«
»Zu den zwei Göttern beten, er möge möglichst rasch an uns vorbeiziehen.«
Während sie zurück in den Wald flüchteten, ertönte das erste Horn. Andere antworteten, und ihre Rufe hallten durch das Tal, während sie den Befehl zum Abmarsch bliesen, ein Klang, den Yvon lange nicht mehr gehört hatte. Er hatte früher einige harte Gefechte gegen Kriegsmammuts erlebt, an die er sich nur ungern erinnerte.
Hinter ihnen am Hang ertönte noch ein Horn. Claye jauchzte und drehte den Kopf.
Langbeinige Ochsen mit breiten, ausgestellten Hörnern stürmten krachend durch den Wald, getrieben von einem Ochsenhirten mit seinem Stab. Ehe Yvon sein Schwert ziehen konnte, winkte ihnen der hochgewachsene Mann grüßend zu.
»Segen, Segen«, rief er mit hoher Stimme. Da erst bemerkte Yvon den Rock und die runden Brüste: Es war ein Eunuch wie Kepit. Eine Sie, kein Er. Das Horn an ihrer Schulter war mit Smaragden und Gold besetzt, und sie trug ein Messer mit einem gleichermaßen juwelengeschmückten Griff. Zusammen mit ihrer schlehenschwarzen Haut und ihrer Größe wies sie das als einen Oberhirten aus. Bestimmt stammte sie aus einem Adelsgeschlecht. »Habt keine Angst«, rief ihnen der Eunuch fröhlich zu. »Wir werden Euer Land schon bald durchquert haben. Ich bitte Euch vielmals, vielmals um Entschuldigung.«
»Werdet Ihr Euch der Belagerung anschließen?«, fragte Yvon.
»Welche Belagerung?« Der Eunuch
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