246 - Am Ende aller Zeit
Mai 2525, Fabrikationsanlage in den Appalachen
Mr. Hacker umklammerte auf dem Bauch liegend das Funkgerät mit beiden Händen. Schweiß bedeckte seine Stirn. Neben ihm lag der blonde Corporal Columbu, das Gesicht kalkweiß, die Finger um sein schwarzes Sturmgewehr gekrampft. Beide Männer waren am Waldrand in den Sichtschutz eines Findlings gerobbt und beobachteten das Geschehen unterhalb ihrer Deckung.
Etwa zweihundert Schritte entfernt standen fünfzig gottesgläubige Bürger aus Waashton, die sich in ihrem fanatischen Wahn entschlossen hatten, die Fabrikationsanlage der U-Men zu erstürmen. Für die Rev’rend-Anhänger aus Waashton waren die künstlichen Lebewesen Dämonen, geschaffen von General Arthur Crow, dem General Orguudoos. Die Gruppe wurden von den Rev’rends Rage und Torture angeführt.
Die laute Stimme von Erzbischof Rage hallte unter ihnen über die gerodete Fläche, die genau vor der Fabrikationsanlage lag. Hier ließ der General seine U-Men und Warlynnes, wie er wohl die verbesserten Modelle nannte, produzieren. Seine Kunstmenschen hatten in Waashton bereits für viele Tote und Verletzte gesorgt. [1] Und hier sollte nun im Namen der Rev’rends der dämonische Einfluss von Arthur Crow und seinen höllischen Verbündeten enden. Zumindest wenn es nach den beiden letzten Rev’rends von Waashton und ihren Anhängern ging. Sie vertrauten darauf, dass Gott ihnen in ihrer Unterlegenheit beistand, denn mit ihren altertümlichen Waffen hatten sie den hochpräzisen modernen Kampfmaschinen kaum etwas entgegenzusetzen.
Wir sind zu spät gekommen! Shit! Sie werden alle draufgehen! Hoffentlich öffnet sich das Schott nicht… Der schwarzhäutige Hacker starrte entsetzt auf die schlecht bewaffnete Truppe aus Gläubigen, die schreiend und jubelnd im Namen Gottes ein Wunder forderte.
Und dieses Wunder geschah! Die uneinnehmbare Festung General Crows öffnete sich. Das schwere, mit Fels getarnte Tor glitt auseinander. Roboter, allesamt aus der neuen, noch tödlicheren Baureihe, strömten heraus!
»O fuck«, flüsterte Corporal Columbu entsetzt.
Hackers Stimme war nicht minder fassungslos, als er sich über das Funkgerät an seine Verbündeten wandte. Er sprach zu Mr. Black und dem Androiden Miki Takeo, die gemeinsam mit einer Einsatztruppe in Takeos repariertem Gleiter Left Arm One auf dem Weg zu ihnen waren.
Collyn Hacker schluckte. Das Zittern seiner Hände wurde unkontrolliert. Der Gleiter war noch zu weit entfernt. Er würde nicht mehr rechtzeitig hier sein können. Hacker presste das Funkgerät an sein Gesicht, um es zu stabilisieren. »Das Tor öffnet sich, Sir! Shit – es öffnet sich tatsächlich! Warlynnes! Eine Menge Warlynnes stürmen aus dem offenen Schott! Sie schießen die Leute nieder!«
Die Kampfmaschinen hielten Tak-02-Gewehre im Anschlag. Mündungsfeuer blitzte auf, ratternde Schüsse hallten von den Bergen wider. Schreie von Verwundeten und Sterbenden füllten das Tal. Die Überlebenden spritzten auseinander und versuchten verzweifelt, Deckung hinter größeren Steinen und Felsbrocken zu finden.
Nur Rage und Torture blieben mit zehn ihrer treuesten Anhänger unbeirrt stehen. Fünf Warlynnes stürmten heran. Der Erzbischof zog das rote Holzkreuz, das er von Waashton aus auf seinen Schultern hierher getragen hatte, mit aller Wucht über den Kopf des vordersten Warlynne. Die Maschine brach zusammen. Doch das änderte nichts an der Unterlegenheit der Gotteskrieger. Mit ihren wenigen Gewehren kamen sie nicht gegen die präzisen Schüsse der Maschinenwesen an.
»Sollen wir eingreifen, Mr. Black?«, rief Hacker ins Funkgerät. »Die Androiden überrennen die armen Leute regelrecht, es sind Hunderte! Sie feuern auf alles, was sich bewegt! Wir müssen eingreifen, Mr. Black! Soll ich den Panzer…?«
Weiter kam Hacker nicht. Ehe Mr. Black, der Hohe Richter von Waashton, ihm eine Anweisung geben konnte, übertönte ein grollendes Geräusch Hackers Worte. Der schwarzhäutige Mann hielt das Funkgerät kurz vom Ohr weg. Dann versuchte er es erneut.
»Hacker an Left Arm One! Hören Sie mich, Mr. Black?« Keine Antwort. Die Funkverbindung war abgerissen. Der Boden unter seinem Körper bebte. Eine heftige Erschütterung ließ Collyn Hacker erschrocken auf die Beine springen. Am Himmel über den Appalachen erschien ein grelles Licht, so blendend, dass er die Augen schließen musste. Plötzlich aufkommender Wind zerrte an Fichten- und Tannenzweigen. Ein merkwürdiger Geruch wehte heran. Feuchtschwül,
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