Der verlorne Sohn
sein?«
»Ach, so gar schlimm war’s doch nicht gemeint.«
»Versuche nur nicht, wieder einzulenken! Was gesagt ist, das ist gesagt! So wie jetzt, bist Du noch gar nie gewesen. Da sind Andere doch viel, viel anders!«
»Wohl besser?«
»Ja, tausendmal besser!«
»Da bist Du grad wie die Achzehnte.«
»Die Achtzehnte? Was soll denn das nun wieder heißen?«
»Na, die Achzehnte ist allen Männern gut.«
»Wer ist denn eigentlich die Achtzehnte?«
»Das darf ich nicht verrathen.«
»Herr Jemine! Mit dem Manne wird es noch ganz aus und alle. Der schnappt noch über! Wäre es bei diesem Ärger ein Wunder, wenn ich einmal losbräche? Wenn ich aus Wuth und Grimm da zum Beispiel das Fenster aufmachte und alles auf die Straße würfe?«
»Da wärst Du grad wie die Dreizehnte.«
»Auch eine Dreizehnte hat er! Was ist’s denn mit der?«
»Die zertöppert alle Flaschen.«
Da drehte sie sich ganz verzweifelt von ihm weg und sagte:
»Ich möchte nur eigentlich wissen, was er hat und was er meinte. Wenn ich nur diesmal aus ihm klug würde!«
»Ja. Du wirst nicht klug. Dir geht es wie der Siebzehnten.«
»Was ist’s denn mit der?«
»Die ist ein altes, gutes Schaf.«
»Jetzt wird mir es doch zu toll! Eine Siebzehnte hat er, eine Dreizehnte, eine Neunzehnte! Wieviel hast Du ihrer denn eigentlich?«
»Sechsundzwanzig. Die Sechsundzwanzigste hat einen großen Kopf. Das ist die Letzte, und nachher geht erst der wahre Jacob los, nämlich das ›Dreimal vivat hoch!‹ Ich freue mich königlich darauf!«
»Das soll nun ein Mensch verstehen! Wo hast Du denn diese Sechsundzwanzig alle stecken?«
»Geheimniß!«
»Sind es denn etwa gar Kebsweiber von Dir?«
»Fällt mir ja gar nicht ein. Sie sind zu schlecht dazu.«
Da trat sie auf ihn zum, legte ihm die Hände auf die Achseln und sagte:
»Alter, jetzt thu mir nur das einzige Mal den Gefallen, und sage mir aufrichtig, wer diese Sechsundzwanzig sind!«
»Na, Weiber sind es.«
»Wo denn?«
»Ueberall.«
Da trat sie wieder zurück und rief ganz verzweifelt aus:
»Es ist richtig! Er wird verrückt, und auch ich verliere dabei noch den Verstand. Ich muß ganz sicher noch zum Doctor schicken! Gott, Gott, was soll aus dieser Hochzeit werden!«
»Eine flotte Kindtaufe!«
»Was diesem Manne einfällt! Lauter dumme Gedanken hat er. Wie soll das enden!«
»Gut, außerordentlich gut!« antwortete er schmunzelnd. »Ich werde heute Ruhm ernten, Ruhm und Lorbeerblätter. Weißt Du, Alte, daß die Dichter Lorbeerblätter ernten?«
»Was gehn mich denn die Dichter an!«
»O, heute gehen sie Dich sehr viel an! Ich habe einmal gehört, was die Dichter bekommen. Sie bekommen auf ihren Kopf und auf ihren Leichenstein einen Kranz von Lorbeerblättern, vielleicht auch von Pfefferkörnern, denn die gehören ja wohl dazu, wie Du als Köchin wissen wirst.«
Sie wandte sich zu dem Försterburschen, deutete auf ihren Mann und dann mit dem Zeigefinger nach ihrer Stirn. Der Förster aber lachte darüber und sagte: »Jetzt mach, daß Du fertig wirst! Wir haben nur noch zehn Minuten Zeit.«
»Gleich, gleich! Ich will nur noch die Haube aufsetzen. Die ist auch zu altmodisch. Zu einer Hochzeit braucht man eigentlich einen Hut, wenn man nobel sein will. Aber den wirft es für mich ja gar nicht ab.«
»Da bist Du grad so wie die Zwanzigste.«
»Was ist’s denn mit der?«
»Die braucht stets einen neuen Hut.«
»Du lieber Gott! Da hat man es wieder! Es hört bei ihm gar nicht auf! Die Dummheiten haben kein Ende! Wir wollen nur machen, daß wir fortkommen. Vielleicht kommt er dann auf andere Gedanken!«
Sie band die Haube fest und nahm die gelbe, roth geblümelte Saloppe um. Dann brachen sie nach dem Dorfe auf.
Die gute Frau Barbara machte, indem sie so neben einander herschritten, ein gar bedenkliches, sorgenvolles Gesicht und schielte zuweilen forschend zu ihm hinüber. Er aber guckte gar lustig und wohlgemuth in die Welt hinein und brummte dabei Allerlei leise vor sich hin. Sie horchte scharf auf und dabei vernahm sie allerlei dummes Zeug, wie:»Trittst die Schuhe alle schief – Hosenknopf anflicken – zerrissne Strümpfe – Stiefel wichsen!«
Sie hatte große, große Sorgen; aber sie hielt es für das Beste, nichts mehr zu sagen.
So erreichten Sie das Haus, in welchem früher Seidelmanns gewohnt hatten. Es gehörte jetzt dem braven Eduard Hauser, welchem der Fürst das nöthige Geld, es zu kaufen, gegen mäßige Zinsen vorgeschossen hatten. Eduard hatte das Geschäft der
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