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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Seidelmanns an sich gezogen und fortgesetzt. Auch die dazu nöthigen Mittel hatte er vom Fürsten erhalten. Das Glück war ihm hold gewesen. Er bekam Aufträge und immer wieder Aufträge. Er bezahlte seine Arbeiter gut und war ehrlich gegen sie, indem er wohl wußte, wie es ihm selbst gegangen war. Deshalb arbeiteten sie mit Lust und Liebe für ihn, und die Waare, welche sie lieferten, war stets tadellos. So kam er in einen guten Ruf und konnte kaum genug schaffen; die Weber aber, welche noch vor wenigen Monaten am Hungertuche genagt hatten, erfreuten sich eines guten Verdienstes und blickten einer ganz anderen Zukunft entgegen, als die Vergangenheit gewesen war. Sogar das Äußere der kleinen Häuschen hatten bereits ein anderes Aussehen gewonnen; es zeugte von dem beginnenden Wohlstande seiner Bewohner.
    Hofmann, der Vater Angelica’s, hatte längst eingesehen, wie unrecht er früher gehabt hatte. Er erkannte, daß er seine Tochter förmlich an den Rand des Verderbens gebracht hatte, und daß sie von Eduard Hauser gerettet worden war. Er fühlte sich ganz glücklich, ihn zum Schwiegersohn zu haben, zumal der junge Mann alle Hoffnungen gab, einst ein reicher Mann zu werden.
    Heute also war die Hochzeit, und alle Bekannten waren geladen. Da Hausers Wohnung sie nicht fassen konnte, so wurde das Festmahl im Saale der Schänke abgehalten, wo gleich nach der Mittagskirche sich alle Gäste versammelten.
    Als die beiden Förstersleute eintraten, wurde Frau Barbara gleich von den anwesenden Frauen in Beschlag genommen. An ihren Mann aber schlich sich der auch anwesende Lehrer heran und fragte: »Nun, Herr Förster, geht es?«
    »Hm! So leidlich. Aber meine Alte hält mich für verrückt.«
    »Sie haben es ihr gesagt?«
    »Gott bewahre! Aber da ich den Toast auswendig lernen mußte, so habe ich mich eingeschlossen und tüchtig laut memorirt. Da denkt sie nun, ich bin übergeschnappt.«
    »Das schadet nichts. In kurzer Zeit wird es sich zeigen, daß Sie bei vollen Sinnen sind.«
    »Ja. Aber ich habe doch eine gewisse Angst.«
    »Warum?«
    »Daheim in meiner Stube bringe ich es ganz gut fertig, aber hier, das ist ein ganz anderes Ding.«
    »Pah! Es ist auch nichts Anderes.«
    »Das denken Sie. Sie sind solche Sachen gewöhnt. Aber ich! Sapperment! Wenn ich nun stecken bleibe?«
    »Dagegen wollen wir schon sorgen. Haben Sie den Zettel mit?«
    »Ja.«
    »Ich werde dafür sorgen, daß ich gerade neben Sie zu sitzen komme. Ehe Sie anfangen, geben Sie mir ihn, und dann mache ich den Souffleur. Sobald ich merke, daß Sie stocken, sage ich Ihnen leise, wie es weiter lautet.«
    »Schön, sehr schön! Aber wenn nun ein Anderer vor mir so etwas Ähnliches bringt?«
    »Das werden wir vermeiden. Der erste Toast muß sich auf das Brautpaar beziehen; den bringt natürlich der Herr Pastor. Der zweite bezieht sich selbstverständlich auf die Eltern des Brautpaares, und den bringe ich. Ein dritter Toast müßte der Höflichkeit wegen nun die Frauen im Allgemeinen zum Gegenstande haben; das ist der Ihrige. Ich werde aufpassen. Sobald ich merke, daß ein Anderer reden will, so klopfe ich gleich an das Glas und melde Sie an. Dann erheben Sie sich und declamiren das Gedicht recht ernsthaft und kräftig vor.«
    »Ja, Donnerwetter, wird das Aufsehen machen! So Etwas hat man mir doch nicht zugetraut! Und meine Alte! Die werde ich auslachen, daß sie hat denken können, ich sei übergeschnappt. Na, es wird eine Heidenlust! Leider aber fehlt Einer, der hier sein sollte, weil er an dieser Hochzeit und an dem jetzigen Wohlstande unserer Bevölkerung den größten Antheil hat.«
    »Wer ist das?«
    »Der Fürst des Elendes.«
    »Das ist wahr. Wenn man nur wüßte, wer er ist und wo er wohnt, so hätte man ihn einladen können.«
    Der Förster lächelte verschmitzt; er wollte antworten, wurde aber dieser Antwort überhoben. Nämlich der Bräutigam, welcher gekommen war, um nachzusehen, ob alle Gäste versammelt seien, war herzugetreten und hatte die letzten Worte des Lehrers gehört. Er fragte: »Wen hätte man einladen können? Ist vielleicht Jemand vergessen worden?«
    »Ja. Der Fürst des Elendes.«
    »Ach, der. Nun, beruhigen Sie sich, Herr Lehrer! Der ist eingeladen worden.«
    »Wie? Was? Wirklich? Wissen Sie denn seine Adresse?«
    »Natürlich!«
    »Woher denn?«
    »Von ihm selbst. Er hat mir so viel Geld geborgt, und ich, als sein Schuldner, muß ihm die Zinsen zahlen. Ich muß also wissen, wo er ist und wo er wohnt.«
    »Und das halten Sie so

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