Der verlorne Sohn
und heißt Jacob. Er sucht sich hier eine Anstellung. Und Dieser hier ist Diener beim Fürsten von Befour, hustet aber auf seine Anstellung. So, nun kennen sich die Herren. Jette, schenk ein!«
Damit waren die Beiden einander vorgestellt. Der alte Apotheker setzte sich zu seinen Töchtern, und auch der ›Hauptmann‹ ließ sich bei ihnen nieder. Er nahm in der Weise Platz, daß er dem Bedienten des Fürsten gegenüber saß und ihn also genau beobachten konnte. Sein Mißtrauen war verschwunden, und er sagte sich im Stillen, daß er mit seinem Gegenüber eine treffliche Acquisition machen könne. Hatte er im Hause des Fürsten von Befour einen treuen und zuverlässigen Verbündeten, so mußte ihm dies vom allergrößten Nutzen sein.
Es wurde getrunken. Dabei ließen weder der verkleidete Baron, noch der Diener des Fürsten es sich merken, welche Mühe es ihnen kostete, den miserablen Fusel des Apothekers zu überwältigen. Sie thaten vielmehr, als ob ihre Kehlen für dieses Getränk eingerichtet seien, und gaben sich Mühe, die Unterhaltung zu einer recht animirten zu machen. Dabei verfolgte natürlich jeder von ihnen den heimlichen Zweck, den Andern auszuhorchen, um sich über ihn Klarheit zu verschaffen.
Trotz alledem aber war die Unterhaltung eine sehr animirte. Besonders glückliche Stimmung zeigte Jette, des Apothekers ›schönste‹ Tochter. Ihr Geliebter befand sich bei ihr. Sie konnte in kurzer Zeit seinen Antrag erwarten; dann war sie seine Verlobte, und nachher würde sie seine Frau sein, die Frau eines so schönen, jungen Mannes! Sie schwamm in einem Meere von Seligkeit, und ihre gute Laune theilte sich ganz natürlicher Weise auch den Anderen mit.
Adolf, der Diener, zeigte sich als ein sehr lustiger, unterhaltender Kamerad. Er steckte voller Witze und Anecdoten und ließ dazwischen Bemerkungen fallen und Ansichten hören, welche den Baron zu der Vermuthung bringen mußten, daß es mit der Moralität und Gewissenhaftigkeit dieses lustigen Burschen nicht auf das Beste bestellt sei.
Darum nahm er sich vor, ihm noch ein Wenig mehr auf den Zahn zu fühlen, als es jetzt in Anwesenheit der Anderen möglich war. Aus diesem Grunde brach er nicht eher auf, als bis auch der Diener des Fürsten von Befour sich zum Gehen anschickte. Beide verließen mit einander das Haus des Apothekers. Draußen gingen sie noch eine Strecke mit einander fort, und dann blieb Adolf an einer Ecke stehen. Er deutete mit der Hand nach der Seitenstraße und sagte:»Jetzt werden wir uns trennen müssen, mein lieber Herr Jacob. Meine Wohnung, das heißt, das Palais meines gegenwärtigen Herrn, liegt nach dieser Richtung hin.«
»Das ist doch kein Grund, uns so schnell zu trennen!«
»Wie es den Anschein hat, gehen Sie doch gradaus?«
»Ich bin Herr meiner Zeit. Ich kann gehen und kommen, wann, wo und wie es mir beliebt.«
»Sie Glücklicher!«
Dieses Wort war mit einem wohl berechneten Seufzer ausgesprochen. Der Baron hörte dies und sagte im Tone des Bedauerns: »Sie Ärmster! Ja, Herrendienst ist eine schwere, unangenehme Sache. Sie gefallen mir, und darum nehme ich herzlich Theil an Ihnen. Sind Sie denn gezwungen, schon jetzt nach Hause zu gehen?«
»Nein. Sie haben bereits gehört, daß ich heute frei habe.«
»Nun, warum wollen wir uns da so schnell trennen? Oder muß ich vielleicht befürchten, daß Sie sich in meiner Gesellschaft nicht wohl befinden? Das würde mir um so mehr leid thun, als ich Ihnen, wie gesagt, meine wärmste Sympathie widme und Ihre nähere Bekanntschaft wünsche.«
Der schlaue Geheimpolizist merkte, daß er jetzt zugreifen müsse. Es fiel ihm ganz und gar nicht ein, zu glauben, daß dieser Mann wirklich ein Architect und in der Residenz fremd sei. Er hielt ihn für einen höchst problematischen Menschen, der vielleicht gar mit dem geheimnißvollen ›Hauptmanne‹ in Beziehung stand. Er ahnte, daß dieser sogenannte Architect seine Bekanntschaft wünsche, um irgend einem auf den Fürsten von Befour bezüglichen Plan näher zu treten. Er nahm sich vor, scheinbar darauf einzugehen. Darum antwortete er: »Wo denken Sie hin! Ihre Unterhaltung hat mir bewiesen, daß Sie ein Mann von ganz bedeutenden Kenntnissen sind. Ihre Bekanntschaft kann mir also doch nur Nutzen bringen. Ich will aufrichtig sein und hinzufügen, daß auch Ihre Person mir sehr sympathisch ist. Auch ich wünsche also, daß wir uns heute nicht zum letzten Male sehen!«
»Schön! So ist es recht! Das nenne ich mir aus der Seele gesprochen!
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