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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ganze Residenz, und Sie werden hören, daß der Fürst noch keinen einzigen Menschen zu sich geladen hat.«
    »Wirklich? Ich denke, er ist Millionär?«
    »Das ist er auch und zwar was für einer! Ich glaube, er besitzt so viele Millionen, wie ich Pfennige habe.«
    »Und ist so geizig?«
    »Geradezu raffinirt geizig! Ich muß Ihnen Einiges erzählen!«
    Er war ebenso raffinirt schlau, wie er seinen Herrn als raffinirt geizig hinstellen wollte. Er entwarf von dem Fürsten eine Schilderung, welche der gegenwärtigen Situation und seinen Absichten ganz angemessen war. Er ließ hindurchblicken, daß er nicht nur mit seiner Lage höchst unzufrieden sei, sondern seinen Herrn geradezu hasse; ja, er that sogar einige ihm scheinbar unbemerkt entschlüpfende Äußerungen, welche vermuthen ließen, daß er eine stille Rache hege und gar nicht abgeneigt sei, derselben die Zügel schießen zu lassen, falls sich eine passende Gelegenheit dazu finden sollte.
    Der Baron hörte ihm aufmerksam zu. Er hatte nicht die mindeste Ahnung, daß der Sprecher ein verkappter Polizist sei. Er freute sich im Innern, ihn gefunden zu haben, denn er war vollständig überzeugt, in ihm ein Werkzeug seiner Pläne zu engagiren.
    »Das ist freilich traurig,« sagte er, als Adolf geendet hatte. »So habe ich mir einen Millionär allerdings nicht vorgestellt! Also, kaum satt zu essen giebt er seinen Leuten!«
    »Ja, so ist es!«
    »Und Ihnen gönnt er nicht einmal das unschuldige Vergnügen, sich in Ihrer freien Zeit mit Ihrem Steckenpferde zu beschäftigen?«
    »Die Retorten und Gläser hat er mir zerbrochen!«
    »Ohne Ihnen die Kosten zu ersetzen?«
    »Fällt ihm gar nicht ein!«
    »Das ist nicht nur ungerecht, sondern man fühlt sich geradezu veranlaßt, es im höchsten Grade fuchsig zu nennen.«
    »Anders nicht! Donnerwetter! Ich wollte –«
    Er hielt erschrocken inne.
    »Nun, was wollten Sie?«
    Sein Auge war bei dieser Frage mit Spannung auf den Andern, dessen Gesicht von innerer Aufregung zeugte, gerichtet.
    »Ah, es ist nicht gut, davon zu sprechen!«
    »Warum nicht?«
    »Man soll nicht unvorsichtig sein!«
    »Papperlapapp! Halten Sie mich für falsch?«
    »Das ganz und gar nicht. Sie sehen wohl ein, daß Einem bei einer solchen Behandlung einmal die Galle überlaufen muß.«
    »Natürlich! Ganz natürlich! Ein Anderer wäre ganz sicher nicht so geduldig wie Sie. Er würde – hm!«
    Jetzt war er es, der vorsichtig inne hielt.
    »Reden Sie weiter! Immer reden Sie weiter!«
    »Nun, er würde dem Fürsten Eins auswischen!«
    »Das ist wahr! Auswischen! Aber wie!«
    »Er würde sich für seine Verluste bezahlt machen.«
    »Sie meinen, er würde den Fürsten verklagen?«
    »Das nicht. Eine Klage wäre die allergrößte Dummheit. Gegen einen solchen Mann kann kein Kläger aufkommen. Nein, hier wäre nur Selbsthilfe am Platze.«
    »Selbsthilfe? Hm!«
    Er warf dabei einen vorsichtigen Blick um sich und nickte leise, als ob er mit der Ansicht seines Gefährten ganz einverstanden sei.
    »Ja,« fuhr dieser fort. »Rücksichtslosigkeit gegen Rücksichtslosigkeit! Das ist aber nicht Jedermanns Sache.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Es gehört Klugheit dazu!«
    »Halten Sie mich vielleicht für dumm?«
    »Das nicht. Aber auch Muth muß man haben.«
    »Halten Sie mich für feig?«
    »Dieses auch nicht. Ich an Ihrer Stelle wüßte, was ich machte!«
    »So sagen Sie es!«
    »Werde mich hüten!« meinte der Baron vorsichtig.
    »Donnerwetter! Glauben Sie etwa, daß ich ein Mann bin, dem man keinen guten Rath geben darf?«
    »Wir kennen uns zu wenig. Dennoch aber gestehe ich Ihnen, daß ich gern Vertrauen zu Ihnen haben möchte.«
    »Das können Sie auch! Also reden Sie getrost!«
    »Na, ich will es einmal wagen. Also, Sie möchten, wenn Sie Ihre jetzige Stelle aufgegeben haben, sich gern mit Chemie beschäftigen?«
    »Das ist mein Wunsch. Chemie ist meine Leidenschaft.«
    »Und dabei ein Gewerbe treiben, welches Ihnen genug Zeit für Ihr Steckenpferd giebt und Sie auch gut ernährt?«
    »Natürlich!«
    »Dazu gehört Geld!«
    »Ich habe eine Kleinigkeit erspart, und der alte Apotheker wird auch Etwas hergeben müssen, wenn ich seine Jette heirathe.«
    »Gewiß. Aber wird das ausreichen?«
    »Ich hoffe es!«
    »Ich befürchte das Gegentheil. Uebrigens, sagen Sie mir einmal aufrichtig, ob Sie das Mädchen oder vielmehr diese kleine Jette aus aufrichtiger Liebe heirathen würden?«
    »Hm!« brummte Adolf verlegen.
    »So ein Prachtkerl wie Sie! Könnten Sie nicht eine

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