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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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arbeiten.«
    »Das thut nichts. Es ist jetzt sehr lange Nacht. Wird es vielleicht um drei Uhr passend sein?«
    »Ich hoffe es.«
    »Gut! Das Palais liegt etwas von der Landstraße zurück, von welcher es durch einen Vorgarten getrennt wird. Punkt drei Uhr, wenn es diese Stunde auf der Hauptkirche schlägt, wird ein Mann langsam und leise vorübergehen – –«
    »Ich werde da am Gitterthore stehen.«
    »Ja. Der Mann wird gerade vor diesem Thore sein weißes Taschentuch verlieren. Die Gasflammen brennen. Sie müssen also das Tuch bemerken. Es ist das Zeichen, daß es Derjenige ist, auf den Sie zu warten haben.«
    »Soll ich ihn anreden.«
    »Ja, Sie werden das thun. Er darf dies nicht, da zufälligerweise ein Anderer als Sie dort stehen könnte.«
    »Was soll ich sagen?«
    »Sie fragen ihn leise, ob er vom Hauptmann kommt. Das Uebrige wird sich dann ganz von selbst ergeben.«
    »Schön! Ich werde dafür sorgen, daß wir die Inspection des Palastes ganz ungestört vornehmen können.«
    »Pflegt der Fürst seine Möbels fest zu verschließen?«
    »Ja. Nur in dem Zimmer, in welchem er sich zeitweilig befindet, wendet er diese Vorsicht nicht an.«
    »Sie meinen?«
    »Daß zum Beispiel die Schränke und Kästen seines Studierzimmers so lange offen stehen, als er sich in demselben befindet.«
    »Und daß also auch die Kästen seines Schlafzimmers unverschlossen sind, während er schläft.«
    »Ja.«
    »Das ist günstig. Hat er einen leisen Schlaf?«
    »Im Gegentheil einen sehr festen. Er ist des Morgens schwer zu erwecken. Man muß oft zweimal kommen.«
    »Auch das ist vortheilhaft. Ueber unser Vorhaben giebt es für jetzt weiter nichts zu bemerken. Aber einige anderweitige Fragen möchte ich noch an Sie stellen. Geht Ihr Herr viel aus?«
    »Fast gar nicht.«
    »Auch nicht im Geheimen?«
    »Das fällt ihm natürlich nicht ein!«
    »Haben Sie von dem Fürsten des Elendes gehört?«
    »Natürlich! Alle Welt hat von ihm gehört.«
    »Ich will Ihnen gestehen, daß ich den Gedanken hatte, er und Ihr Herr könne eine und dieselbe Person sein.«
    Da schlug Adolf ein lautes Gelächter auf und antwortete:
    »Welch’ ein Gedanke! Der und der Fürst des Elendes sein! Nehmen Sie es mir nicht übel; aber das ist doch zu drollig! Dieser Geizhals und solche Ausgaben machen, wie sie der Fürst des Elends macht!«
    »Vielleicht stellt er sich nur geizig, um die Spur von sich abzulenken! Das ist doch möglich.«
    »Nein. Das muß ich am besten wissen.«
    »Allerdings! Sie sind sein Diener. Sie müßten es also genau wissen, wenn er sich heimlich in der Stadt herumtriebe.«
    »Sicher! Wenn Sie ihn da in Verdacht haben, so geben Sie diesen Gedanken getrost auf!«
    »Ich will Ihnen glauben. Nun aber ist meine Zeit verflossen. Sie sehen ein, daß gewisse Vorbereitungen für heute Abend zu treffen sind. Ich gehe also; Sie aber können getrost noch bleiben und gemüthlich austrinken!«
    »Gern, aber – die Bezahlung?«
    »Hier ist Geld. Sie sehen, daß ich nicht knausere. Und der ›Hauptmann‹ hat noch ganz andere Mittel, Sie zu belohnen. Also, ich verlasse mich auf Sie. Adieu!«
    »Adieu!«
    Der Baron ging. Er hatte einige Goldstücke auf den Tisch geworfen. Adolf nahm sie in die Hand, betrachtete sie und murmelte:»Nicht übel! Ich hätte nicht geglaubt, heute so eine wichtige Bekanntschaft zu machen. Wäre es dunkel, so würde ich diesem Kerl nachschleichen, um zu sehen, wohin er geht. Na, er kommt ja heute Abend wieder. Ich muß auf alle Fälle wissen, wer er ist.«
    Er nahm das Glas, that einen langsamen tiefen Zug, schnalzte mit der Zunge und fuhr dann in seinem Selbstgespräch fort: »Jetzt sehe ich ein, was für ein gescheidter Kerl dieser Fürst von Befour ist. An ihm ist ein Polizist, wie er im Buche steht, verdorben. Alles klappt und schnappt. Er wird den ›Hauptmann‹ fangen, obgleich er ihm noch Freiheit läßt. Jetzt aber gehe ich auch. Ich muß zum Goldschmied.«
    Er klingelte, bezahlte und verließ das Lokal. Draußen wendete er sich den noch tiefer liegenden und noch ärmeren Gäßchen zu, bis er ein Haus erreichte, welches fast einzubrechen drohte.
    Hinter einem der Parterrefenster sah man allerlei fragliche Schmucksachen ausgelegt, und an der oberen Fensterscheibe klebte ein Papier mit den Worten: »Einkauf von Juwelen, Gold, Silber und Schmucksachen.«
    Er trat in den Flur und dann in das ärmliche Lädchen, welches gar nicht nach Juwelen und Schmucksachen aussah. Bei seinem Gruße erhob sich ein kleines, buckeliges

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