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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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letzte und einzige Freundin meiner Tochter Judithleben.«
    »Wann ging sie fort?«
    »Sie ist gegangen, als die Glocke schlug die zehnte Stunde.«
    »Später war Niemand da?«
    »Kein Mensch.«
    »Jude, Du lügst!«
    »Rebecca, Weib, sage, ob ich lüge!«
    »Herr, er hat die reine Wahrheit gesprochen!« betheuerte sie.
    »Du lügst ebenso, Alte! Du kannst allerdings an die Wand gehängt werden, aber ohne Glas und Rahmen, einfach mit einem Strick an den Nagel und zwar als Göttin der Lüge!«
    Das war dem alten Salomon denn doch zuviel. Er stellte sich in Positur, stemmte die Hände in die Seiten und rief: »Herr! Wissen Sie, daß ich habe das Recht meines Hauses!«
    »Ihr Hausrecht meinen Sie, Verehrtester? Ja!«
    »Und daß ich kann Sie werfen hinaus?«
    »Ja, bitte, versuchen wir es!«
    »Nein, ich werde nicht eher legen meine Hand an Sie, als bis ich Sie habe aufgefordert drei Mal, sofort zu verlassen, meine Wohnung. Gehen Sie dann noch nicht, so werde ich nicht nur legen eine Hand an Sie, sondern alle beide Hände!«
    »Schön! Also beginnen wir!«
    »Verlassen Sie mein Haus!«
    »Das ist einmal!«
    »Verlassen Sie mein Haus augenblicklich!«
    »Zweimal!«
    »Verlassen Sie sofort mein Haus!«
    »Dreimal!«
    »Sie gehen nicht?«
    »Nein.«
    »So werde ich legen meine Hand an Sie und Sie werfen hinaus auf die Straße, wo da ist der Schnee am Tiefsten und das Eis am Kältesten!«
    »Thun Sie es! Ich warte darauf, Werthester!«
    Salomon blickte seine Frau an und sie ihn; beide waren wortlos. Der gute Hehler und Handelsmann war niemals ein Held gewesen. Jetzt fühlte er sogar Furcht.
    »Ich werde Sie verklagen wegen Friedensbruch des Hauses!« drohte er, indem er sich ein fürchterliches Aussehen zu geben versuchte.
    »Und ich werde sagen, daß Sie ein alter Fuchs sind, ein Lügner, wie er im Buche steht! War wirklich nach Fräulein Sarah Rubinenthal Niemand hier bei Euch?«
    »Kein Mensch, sage ich!«
    »Und doch wurde Euch ein Diamant zum Kaufe angeboten!«
    Die Beiden erschraken.
    »Ein Diamant?« fragte der Alte.
    »Ja.«
    »Was weiß ich davon? Weißt Du es, Rebeccaleben?«
    »Kein Wort weiß ich!«
    »Nun gut! Seht einmal her! Da! Und wenn Ihr noch jetzt die Wahrheit verleugnet, arretire ich Euch Beide.«
    Er zeigte ihnen die Polizeimedaille hin.
    »Gott der Gerechte!« rief der Jude. »Ein Polizist! Einer von dem berühmten Corps, welches man nennt die Herren Detectives von der Geheimpolizei!«
    »So ist es! Also heraus mit der Wahrheit! Oder wollt Ihr vielleicht auch jetzt noch leugnen?«
    »Nein, mein hochgeehrter Herr Polizist! Ein Mann des Geschäftes sagt nicht Jedermann, was er weiß; aber die Polizei ist mein Freund; ich liebe sie; ich werde ihr Alles sagen.«
    »Gut! Also es war ein Mann hier mit einem Diamanten?«
    »Ja.«
    »Er bot ihn zum Kaufe an?«
    »Ja.«
    »Hast Du ihn gekauft, Alter?«
    »Wie habe ich können kaufen den Stein? Bin ich doch ein armer Mann, welcher nicht hat hundert Gulden in seinem Hause, um viel weniger so viel, wie wurde verlangt.«
    »Du lügst auch jetzt noch! Du bist wohlhabend und hast Geld genug. Mir aber genügt, daß Du den Stein nicht gekauft hast. Wie viel wurde verlangt?«
    »Hundertzwanzigtausend Gulden.«
    »Und wie viel war er werth?«
    »Weiß ich es? Habe ich jemals gekauft einen Diamanten? Kann ich überhaupt kaufen Edelsteine? Ich weiß, was werth sind ein Paar Schuhe oder Stiefel, welche sind ohne Sohlen und Absätze, aber ich weiß nicht, was werth ist ein Diamant!«
    »Kanntet Ihr den Menschen?«
    »Nein.«
    »Er war noch nicht bei Euch?«
    »Noch nicht in seinem ganzen Leben.«
    »Wohl, so will ich mich mit dieser Antwort begnügen. Wie aber steht es nun mit dem Hinauswerfen?«
    »Herr, das war ein Spaß! Man ist oft aufgelegt, zu machen eine kleine Art Jux von Scherz.«
    »So will ich es also betrachten. Gute Nacht!«
    »Gute Nacht! Schlafen der Herr Geheimpolizist wohl! Rebeccaleben, lasse ihn hinaus und verschließe die Thür, daß nicht etwa noch Einer kommt, Dich zu werfen an die Wand!«
    Jetzt hatte der Fürst in dieser Stadtgegend nichts mehr zu thun. Er kehrte nach Hause zurück. Dort fand er, daß Adolf fleißig gewesen war. Der Inhalt des Juwelenschrankes war umgetauscht worden. Die Dienerschaft erhielt ihre Befehle. Sämmtliche Leute sollten sich in einem nahen Zimmer einschließen. Sie waren bewaffnet, erhielten aber die Weisung, sich gänzlich ruhig zu verhalten und nur dann anzugreifen, wenn der Fürst selbst es befehlen würde. Um zwei Uhr

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