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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zusehends, und zuletzt war es gar nicht, als ob er zwei Gefangene mit sich nehme.«
    »So sind Beide mit einander fort? Ah! Wäre ich zugegen gewesen! Die Sache hätte wohl eine noch andere Wendung genommen. War der hiesige Gensd’arm mit dabei?«
    »Ja.«
    »Das ist mir lieb. Es steht da zu vermuthen, daß er sich jetzt ausruht und zu Hause befindet.«
    »Wollen Sie zu ihm?«
    »Ja, und zwar im Interesse Ihres Sohnes. Ich möchte da nicht gern Zeit verlieren.«
    Er erhob sich und reichte Vater Hauser die Hand. Dieser sagte:
    »Haben Sie herzlichen Dank, Herr Arndt. Ihr Besuch hat mich nun vollends erleichtert. Ich weiß jetzt gewiß, daß Eduard bald wiederkommen wird.«
    »Der Fürst des Elendes wird das Seinige thun.«
    »Ich bin es überzeugt; denn was dieser einmal in die Hand nimmt, das wird beim richtigen Zipfel angefaßt. Wann werden wir Sie wiedersehen?«
    »Vielleicht sehr bald, wenn ich Ihnen eine frohe Kunde bringe. Für heute aber, gute Nacht!«
    Er ging, und der Weber begleitete ihn bis vor die Thüre. Als Arndt dann eine Strecke weit die Gasse hinauf gekommen war, trat er hinter die Ecke eines Hauses, griff in die Tasche und zog die Perrücke und den falschen Bart hervor. In Zeit von kaum zwei Minuten stand er da als die Person, welche am Sonntage beim Pfarrer gewesen war.
    Nun begab er sich nach der Wohnung des Gensd’armen, die er bei Gelegenheit erfahren hatte. Die Fenster derselben waren erleuchtet; es stand also zu vermuthen, daß der Mann zu Hause sei. Das erwies sich als richtig, denn der Gensd’arm öffnete selbst, als Arndt klopfte. Er sah einen ihm fremden Menschen vor sich und fragte: »Was wollen Sie?«
    »Ihre Hilfe,« antwortete Arndt ebenso kurz.
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Zunächst möchte ich Sie bitten, sich einmal mit mir gefälligst zum Herrn Pfarrer zu bemühen.«
    »Warum?«
    »Weil ich auch dieses Herrn bedarf.«
    »Wer sind Sie?«
    »Haben Sie die Güte, das erst beim Pfarrer zu erfahren.«
    »Sapperment, thun Sie geheimnißvoll!«
    »Es ist nur, weil man nicht gern Ein-und Dasselbe zweimal sagt. Was ich Ihnen hier mittheile, muß ich beim Herrn Pfarrer wiederholen.«
    »Gilt es einen Ausgang außerhalb der Stadt?«
    »Ja. Sie können einen warmen Mantel anlegen.«
    »Auch Waffen?«
    »Das wird nicht nothwendig sein.«
    »Ich werde mich doch vorsehen. Besser ist besser! Jetzt bin ich bereit. Kommen Sie!«
    Der Pfarrer saß an seinem Studirtische und las. Er vermuthete nicht, heute noch Besuch zu bekommen, und war daher einigermaßen verwundert, als ihm der Gensd’arm und ein fremder Mann gemeldet wurden.
    Der Gensd’arm trat natürlich zuerst ein. Er hielt seinen Begleiter für irgend einen armen Arbeiter oder Landbewohner.
    »Verzeihung, Herr Pfarrer, daß wir zu dieser späten Stunde noch stören!« sagte er. »Aber dieser Mann hier kam zu mir, und forderte mich auf, mit ihm –«
    Er wurde von einem Rufe des Erstaunens unterbrochen, den der Pfarrer ausstieß. Dieser hatte seinen mildthätigen Besuch vom vorigen Sonntag erkannt.
    »Welche Ueberraschung! Der Fürst des Elendes!«
    Der Gensd’arm öffnete den Mund und blickte abwechselnd auf den Geistlichen und auf den Mann, mit dem er gekommen war.
    »Der Fürst des Elendes?« fragte er.
    »Ja.«
    »Wo denn?«
    »Nun hier, da neben Ihnen!«
    »Dieser da?«
    Dabei deutete er auf seinen Nachbar. Dieser nickte ihm lächelnd zu und sagte:
    »Ja, es ist schon so; ich bin der Fürst des Elendes, und Sie sind also der Mühe entledigt, mich dem Herrn Pfarrer vorzustellen.«
    »Nein, nein; wir kennen uns bereits!« bestätigte der Geistliche. »Bitte, mein hochverehrtester Herr! Darf ich Sie ersuchen, Platz zu nehmen?«
    Als sich die Herren gesetzt hatten, fragte der Pfarrer dann:
    »Ich nehme an, daß Sie kommen, um zu hören, wie ich Ihren Bestimmungen nachgekommen bin?«
    »O nein, Hochwürden! Ich komme heute in einer ganz anderen Angelegenheit. Haben Sie gehört, daß Eduard Hauser eingezogen worden ist?«
    »Ja. Es war mir geradezu unglaublich.«
    »Und auch, daß man Angelika Hofmann arretirt hat?«
    »Leider! Das arme Mädchen hat in der höchsten Aufregung gehandelt. Ich hoffe, man wird sie für momentan unzurechnungsfähig erklären.«
    »Ich bin überzeugt, daß man dies thun wird. Ich belästige Sie heute vorzugsweise Hauser’s wegen.«
    »Meinen Sie, daß ich Etwas für ihn thun kann?«
    »Ganz gewiß. Er ist unschuldig.«
    »Das nun wohl nicht?« fiel der Gensd’arm ein, der bisher geschwiegen hatte und es

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