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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kindesmörderin ganz unschuldig gesessen habe. Sie sei aus der Residenz, die Tochter eines Theaterdieners. Drei Herren seien mit ihr gewesen, unter ihnen Doctor Zander.«
    »Ah! Also eine Fährte.«
    »Ja. Ich fuhr natürlich sofort hierher, um die Tochter des Theaterdieners aufzusuchen.«
    »Kanntest Du ihren Vater?«
    »Nein. Der Kellner hatte ja nicht einmal den Namen gewußt. Aber Theaterdiener giebt es wenige. Ich war also schnell orientirt. Der Mann heißt Werner und hat seine Stelle eingebüßt. Ich ging zu ihm und erfuhr, wer die drei Begleiter seiner Tochter gewesen sind: Doctor Zander, ein Doctor Max Holm und der Fürst von Befour.«
    »Holm? Kenne ich nicht.«
    »Dieser hat die Unschuld der Werner entdeckt und die Leda ist dafür eingesperrt worden.«
    »Ah! Endlich! Daher also weht der Wind! Wartet, ihr Bursche, ich werde Euch das Spiel verderben!«
    »Ich fragte, ob der Theaterdiener wisse, wo Doctor Zander sich jetzt befinde. Er wußte es.«
    »Wo? Wo steckt er?«
    »Er ist zu Werner gekommen, um dessen Frau, welche am Krebse leidet, zu untersuchen. Er hat Hoffnung auf Besserung gegeben und gesagt, wenn sie ihn plötzlich brauchen sollten, so müßten sie in das Befour’sche Palais schicken. Dort wohne er für die nächsten Tage.«
    »Also dort!«
    »Ja. Nun dachte ich: Zander hat die Baronin fortgeschafft; wo er ist, da ist wohl auch sie; er ist im Palais des Fürsten, folglich wohl auch sie. Ich spionirte also und es ist mir glänzend gelungen.«
    »Wann?«
    »Heute abend. Ich steckte im Garten. Ein Fenster war erleuchtet und zwar mit einem so eigenthümlichen Lichte, daß ich sofort an Arznei und Krankenstube dachte. Das Fenster befindet sich über der Veranda. Ich kletterte auf die Letztere hinauf, was sehr leicht ist, und blickte in das Zimmer. Da lag sie im Bette, still und regungslos. Sie schlief.«
    »Wirklich, und Du hast sie nicht verkannt? Ich frage noch einmal, weil diese Angelegenheit wichtig ist.«
    »Ich konnte sie unmöglich verkennen. Ich sah sie so deutlich, als ob ich an ihrem Bette stände.«
    »So muß ich sie auch sehen. Ich gehe hin, nachher, und Du sollst mich begleiten. Sonst noch etwas Neues?«
    »Ja. Salomon Levi ist arretirt.«
    »Unmöglich! Du meinst doch den Juden in der Wasserstraße?«
    »Ja. Es giebt keinen zweiten Salomon Levi.«
    »Weshalb ist er eingesteckt?«
    »Das konnte ich nicht erfahren. Uebrigens ist dem Kerl diese Lection recht gut zu gönnen.«
    »Pst! Er war ein Verbündeter von uns!«
    »Aber ein Schinder! Ich habe wiederholt für ihn gearbeitet, aber nie den vollen Lohn erhalten. Vor einiger Zeit mußte ich ihm ein Medaillon fälschen. Ich verlangte fünf Gulden; er aber gab nur drei.«
    »Fälschen? Ein Medaillon? Wie ist das möglich? Zu welchem Zwecke?«
    »Das weiß ich nicht. Es war eine Kette mit Medaillon. Das Letztere hatte die Form eines Herzens und zeigte eine Freiherrnkrone mit den Buchstaben
R.v.H.
Ich mußte ein ähnliches Herz machen und die angegebenen Buchstaben in
R.u.H.
umändern. Das ist Alles, was ich weiß.«
    »Da steckt nun freilich Etwas dahinter! Nun, jetzt aber wollen wir gehen. Wir trennen uns jetzt, treffen uns aber in einer halben Stunde an der niederen Ecke der Palaststraße. Von da aus suchen wir in den Garten des Fürsten zu gelangen. Wenn sie es wirklich ist, bekommst Du Deine dreihundert Gulden.«
    »Sie ist es. Ich kann zehn Eide ablegen.«
    »Desto besser für Dich.«
    Sie entfernten sich.
    »Sapperment, das ist nicht übel!« flüsterte Adolf.
    »Höchst wichtig!«
    »Wenigstens das von der Baronin.«
    »Das Andere auch. Aber wir müssen uns beeilen. Wir müssen dafür sorgen, daß sie die Baronin nicht sehen. Wir nehmen die erste beste Droschke, um ihnen zuvor zu kommen.«
    »Sie werden durch das Fenster gucken. Wollen wir sie festnehmen lassen?«
    »Das hat keinen Zweck.«
    »So schlage ich vor: Es legt sich eine Andere in das Bett.«
    »Natürlich! Die Köchin mag sich hineinlegen. Besorge Du das. Ich werde den Hauptmann beobachten. Ich verstecke mich in der Veranda.«
    Nach einer halben Stunde traf der Hauptmann mit Simeon zusammen. Sie stiegen über das eiserne Stacket in den Vorgarten und gelangten so hinter den Palast. Alle Fenster der hinteren Front waren dunkel. Nur eines war erleuchtet.
    »Ist es das?« fragte der Hauptmann.
    »Ja. Gerade über der Veranda.«
    »Wollen erst recognosciren, ob Jemand da ist.«
    Sie durchstrichen vorsichtig den Garten, und als sie nichts Besorgniß erregendes bemerkten, stiegen

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