Der verlorne Sohn
Boden heraus, eine männliche Gestalt empor.
»Sapperment!« sagte er in der Ueberraschung.
»Pst, Adolf, keine Unvorsichtigkeit!«
»Ah! Durchlaucht!«
»Ja, ich bin es.«
»Wie kommen Sie hierher?«
»Ich bin jenem Menschen gefolgt bis hier in diese Gegend.«
»Und ich habe hier mit dem Hauptmanne gesprochen.«
»Ich weiß es.«
»Bitte, kommen Sie hier fort. Er könnte sich noch in der Nähe befinden und uns bemerken. Ich werde Ihnen unterwegs erzählen, wovon wir gesprochen haben.«
»Ist nicht nöthig. Bleibe nur! Erstens ist der Hauptmann fort, das weiß ich ganz genau, und zweitens weiß ich bereits, was Ihr gesprochen habt.«
»Wieso?«
»Ich habe fast jedes Wort gehört.«
»Kaum möglich.«
»O doch. Ich lag ganz in Eurer Nähe an der Erde.«
»Ohne bemerkt zu werden?«
»Natürlich. So ein weißes Betttuch ist im Winter doch zu herrlich zu gebrauchen.«
»Sie wissen also, daß es gelungen ist?«
»Ja. Aber ich weiß noch weit mehr. Ich kenne den Versammlungsort der Bande.«
»Das wäre famos! Wo ist er?«
»Nicht weit von hier. Ich bin jenem Kerl nachgeschlichen, eine lange Zeit, bis er hinter eine Ecke bog Ich kam gerade zur rechten Zeit, daß er an der anderen Seite der Mauer sagte: ›auch Einer‹; dann war er fort.«
»Diese beiden Worte bilden also doch die Parole?«
»Allerdings. Komm, ich muß Dir den Ort zeigen.«
Er führte ihn die Straße weiter hinab, bis diese zu Ende ging. Dort gab es eine lange Mauer mit einer Oeffnung, in welcher früher einmal Thorflügel gehangen hatten; jetzt waren diese aber weg. Hinter dieser Mauer erhob sich ein langes, niedriges Gebäude, dessen rußige Mauern schwarz in die weiße Winternacht hineinstarrten.
»Ich bin hier nicht orientirt,« sagte der Fürst. »Bist Du vielleicht besser bekannt?«
»Ja.«
»Was ist das für ein Gebäude?«
»Die frühere Actienmaschinenbrauerei. Die Gesellschaft hat Bankerott gemacht, und das Grundstück hat bis jetzt keinen Käufer gefunden. Nun steht das Gebäude leer, und die Gläubiger haben Alles, was nicht niet-und nagelfest war, fortgeschafft und verwerthet.«
»Da hinein sind sie. Ich habe wohl gegen ein Dutzend hineingehen sehen. Einer kam heraus. Ich hörte ihn zur Schildwache sagen, daß er bald wiederkommen werde. Diese Stimme erkannte ich. Es war der Hauptmann. Ich schlich ihm nach und belauschte Euch. Nun aber wollen wir versuchen, ob wir noch mehr entdecken können.«
»Sie meinen, daß wir in das Gebäude wollen?«
»Ja.«
»Sie können uns sehr leicht bemerken.«
»Wir nehmen uns in Acht.«
»Steht der Posten noch dort am Thore?«
»Jedenfalls. Wir folgen der Mauer bis hinter die Ecke. Vielleicht finden wir da eine Stelle, wo wir sie übersteigen können. Dann wird sich das Uebrige finden.«
Die erwähnte Mauer umschloß ein ziemlich bedeutendes Viereck. Sie war stark und gewiß drei Ellen hoch. Indem die Beiden an ihr hinschritten, kamen sie an eine Stelle, wo sich aus irgend einem Grunde einige Steine losgelöst hatten.
»Hier?« fragte Adolf.
»Ja; es geht.«
Sie kletterten hinüber.
»Was aber nun?« meinte der Polizist. »Wollen wir hier über diese freie Stelle bis hin zum Gebäude, so riskiren wir es, bemerkt zu werden.«
»O nein. Hier ist mein Betttuch. Wir halten es vor uns hin, so wird man uns vom Schnee gar nicht unterscheiden können.«
Das wurde so ausgeführt, und auf diese Weise gelangten sie glücklich an das Gebäude heran. Dieses hatte breite Fensteröffnungen, welche vom Dache an bis fast herab auf den Boden reichten. Die Fensterscheiben fehlten.
»Sogar das Glas ist verkauft worden,« sagte Adolf. »Nun wettert es hinein. Wer soll das Ding kaufen!«
»Hast Du das Innere einmal gesehen?«
»Oft.«
»Aus wie vielen Abtheilungen besteht es?«
»Aus einer einzigen. Es giebt nur die vier Umfassungsmauern, welche ein Rechteck bilden, in welchem früher die Maschinen standen.«
»So mußte man, wenn es Tag wäre und man hier zu diesem Fenster hineinblickte, den ganzen Raum übersehen können?«
»Ja, vollständig.«
»Dann halten die Leute, welche ich eintreten sah, ihre Versammlung im Dunkeln. Hätten sie Licht, so müßten wir es unbedingt sehen.«
»Das ist wahr, aber – halt, Durchlaucht, bemerken Sie dort hinten nicht einen hellen Schein?«
»Fast ist es so!«
»Es ist, als ob er aus der Erde käme.«
»Ich sehe es. Giebt es dort einen Keller?«
»Nein, aber die weite Vertiefung, in welcher sich die Dampfkessel befunden haben!«
»Ah, so
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