Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
daß er auch Mitschuldige besitzt.«
    »Ich habe ihn stets für einen ehrlichen Menschen gehalten.«
    »Sie scherzen!«
    »O nein!«
    »Nun, er war allgemein als ein Mann bekannt, welcher es mit dem Unterschiede zwischen Recht und Unrecht nicht sehr genau zu nehmen pflegte. Ich glaube, gehört zu haben, daß man auch Ihren Namen mit seiner Arretur in Verbindung bringt.«
    »Unmöglich!«
    »O, Derjenige, welcher es mir sagte, war ein Mann, der es genau wissen muß.«
    »Ich habe nichts Unrechtes gethan!«
    »Dann gut für Sie! Es handelt sich um Fälschungen.«
    »Ich weiß von nichts!«
    »Eben diese Kette hier soll gefälscht worden sein!«
    »Von mir jedenfalls nicht!«
    »Das wird die Untersuchung zeigen. Es ist eine ähnliche Kette mit einem ähnlichen Medaillon versehen worden, und die Buchstaben, welche hier stehen, hat man verändert.«
    »Zu welchem Zwecke?«
    »Das ist hier Nebensache. Ich weiß, daß man nach dem Goldarbeiter sucht, welcher das mittlere kleine
v.
in ein
u.
verändert hat. Ich habe Vermuthung, daß Sie es gewesen sind, und da die Angelegenheit mich persönlich angeht und ich doch nicht wünsche, Jemand einer solchen Kleinigkeit wegen unglücklich zu machen, so kam ich zu Ihnen, um mich vorher zu erkundigen, ob meine Vermuthung richtig ist.«
    Jetzt wußte der Jude wirklich nicht, was besser sei: gestehen oder leugnen. Er beschloß, sich ein Hinterpförtchen offen zu halten, und dies konnte geschehen nur durch die Bemerkung: »Ich habe für Salomon Levi so sehr viel gearbeitet, daß ich mich auf das Einzelne nicht mehr besinnen kann.«
    »Aber Ihr Buch!«
    »Habe ich leider nicht hier. Wenn Euer Durchlaucht mir gestatteten, nachzuschlagen und mir dann eine Audienz zu erbitten, könnte ich eine ganz bestimmte Antwort geben.«
    »Nun gut! Kommen Sie punkt ein Uhr zu mir!«
    Als der Fürst sich entfernt hatte, murmelte Jacob Simeon:
    »Verdammt! Hier gerathe ich vielleicht in eine Patsche, die mir Schaden bringen kann. Aber ich kann doch unmöglich bestraft werden, wenn ich einen Auftrag ausführe, in Folge dessen ich eine Arbeit zu liefern habe, welche einer anderen ähnlich ist. Ich weiß ja gar nicht, wozu sie verwendet werden soll! Uebrigens hat diese Angelegenheit auch ihre gute Seite: Ich muß zum Fürsten und finde dabei vielleicht Gelegenheit, mich nach der Baronin zu erkundigen.«
    Der Fürst war an der nächsten Ecke mit dem Diener Anton zusammengetroffen, welcher dort auf ihn gewartet hatte. Sie gingen weiter und trafen ganz zufälliger Weise dann mit Adolf zusammen, welcher seit seiner Entfernung aus dem Bierkeller durch die Straßen geschlendert war.
    »Gut, daß ich Dich treffe,« sagte der Fürst. »Du kannst uns helfen. Drei sind immer besser als Zwei.«
    »Wobei?«
    »Wir wollen den Versammlungsort der Bande untersuchen.«
    »Jetzt? Am hellen Tage?«
    »Ja.«
    »Ist das nicht auffällig?«
    »Gar nicht. Am Abend ist es unmöglich, da wir dann vielleicht von irgend einem Mitgliede beobachtet werden. Am Tage aber kann es gar nicht auffallen. Wo warst Du jetzt?«
    »Beim Hauptmanne.«
    »Dachte es mir. Giebt es etwas Neues?«
    »Die Beiden ließen sich nichts merken; aber ich habe meine Bemerkung über meine Herrin gemacht.«
    »Was hast Du gesagt?«
    »Daß sie baldigst abreist.«
    »Schön! Hast Du eine Zeit angegeben?«
    »Nein. Ich muß mir doch die Möglichkeit offen halten, die Zeit nach unserem Gusto zu wählen.«
    »Natürlich. Ich vermuthe, daß der Hauptmann Dich heute Abend in Versuchung bringen wird.«
    »Die Tänzerin zu bestehlen?«
    »Ja.«
    »So offen wird er es mir wohl nicht antragen. Er sagte vorhin, daß er die Sängerin gern bei ihrer Abreise sehen möchte. Ich soll die Zeit zu erfahren suchen.«
    »So, so! Nun, wir werden ihm die geeignete Stunde schon mittheilen. Jetzt wollen wir uns trennen, damit wir nicht zu Dreien an den Platz kommen. Wir halten uns gar nicht im Freien auf, sondern begeben uns stracks nach dem Innern der Eisengießerei.«
    Sie gingen auseinander. Der Fürst machte einen bedeutenden Umweg. Als er die Eisengießerei erreichte, fand er die beiden Anderen bereits vor.
    Es war vollständig tageshell im Innern des jetzt leeren Etablissements, so daß sie Alles genau sehen konnten.
    »Die Hauptsache ist für uns die Grube, in welcher sich die Kessel befunden haben,« sagte der Fürst. »Steigen wir also einmal hinab.«
    Die Vertiefung war ausgemauert. Um ihren Rand herum lagen ganze und zerbrochene Werkstücke. Auch unten in der Grube gab es

Weitere Kostenlose Bücher