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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mehrere große Sandsteine, welche während der nächtlichen Versammlungen wohl den Zweck hatten, als Sitze zu dienen. Sonst war nichts Besonderes zu bemerken.
    »Man sieht es diesem nüchternen Loche gar nicht an, daß in demselben solche Sachen ausgeheckt werden,« sagte Anton. »Man sollte nur genau wissen, wann die nächste Versammlung stattfindet!«
    »Warum?« fragte der Fürst.
    »So könnte man sich zuvor ein hübsches Plätzchen herrichten, um die Kerls gemüthlich zu belauschen.«
    »Diesen Gedanken habe ich auch gehabt, und eben darum komme ich mit Euch her. Ich bin überzeugt, daß sich die Kerls bereits heute wieder zusammenfinden.«
    »Sapperment!«
    »Ja. Ich halte es sogar für ganz gewiß. Ich habe dem Baron nur drei Tage Zeit gegeben. Während dieser Zeit muß er handeln. Er kann keine Stunde versäumen und wird also die beiden Lichter schon heute Abend brennen lassen.«
    »So gehen wir her!«
    »Das beabsichtige ich. Ich glaube, errathen zu können, über welchen Gegenstand man heute verhandeln wird.«
    »Ich auch.«
    »Nun? Was?«
    »Die Tänzerin ausrauben?«
    »Das noch nicht. Nach Allem, was ich dem Baron gesagt habe, und nach der Art und Weise, wie ich seinen Charakter und seine Absichten kennen gelernt habe, möchte ich darauf schwören, daß es sich heute Abend um einige kleine Mordthaten handeln wird.«
    »Alle Teufel!«
    »Ganz gewiß. Eine dieser Mordthaten wird man wohl gelegentlich eines Einbruches begehen wollen.«
    »So ist es unsere Pflicht, die Augen und Ohren offen zu halten.«
    »Natürlich! Habt ihr eine Ahnung, wer ermordet werden soll?«
    »Ja,« antwortete Adolf.
    »Nun, wer?«
    »Vielleicht die beiden Schmiede.«
    »Hm! An diese habe ich nicht gedacht. Aber, hm, Du könntest doch vielleicht Recht haben.«
    »Die Sache klingt zwar wahnsinnig, da die Schmiede gefangen sind; aber der Riese ist doch auch, trotzdem er sich im Gefängnisse befand, vergiftet worden.«
    »Deine Ansicht ist gar keine üble. Es kommt dem Hauptmann natürlich darauf an, innerhalb der Frist, welche ich ihm gegeben habe, also innerhalb dreier Tage, alle Personen, deren amtliche Aussagen er zu fürchten hat, unschädlich zu machen.«
    »Das kann freilich nur durch Mord geschehen.«
    »In dieser Beziehung sind ihm allerdings die beiden Schmiede sehr im Wege. Er hat sie befreien wollen, damit sie nicht gegen ihn aussagen können; das ist nicht gelungen. Aus dem Gefängnisse der Residenz sind sie noch schwerer zu bringen als aus demjenigen der kleinen Provinzialstadt; zudem ist ihm nur kurze Zeit gegeben; er wird also wohl auf den Gedanken kommen, sie durch Mord unschädlich zu machen.«
    »Wie aber will er das anfangen?«
    »Das müssen wir überlegen. In die Zelle kann er nicht. Er wird also seine Absicht von Außen in’s Werk setzen wollen.«
    »Das Gefängniß muß bewacht werden.«
    »Natürlich. Man muß auch die Beamten instruiren. Er wird auf irgend eine Art und Weise versuchen, die Zellen zu erfahren, in welchen die Beiden stecken.«
    »Vielleicht belauschen wir heute Abend etwas darauf Bezügliches, wenn wir einigermaßen Glück haben.«
    »Ich hoffe es. Also die beiden Schmiede. Gegen wen wird sich seine Absicht wohl noch richten?«
    »Hm! Vielleicht gegen seine Frau?«
    »Jedenfalls. Gegen sie und mich.«
    »Das soll er sich nicht einfallen lassen!«
    »O, es wird ihm bereits eingefallen sein!«
    »Nun, so werden wir ihn bei den Ohren nehmen!«
    »Das versteht sich! Ich vermuthe, daß er einen Einbruch arrangirt, einen Einbruch bei mir, wobei er mich und die Baronin auf die Seite schaffen will. Ich werde Vorkehrungen treffen. Sodann vermuthe ich, daß er auch Robert Bertram, welcher bei mir wohnt, auf die Seite schaffen will.«
    »Warum?«
    »Wegen einer Privatangelegenheit, beziehentlich deren er sich auch in Gefahr befindet. Vielleicht richtet er sein Auge auch auf die Baronesse von Helfenstein.«
    »Seine eigene Cousine! Der Kerl ist ein Satan!«
    »O, er kennt seine Lage. Er hat nur die Wahl zwischen dem Tode seiner Feinde und dem seinigen. Und wie wir ihn kennen, ist es ihm sehr gleichgiltig, ob er sich noch Einiges auf das Gewissen ladet zu Dem, was er bereits auf demselben trägt. Ich hoffe, daß wir heute Abend klarer sehen als jetzt. Wir müssen uns ein Versteck herrichten, in welchem wir Alles sehen und hören können, ohne daß wir selbst uns in Gefahr befinden.«
    »Das läßt sich sehr leicht herrichten,« sagte Anton.
    »In welcher Weise denkst Du?«
    »Nun, diese Kesselgrube ist mit

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