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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu uns. Wir gehen in das hintere Zimmer.«
    Es war allerdings der Agent. Er hatte während der Zeit Erkundigungen eingezogen und da erfahren, daß Robert Bertram ein Dichter sei. Das kam ihm äußerst gelegen, denn das gab einen Punkt, mit welchem er seinen Besuch motiviren konnte.
    Als er in das genannte Zimmer trat, fand er daselbst zwei Personen. Die eine, der Fürst, stand am Fenster und kehrte ihm den Rücken zu, so daß er ihn nicht erkennen konnte; die andere, ein junger Mann, saß schreibend an dem Tische. Der Agent grüßte und verbeugte sich.
    »Was wünschen Sie?« fragte Adolf.
    »Ich bitte, mit Herrn Bertram sprechen zu dürfen!«
    »Der bin ich.«
    »Entschuldigung, daß ich störe! Ich bin Buchhändler – – –« – – –«
    »Schön! Weiter!«
    »Nicht von hier, sondern aus der Provinz.«
    »Das ist mir ebenso lieb wie angenehm!«
    »Ich höre, daß Sie dichten!«
    »Weiter, weiter!«
    »Ich bin ein Freund der edlen Lyrik und möchte Sie fragen, ob Sie nicht einen Band Gedichte haben, den ich Ihnen drucken und verlegen könnte.«
    »Wo wohnen Sie?«
    »In Willenthal.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Hiller.«
    »Hm! Welch eine Ähnlichkeit! Oder sind sie es etwa dennoch selbst?«
    »Wer?«
    »Ich kenne einen Menschen, welcher einer der größten Schufte auf Gottes Erdboden ist. Und diesem Kerl sehen Sie so ähnlich wie ein Wassertropfen dem anderen.«
    »Thut mir leid! Ich kann nicht dafür.«
    »Der Mensch heißt nämlich Bauer und ist Agent!«
    »Bitte, ich heiße Hiller und bin Buchhändler.«
    »Wirklich? Wirklich?«
    Diese Frage sprach jetzt der am Fenster stehende Fürst aus. Er drehte sich um und warf einen langanhaltenden Blick auf den Agenten. Dieser erkannte zu seinem Schreck den Fürsten von Befour, doch nahm er sich zusammen und antwortete:»Ja. Warum sollte ich einen anderen Namen nennen!«
    »Um Herrn Bertram zu betrügen und Ihre Teufelei auszuführen. Was haben Sie einstecken?«
    »Nichts, gar nichts.«
    »Leeren Sie Ihre Taschen!«
    »Mein Gott! Warum?«
    »Hier wird nicht ewig gefragt. Heraus damit!«
    Er faßte den Agenten, welcher vor Schreck gar nicht an Gegenwehr dachte, von hinten bei den Oberarmen und hielt ihn so fest, daß er sich nicht zu regen vermochte. Adolf untersuchte die Taschen und zog einen Revolver und ein Dolchmesser hervor.
    »Warum tragen Sie diese Waffen bei sich?« fragte der Fürst.
    »Ich bin auf der Reise und kassiere Geld ein. Da ist es gut, sich vor Eventualitäten zu sichern.«
    »Papperlapapp! Machen Sie uns nichts weiß. Diesen Revolver und dieses Messer confiscire ich – – –«
    »Mit welchem Rechte!«
    »Schweigen Sie! Eigentlich sollte ich Sie festnehmen lassen, aber Sie sind mir ein zu elender Wurm. Sie rennen schon noch in das Loch, welches für Sie gegraben ist. Sie sind der Agent Bauer! Machen Sie augenblicklich, daß Sie fortkommen, und sagen Sie Ihrem Hauptmann, daß Robert Bertram, den er tödten lassen will, sich in meinem Schutz befinde. Sagen Sie ihm, daß ein Tag der ihm gegebenen Frist abgelaufen sei. Ich halte Wort. Nun aber fort mit Ihnen, fort!«
    Um diesen Worten Nachdruck zu geben, faßte Adolf den Agenten beim Kragen und schob ihn zur Thür hinaus.
    »So, Der weiß, woran er ist!« lachte er. »Aber der Teufel soll mich holen, wenn es nicht auf Herrn Bertram’s Leben abgesehen war!«
    »Ganz gewiß. Zwar wollte er ihn nicht hier tödten, sondern ihn erst sehen. Das Andere hätte sich ganz von selbst gemacht. Blicke dem Kerl einmal nach, ob er sich wirklich entfernt, und hole mir dann die rothe Garnitur, welche ich als Maler Brenner anzulegen pflege!«
    Als halb drei Uhr der brave Schlosser wiederkehrte, wurde er in dasselbe hintere Zimmer geführt und fand dort den rothköpfigen und rothbärtigen Maler, welchen er suchte.
    »Ah, Sie, lieber Freund? Was wollen Sie?« fragte der Fürst mit stotternder Stimme, wie er es stets machte, wenn er sich für den Maler Brenner gelten ließ.
    »Ich wollte fragen, ob Sie heute mit dem Fürsten des Elendes zusammentreffen?«
    »Ja, gewiß.«
    »Bitte, sagen Sie ihm, daß die amerikanische Tänzerin Miß Starton bestohlen werden soll.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe die Schlüssel machen müssen.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Ich habe einen Tag lang als Reisender im Hotel gewohnt und da die Abdrücke genommen.«
    »Gut, ich werde es melden. Wann soll die That vorgenommen werden?«
    »Ich weiß es nicht, es soll noch bestimmt werden.«
    »Vielleicht heute. Sie werden heute

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