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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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andere als Ella von Helfenstein. Es galt nun, ausfindig zu machen, wo dieselbe wohne.
    Der Diener führte ihn hinab in den Flur des Parterres, wo der Umgang begann. Von da begaben sie sich nach der ersten Etage, wo sie wirklich alle Räume betraten, ausgenommen das Zimmer, in welchem sich der Fürst augenblicklich befand. Ebenso war es in der zweiten Etage, wo nur ein einziges Zimmer nicht geöffnet wurde.
    »Wer wohnt da drin?« fragte der Jude.
    »Die Dame, von der ich sprach.«
    »Wer ist sie?«
    »Das ist Geheimniß.«
    Aber gerade als der Diener dies sagte, öffnete sich die Thür.
    »Wer ist da?« fragt eine weibliche Stimme.
    Die Baronin trat heraus und blickte die Beiden an, ganz in Weiß gekleidet.
    »Wollten Sie zu mir?« fragte sie.
    »Nein, gnädige Frau,« antwortete Adolf.
    Sie trat wieder zurück. Der Jude zitterte fast vor Freude. Er war glücklicher gewesen, als er es für möglich gehalten hatte. Er hatte die Baronin sofort erkannt.
    Daß ihr Erscheinen eine abgekartete Sache sei, das fiel ihm gar nicht ein. Er wußte nun, wo sie wohnte, und das war ihm genug.
    Jetzt ging es nach dem Mansardenraum hinauf. Auch dort wurden alle Thüren geöffnet. Einer dieser Räume, lang und schmal wie ein Corridor, war durch zwei starke, eisenbeschlagene Thüren verschlossen. Der Schlüssel hatte auf einem Balken gelegen, welcher sich über der Thür befand.
    »Weshalb diese eisernen Thüren?« fragte der Jude.
    »Auch das ist ein Geheimniß. Aber Sie haben ein so sehr ehrliches Gesicht, und Sie haben mir ein nach Ihren Kräften reichliches Trinkgeld gegeben, und so will ich es Ihnen sagen: Dies ist nämlich die Schatzkammer des Fürsten.«
    Es durchrieselte den Juden wie Feuer und Eis.
    »Schatz – kam – – mer!« sagte er sylbenweise.
    »Ja.«
    »Hier oben!«
    »Wo sonst?«
    »Man pflegt die Reichthümer im Keller oder in feuerfesten Schränken aufzubewahren.«
    »Ja, man pflegt! Aber gerade deshalb macht der Fürst es anders. Die Diebe suchen das Geld und die Pretiosen im Keller oder im Kassaschranke, hier aber gewiß nicht. Kein Mensch weiß Etwas davon; Ihnen aber will ich es sagen. Vor einiger Zeit brach der Hauptmann hier ein, des Nachts, als wir alle schliefen – – –«
    »Herr meiner Seele! Der Hauptmann?«
    »Ja. Er leerte die Kassaschränke. Aber er mag sich dann entsetzlich geärgert haben, denn mein Herr hatte nichts darin, als lauter schlechtes, werthloses und imitirtes Zeug. Dadurch rettete er den wirklichen Schatz.«
    »Wie fein und klug Ihre Durchlaucht ist!«
    »Ja. Nun sehen Sie einmal hier herein! Nicht wahr, Schrank an Schrank, Kiste an Kiste!«
    »Und Alles ist voll?«
    »Alles!«
    »Gott der Gerechte! Was steckt da drin?«
    »Geld in Metall und Papier, goldene und silberne Geschirre und Geschmeide und Ähnliches.«
    »Ah, wer das einmal sehen könnte!«
    »Das ist sehr leicht. Dieser Schlüssel, der die beiden Thüren schließt, schließt auch die Kisten und Schränke.«
    »Und der liegt da oben?«
    »Ja, stets!«
    »Wie unvorsichtig!«
    »Warum?«
    »Da finden die Diebe Alles beisammen!«
    »O, das ist wieder ein Beweis von der Klugheit des Fürsten. Kein Dieb wird den Schlüssel so nahe beim Schlosse suchen; das ist gewiß.«
    »Wollen Sie nicht einmal eine der Kisten öffnen?«
    »Gern thäte ich es, aber meine Zeit ist abgelaufen, und für Ihren Gulden haben Sie genug gesehen.«
    »Und Ihr Ring? Wollen Sie ihn wirklich behalten?«
    »Ja. Ich verkaufe ihn nun nicht.«
    Der Jude machte noch einen leisen Versuch, den Handel zu ermöglichen, wurde aber nun fast grob zurückgewiesen. Doch war er, als er sich entfernte, mehr als zufrieden mit dem Erfolge seines Besuches in diesem Hause.
    Mittlerweile war es fast zwei Uhr geworden, und der Fürst begab sich mit Adolf, welcher vorher seine Livree ab-und Civil wieder anlegen mußte, nach der Wohnung seiner Eltern.
    »Er war doch noch nicht da?« fragte er seinen Vater.
    »Nein, aber ein Anderer.«
    »Wer?«
    »Er nannte keinen Namen, aber er war bereits schon oft hier. Er sagte, daß er Schlosser sei.«
    »Ach, dieser! Nach wem fragte er?«
    »Nach dem Kunstmaler Brenner.«
    »Ganz recht. Er will zu mir. Hat er einen Ort genannt?«
    »Nein. Ich sagte ihm, daß er halb drei Uhr wiederkommen solle; vielleicht könne ich ihm da Auskunft ertheilen.«
    »Das ist sehr gut. Wenn dieser Mann kommt, hat er mir stets etwas Wichtiges zu sagen. Horch, es klingelt!«
    »Wenn es der Buchhändler ist, wohin führe ich ihn?«
    »Nicht zu Bertram, sondern

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