Der verlorne Sohn
heute?«
»Ja.«
»Sind Sie denn bei Kasse?«
»Gewiß!«
»Die wird man Ihnen nehmen.«
»Die bekommt man nicht. Ich verstecke sie heute.«
»Doch nicht in Ihrem Palais?«
»Fällt mir nicht ein! Uebrigens werden wir, sobald Sie mich herausgeangelt haben, einen Streich ausführen, der uns Millionen einbringt.«
»Donnerwetter!«
»Es handelt sich um Juwelen.«
»Da mache ich mit. Hier in der Residenz?«
»Ja.«
»Bei einem Juwelier?«
»Nein. Bei einer Dame, welche vorübergehend in einem hiesigen Hotel wohnt.«
»Dann ist’s ja kinderleicht!«
»Freilich! Die Schlüssel habe ich bereits.«
»Da möchte man vor Freude gleich ›Hurra‹ rufen! Doch, damit wir die Hauptsache nicht vergessen: Glauben Sie, daß man, wenn man Sie arretirt, Sie in ein hiesiges Gefängniß steckt?«
»Ganz gewiß! Wohin sonst?«
»Aber in welche Zelle?«
»Das ist die Schwierigkeit. Ich müßte Ihnen ein Zeichen geben!«
»Das geht schwer an.«
»O nein. Wenn wir ein bestimmtes Zeichen besprechen und eine genaue Zeit, so ist’s sehr leicht.«
»Wie zum Beispiel?«
»Wenn es Mittags zwölf Uhr vom Dome den letzten Schlag thut, halte ich die beiden Hände an das Gitter.«
»Wie nun, wenn man Sie fesselt?«
»Man wird doch nicht!«
»Oder Sie in ein Gefängniß steckt, über dessen Fenster ein sogenannter Kasten ist.«
»So wäre mein Zeichen freilich nicht zu sehen.«
»Auch darf ich mich am Tage nicht auf die Straße wagen.«
»Das ist dumm! Vielleicht aber finden Sie einen Helfer?«
»Das ist möglich.«
»Ihr Falschmünzer vielleicht?«
»Ich werde sehen.«
»Auf alle Fälle aber sehen Sie sich vor! Wenn Sie einmal an die Arbeit gehen, muß sie auch gelingen, sonst ist dann Alles verloren.«
»Ich werde möglichst vorsichtig sein. Bin ich aber einmal drinnen im Gefängnisse, so gehe ich auch nicht ohne Sie fort, und sollte ich Krethi und Plethi umbringen.«
»Nicht zu toll, Bormann. Ist’s hier in der Hauptstadt zu schwer, so geht es anderswo.«
»Kommen Sie auch an andere Orte?«
»Ganz gewiß. Natürlich immer den Fall angenommen, daß man mich wirklich arretirt. Der Gang der Untersuchung erfordert es, daß man mich an verschiedene Orte transportirt, zum Beispiel nach Tannenstein und Brückenau. Wenn Sie das erfahren könnten!«
»Ich werde sehen. Lieber aber wollen wir hoffen, daß dies Alles nicht nöthig ist.«
»Besser wäre es! Also wir sind einig?«
»Ja. Aber hundert Gulden heute.«
»Das versteht sich. Ich habe sie zwar nicht mit; aber ich werde sie holen.«
»Und hierher bringen?«
»Nein. Sie gehen mit. Haben Sie noch eine Frage?«
»Nein. Die Sache liegt ja so, daß wir jetzt noch gar nichts bestimmen können. Wie nun aber, wenn Ihr Trumpf, den Sie ausspielen, zum Gelingen kommt? Haben Sie in diesem Falle auch Arbeit für mich?«
»Erst recht; erst recht!«
»Dann gut; so sind wir einig. Sind Sie des Apothekers sicher?«
»Ich traue ihm nicht mehr recht; aber er hat ja nichts gehört.«
»Er weiß aber, daß ich da bin. Wenn er es verräth, wird man an allen Enden nach mir suchen.«
»Aber Sie doch nicht finden. Dieser Rentier Wunderlich wird Sie doch nicht verrathen!«
»Das soll er sehr bleiben lassen! Er selbst würde mit verloren sein.«
»So kommen Sie jetzt!«
Sie verließen den Keller. Droben an der Hausthür stand der Apotheker, welcher gewissenhaft Wache gehalten hatte. Der Hauptmann gab ihm ein Geldstück, und dann traten die Beiden auf die Straße, wo das Wetter jetzt fast noch ärger tobte als vorher.
»Halten wir uns auf verschiedenen Seiten!« sagte der Baron.
»Wohin gehen wir?«
»Altmarkt!«
Mehr konnten sie nicht miteinander sprechen. Sie hatten mit allen Kräften gegen den Sturm anzukämpfen und erreichten den Altmarkt, ohne einem Menschen begegnet zu sein.
»Stecken Sie sich dort hinter die Bäume!« rieth der Baron dem riesigen Verbündeten.
Dieser gehorchte. Er sah den Baron in den strömenden Regen verschwinden. Nach einiger Zeit kehrte derselbe zu ihm an den Brunnen zurück.
»Hier sind die hundert Gulden,« sagte er, ihm ein volles Portemonnaie in die Hand drückend. »Und hier ist der Hauptschlüssel. Er schließt Alles, nur die Thüren der einzelnen Zellen nicht.«
»Das ist auch nicht nöthig. Bin ich einmal darin, so ist der Zellenschlüssel schon zu bekommen.«
»So sind wir also jetzt fertig.«
»Nicht ganz. Wenn nichts passirt, wie treffe ich Sie da?«
»Es wird besser sein, ich suche Sie auf.«
»Bei Wunderlich?«
»Ja.
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