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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Machen wir ein Zeichen aus.«
    »Das ist nicht nothwendig. Sagen Sie ihm meinen Namen, so wird er Sie zu mir lassen.«
    »Gut. Ein Anderer wird doch nicht erfahren, wo Sie stecken?«
    »Nein. Gute Nacht!«
    »Gute Nacht!«
    Bormann schlug die Richtung nach dem Neumarkte ein, suchte aber, ehe er diesen erreichte, ein kleines Seitengäßchen auf. Die eine Seite desselben wurde von Häusern, die andere aber von einer Mauer gebildet.
    Diese Letztere war bald hoch, bald niedriger. An einer Stelle, welche ihm bekannt zu sein schien, stieg er über und befand sich nun in einem kleinen Gärtchen, welches zu dem Hause Neumarkt Zwölf gehörte.
    Er trat aus dem Garten in den Hof und musterte die Reihe der dort erleuchteten Fenster. Dann hob er einige Sandkörnchen auf und warf sie an eines derselben. Der rasende Sturm übertönte das Klingen des Sandes an dem Glase. Bormann mußte das Experiment wiederholen.
    Endlich öffnete sich oben ein Fensterflügel, und der Kopf eines Mannes erschien. Der unten Stehende schlug die Hände dreimal in eigenthümlicher Weise zusammen, und sofort zog sich der Kopf zurück.
    Bereits nach kurzer Zeit wurde die Hinterthür geöffnet, und es kam Jemand in den Hof, ergriff ihn bei der Hand und zog ihn nach einem Schuppen, in welchem Holz und Kohlen aufgespeichert lagen.
    »Bormann, Du bist’s?« fragte der Mann.
    »Ja. Wer sonst? Hast Du noch Andere mit demselben Zeichen?«
    »Nein. Aber Mann, Du wagst viel!«
    »Nicht so viel, wie Du denkst.«
    »Was willst Du in der Residenz?«
    »Geld.«
    »Ah! Von wem?«
    »Keine Sorge! Von Dir nicht!«
    »Ich hätte auch keins.«
    »Aber etwas Anderes hast Du, was ich nothwendig brauche.«
    »Was?«
    »Logis.«
    »Bist Du des Teufels?« fragte Wunderlich erschrocken.
    »Des Teufels nicht; aber müde und hungrig bin ich.«
    »Ich habe keinen Platz für Dich!«
    »In Deiner ganzen Etage nicht?«
    »Nein.«
    »Hast Du etwa Einquartierung?«
    »Das nicht; aber Du kennst Deine Lage.«
    »Die kenne ich. Sie ist sehr unangenehm. Ich bin naß bis auf die Haut. Deine Gaststube würde mir sehr gut thun!«
    »Daran denke ja nicht!«
    »O, ich denke eben an weiter nichts als nur daran!«
    »So schlage es Dir getrost aus dem Sinne!«
    »Das kannst Du mir nicht zumuthen!«
    »Und Du kannst mir nicht zumuthen, daß ich mich Deinetwegen in so große Gefahr begebe.«
    »Diese Gefahr ist sehr gering. Wer sieht mich bei Dir?«
    »Jeder, welcher kommt!«
    »So laß’ mich nicht sehen.«
    »Kann ich Dich denn verleugnen?«
    »Ja doch!«
    »Vor meiner Frau?«
    »Wir machen eine Ausrede!«
    »Vor dem Dienstmädchen?«
    »Sie wird an dieselbe Ausrede glauben.«
    »Es geht nicht; es geht nicht! Ich kann es nicht wagen!«
    »Du wagst mehr, wenn Du mich fortjagst!«
    »Wieso?«
    »Nimmst Du mich nicht auf, so habe ich Niemanden und kann leicht ergriffen werden!«
    »Geh’ zu Deiner Schwägerin!«
    »Zu der? Zu dieser Duckmäuserin? Die würde mich sofort bei der Polizei melden! Nein, ich bleibe bei Dir!«
    »Zum Sapperment! Nimm Verstand an! Ich kann Dich nicht gebrauchen, ganz und gar nicht!«
    »Ich Dich desto besser.«
    »Das geht mich nichts an.«
    »Also, Du willst nicht, Wunderlich?«
    »Nein.«
    »Trotzdem wir so gute Freunde waren?«
    »Das ist vorüber! Wir dürfen uns nicht kennen.«
    »Höre, Schatz, das Letztere ist überflüssig, denn wie mir scheint, kennen wir uns überhaupt noch nicht.«
    »Wieso?«
    »Wenigstens kennst Du mich noch nicht.«
    »O, sehr gut!«
    »Nein, sonst würdest Du mich nicht fortjagen!«
    »Es ist die Pflicht der Selbsterhaltung.«
    »Ich handle nach derselben Pflicht und bleibe hier!«
    »Was fällt Dir ein?«
    »Ja. Ich komme hinauf und klingele bei Dir. Das Uebrige wird sich finden.«
    »Mensch, das wirst Du unterlassen! Was soll meine Frau dazu sagen?«
    »Sie wird mir sehr recht geben, wenn ich ihr sage, in welcher Weise Du mir verpflichtet bist.«
    »Donnerwetter! Das wolltest Du?«
    »Du zwingst mich dazu.«
    »Nimm Verstand an!«
    »Ich habe welchen, Du aber hast keinen. Ich sage Dir, daß ich bei Dir bleibe, mag ich Dir willkommen sein oder nicht!«
    »Du bist wirklich des Teufels!«
    »Nein. Ich fordere von Dir, was ich an Deiner Stelle ganz ohne alles Bedenken gewähren würde.«
    »Wie lange willst Du bleiben?«
    »Höchstens drei Tage.«
    »Wie steht es mit Deinem Äußeren; es ist hier dunkel, ich kann nichts sehen.«
    »Ich bin zerlumpt.«
    »Und soll ich Dich zu meiner Frau bringen?«
    »Nein. Ich gebe Dir Geld, und Du holst, was

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