Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ich brauche. Du kennst meine Figur. Ich bleibe indessen hier.«
    »Verdammte Geschichte!«
    »O nein! Es ist der reine Freundschaftsdienst!«
    »Was suchst Du denn eigentlich in der Residenz?«
    »Das ist mein Geheimniß. Ich fordere von Dir nur Dreierlei, was sehr, sehr leicht ist.«
    »Was wäre das?«
    »Erstens Unterkunft. Ich falle Dir gar nicht schwer. Ich komme nicht zur Gaststube hinaus.«
    »Das würde meiner Frau auffallen.«
    »Nein. Ich bin unwohl!«
    »Zweitens?«
    »Zweitens sagst Du es mir, wenn irgend ein vornehmer Herr arretirt werden sollte.«
    »Wer ist das?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Geheimnißkrämerei! Und drittens?«
    »Drittens wird ein Herr kommen und Dich nach Bormann fragen; den läßt Du zu mir.«
    »Sapperment! Welche Unvorsichtigkeit! Man weiß also bereits, daß Du bei mir bist?«
    »Nur Einer weiß es, und Den hast Du nicht zu fürchten. Unter Umständen verlasse ich Dich bereits morgen wieder.«
    »Geht es wirklich nicht anders?«
    »Nein.«
    »So will ich Dich wenigstens einstweilen hier einschließen, damit Du nicht ertappt wirst. Welche Sachen brauchst Du?«
    »Ueberzieher, Hut, Hose und Stiefel. Das Andere kann ich von Dir bekommen.«
    »So muß ich in den sauren Apfel beißen. Ich werde Dich meiner Frau als alten Bekannten vorstellen, den ich ganz zufälliger Weise getroffen habe.«
    »Gut! Einen anderen Namen will ich mir indessen aussinnen; mache jetzt, daß Du fortkommst! Ich sehne mich nach einem ordentlichen Bette.«
    Wunderlich schloß ihn ein und ging. Am liebsten hätte er den früheren Complicen umgebracht.
    Nach einiger Zeit – es fehlte vielleicht noch eine Stunde an Mitternacht, drängten sich zwei Männer dem Sturme entgegen, in der Richtung, in welcher die verlassene Eisengießerei lag. Es waren natürlich der Fürst und sein Diener Anton.
    Auf der Wanderung durch den ganzen Stadttheil begegnete ihnen kein Mensch. Sie erreichten ihr Ziel, ohne von einem Auge bemerkt zu werden.
    Im Innern des Gebäudes angekommen, zogen sie zwei brennende Blendlaternen aus ihren Taschen und untersuchten ihre Umgebung. Sie überzeugten sich zu ihrer Befriedigung, daß sich noch kein Mensch hier befand.
    »Steigen wir hinab!« meinte der Fürst.
    Sie begaben sich in die Vertiefung, in welcher die Dampfkessel gestanden hatten. Hier konnten sie ihre Laternen ungenirt anbrennen, ohne befürchten zu müssen, draußen auf der Straße gesehen zu werden.
    »Nun bin ich neugierig auf das Versteck,« meinte der Fürst.
    »Bitte, es zu suchen!« lächelte Anton.
    Der Fürst leuchtete umher und sagte befriedigt:
    »Das ist sehr gut! Nicht die geringste Spur davon, daß heute hier gearbeitet worden ist!«
    »Und doch haben wir höllisch zugreifen und uns ganz außerordentlich sputen müssen, um noch zu guter Zeit fertig zu werden. Ich bin neugierig, ob Sie den Ort finden werden.«
    Der Fürst leuchtete aufmerksam an der Mauer hin und sagte dann:
    »Hier! Nicht wahr?«
    »Warum hier?«
    »Hier ist scheinbar der Mörtel zwischen den Steinen herausgebröckelt; das sind die Stellen, durch welche wir sehen und hören werden, wie ich vermuthe.«
    »Errathen! Bitte, Durchlaucht! Sehen Sie?«
    Er drückte einige Ziegelsteine nach innen. Es entstand eine Oeffnung, groß genug, daß ein Mann hindurch kriechen konnte.
    Der Diener kroch hinein, und der Fürst folgte.
    Anton brachte die Ziegel wieder in die vorige Lage. Fürst und Diener waren jetzt lebendig eingemauert.
    »Hier liegen zwei Quadersteine, welche wir als Sessel benutzen können,« sagte Anton. »Kein Mensch wird uns bemerken oder auch nur unsere Gegenwart ahnen.«
    »Ja, das habt Ihr sehr gut gemacht. Es soll an einer Gratification nicht fehlen.«
    »Darauf haben sich die arbeitenden Collegen auch fest verlassen,« lachte der Polizist. »Lassen wir die Laternen brennen?«
    »Es ist besser, wir löschen aus. Das Licht würde uns blenden, sodaß wir durch die Spalten nicht gut bemerken, was draußen vorgeht. Anbrennen können wir sofort wieder.«
    Sie bliesen die Laternen aus und harrten nun in großer Spannung, was geschehen werde.
    Kurze Zeit vorher war Adolf in die Kellerrestauration gegangen. Er fand den Agenten anwesend, an dessen Fenster, wie er sich vorher überzeugt hatte, bereits seit längerer Weile zwei Kerzen brannten.
    Er setzte sich zu ihm, doch brachte das Gespräch, welches sie mit einander führten, keinen interessanten Gegenstand zur Verhandlung. Ungefähr eine halbe Stunde vor Mitternacht entfernte sich der Agent, und eine

Weitere Kostenlose Bücher