Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
und sagte: »Mr. Burdick, bitte halten Sie die Tür verschlossen.« Mr. Burdick war der uniformierte Gerichtsdiener, der an der Tür stand. Die Zuschauerbänke waren vollkommen leer. Es war eine sehr private Verhandlung.
    Ein Gerichtsschreiber begann, alles Gesagte mitzuschreiben.

    »Meine Gehilfin hat mir gesagt, dass alle Parteien und ihre Anwälte anwesend sind«, sagte DeOrio und sah mich an, als wäre ich irgendein Vergewaltiger. »Der Zweck dieser Verhandlung ist die Beilegung des Falles. Nachdem ich gestern ausführlich Gelegenheit hatte, mit den beteiligten Anwälten zu sprechen, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass eine Verhandlung wie diese zu diesem Zeitpunkt möglicherweise hilfreich sein könnte. Ich habe noch nie so kurz nach der Klageeinreichung eine Vergleichsverhandlung geführt, aber da alle Parteien einverstanden waren, ist die Zeit vielleicht nicht verschwendet. Der erste Punkt betrifft die Vertraulichkeit. Nichts von dem, was hier gesagt wird, darf, auf welche Weise auch immer, an die Presse weitergeleitet werden. Habe ich mich klar ausgedrückt?« Er sah Mordecai und dann mich an. Die Köpfe der Männer am Tisch der Verteidigung wandten sich ebenfalls uns zu. Ich wäre am liebsten aufgestanden und hätte sie daran erinnert, dass sie damit angefangen hatten, Informationen an die Presse durchsickern zu lassen. Wir hatten zwar die schwersten Schläge gelandet, aber sie waren es, die den ersten geführt hatten.
    Die Gehilfin reichte uns eine kurze Erklärung, in der wir uns verpflichteten, Stillschweigen zu bewahren. Es war ein Vordruck, in den nur unsere Namen eingesetzt waren. Ich unterschrieb und reichte sie ihr zurück.
    Ein Anwalt, der unter Druck steht, kann keine zwei Absätze lesen und eine schnelle Entscheidung treffen. »Gibt es da ein Problem?« fragte DeOrio die Vertreter von Drake & Sweeney. Sie suchten nach Schlupflöchern. Das hatte man uns beigebracht.
    Sie unterschrieben, und die Gehilfin sammelte die Vordrucke ein.
    »Wir werden die Verhandlungspunkte nacheinander durchgehen«, sagte der Richter.
    »Zunächst also die Zusammenfassung der Fakten und der Haftungstheorie. Da Sie, Mr. Green, die Klage eingereicht haben, dürfen Sie beginnen. Sie haben fünf Minuten.«
    Mordecai erhob sich. Er sprach frei, mit den Händen in den Taschen, und wirkte ganz entspannt. In zwei Minuten hatte er den Fall in klaren, knappen Worten geschildert und setzte sich. Richter DeOrio schätzte Leute, die sich kurz fassten.
    Für die Beklagten sprach Arthur. Er erkannte die Fakten an, bestritt aber irgendeine Haftung seitens der Beklagten. Die größte Schuld hatte nach seinen Worten der »unverhoffte« Schneesturm, der über die Stadt hereingebrochen sei und allen Einwohnern das Leben schwer gemacht habe.
    Er stellte auch Lontae Burtons Handlungen in Frage.
    »Es gab doch Orte, an denen sie Zuflucht hätte suchen können«, sagte er. »Die Notunterkünfte waren geöffnet. Die Nacht zuvor hatte sie mit vielen anderen Menschen im Keller einer Kirche verbracht. Warum ist sie nicht wieder dorthin gegangen? Ich weiß es nicht. Es hat sie, soweit wir wissen, niemand dazu gezwungen. Ihre Großmutter hat eine Wohnung in Northeast. War Mrs. Burton nicht wenigstens teilweise für diese Tragödie verantwortlich? Hätte sie nicht mehr tun können, um ihre kleine Familie zu beschützen?«
    Es war Arthurs einzige Gelegenheit, der toten Mutter eine Schuld zuzuschieben.
    In etwa einem Jahr würden Leute auf der Geschworenenbank sitzen, die anders aussahen als ich, und vor diesem Publikum würden Arthur und jeder andere Anwalt, der Herr seiner Sinne war, sich hüten, auch nur anzudeuten, Lontae Burton sei zumindest teilweise für den Tod ihrer Kinder verantwortlich.
    »Warum musste sie überhaupt auf der Straße übernachten?« fragte DeOrio scharf, und ich lächelte beinahe.
    Arthur ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Im Interesse eines Vergleichs sind wir bereit einzuräumen, dass die Zwangsräumung gesetzwidrig war, Euer Ehren.«
    »Danke.«
    »Nichts zu danken. Wir möchten nur betonen, dass unseres Erachtens ein Teil der Verantwortung bei der Mutter liegt.«

    »Ein wie großer Teil?«
    »Fünfzig Prozent.«
    »Das ist zuviel.«
    »Das glauben wir nicht, Euer Ehren. Mag sein, dass sie durch unsere Schuld auf der Straße gelandet ist, aber dort war sie bereits eine Woche, bevor sich die Tragödie ereignete.«
    »Mr. Green.«
    Mordecai erhob sich und schüttelte den Kopf, als wäre Arthur ein Erstsemester,

Weitere Kostenlose Bücher