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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Zwischendeck war wohl sehr arg, ja wer kann das wissen wer da mit geführt wird. Ein- mal ist z. B. auch der Erstgeborene des obersten ungari- schen Magnaten, der Name und der Grund der Reise ist mir schon entfallen, in unserem Zwischendeck gefahren. Ich habe es erst viel später erfahren. Nun wir tun alles mögliche, den Leuten im Zwischendeck die Fahrt mög- lichst zu erleichtern, viel mehr z. B. als die amerikani- schen Linien, aber eine solche Fahrt zu einem Vergnügen zu machen, ist uns allerdings noch immer nicht ge- lungen." „Es hat mir nicht geschadet", sagte Karl.
    „Es hat ihm nicht geschadet!" wiederholte laut la- chend der Senator.
    „Nur meinen Koffer fürchte ich verloren zu – ". Und damit erinnerte er sich an alles, was geschehen war und was noch zu tun übrig blieb, sah sich um und erblickte alle Anwesenden stumm vor Achtung und Staunen auf ihren frühern Plätzen, die Augen auf ihn gerichtet. Nur den Hafenbeamten sah man, soweit ihre strengen selbst- zufriedenen Gesichter einen Einblick gestatteten, das Bedauern an, zu so ungelegener Zeit gekommen zu sein und die Taschenuhr die sie jetzt vor sich liegen hatten, war ihnen wahrscheinlich wichtiger als alles was im Zimmer vorgieng und vielleicht noch geschehen konnte. Der erste welcher nach dem Kapitän seine Anteilnah- me aussprach, war merkwürdigerweise der Heizer. „Ich gratuliere Ihnen herzlich", sagte er und schüttelte Karl die Hand, womit er auch etwas wie Anerkennung aus- drücken wollte. Als er sich dann mit der gleichen An- sprache auch an den Senator wenden wollte, trat dieser jedoch zurück, als überschreite der Heizer damit seine Rechte; der Heizer ließ auch sofort ab.
    Die übrigen aber sahen jetzt ein, was zu tun war und bildeten gleich um Karl und den Senator einen Wirr- warr. So geschah es, daß Karl sogar eine Gratulation Schubals erhielt, annahm und für sie dankte. Als letzte traten in der wieder entstandenen Ruhe die Hafenbeam- ten hinzu und sagten zwei englische Worte, was einen lächerlichen Eindruck machte.
    Der Senator war ganz in der Laune, um das Vergnügen vollständig auszukosten, nebensächlichere Momente sich und den andern in Erinnerung zu bringen, was natürlich von allen nicht nur geduldet, sondern mit Interesse hinge- nommen wurde. So machte er darauf aufmerksam, daß er sich die in dem Brief der Köchin erwähnten hervorste- chendsten Erkennungszeichen Karls in sein Notizbuch zu möglicherweise notwendigem augenblicklichen Ge- brauch eingetragen hatte. Nun hatte er während des uner- träglichen Geschwätzes des Heizers zu keinem andern Zweck, als um sich abzulenken, das Notizbuch herausge- zogen und die natürlich nicht gerade detektivisch richti- gen Beobachtungen der Köchin mit Karls Aussehn zum Spiel in Verbindung zu bringen gesucht. „Und so findet man seinen Neffen", schloß er in einem Tone, als wolle er noch einmal Gratulationen bekommen.
    „Was wird jetzt dem Heizer geschehn?" fragte Karl, vorbei an der letzten Erzählung des Onkels. Er glaubte in seiner neuen Stellung, alles was er dachte auch aus- sprechen zu können.
    „Dem Heizer wird geschehn, was er verdient", sagte der Senator, „und was der Herr Kapitän erachtet. Ich glaube wir haben von dem Heizer genug und übergenug, wozu mir jeder der anwesenden Herren sicher zustim- men wird."
    „Darauf kommt es doch nicht an, bei einer Sache der Gerechtigkeit", sagte Karl. Er stand zwischen dem On- kel und dem Kapitän und glaubte vielleicht durch diese Stellung beeinflußt die Entscheidung in der Hand zu haben.
       Und trotzdem schien der Heizer nichts mehr für sich zu hoffen. Die Hände hielt er halb in den Hosengürtel, der durch seine aufgeregten Bewegungen mit Streifen eines gemusterten Hemdes zum Vorschein gekommen war. Das kümmerte ihn nicht im geringsten, er hatte sein ganzes Leid geklagt, nun sollte man auch noch die paar Fetzen sehn, die er am Leibe trug und dann sollte man ihn forttragen. Er dachte sich aus, der Diener und Schubal als die zwei hier im Range tiefsten sollten ihm diese letzte Güte erweisen. Schubal würde dann Ruhe haben und nicht mehr in Verzweiflung kommen, wie sich der Oberkassier ausgedrückt hatte. Der Kapitän würde lau- ter Rumänen anstellen können, es würde überall rumä- nisch gesprochen werden und vielleicht würde dann wirklich alles besser gehn. Kein Heizer würde mehr in der Hauptkassa schwätzen, nur sein letztes Geschwätz würde man in ziemlich freundlicher Erinnerung behal- ten, da es, wie

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